Martin-Sebastian Abel: „Mit Maastricht und der Rhein-Maas-Region bewirbt sich eine Region, die drei Staaten, fünf Kulturkreise und vier Sprachen um-fasst, eine Region, die seit vielen Jahren zusammengewachsen ist.“

Gemeinsamer Antrag zur Kulturhauptstadt Europas 2018

Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Maastricht bewirbt sich zusammen mit der Region Maas-Rhein als Kulturhauptstadt Europas 2018. Ich freue mich, dass alle Fraktionen, dass wir als Landtag unsere Unterstützung signalisieren. Ich will Ihnen auch sagen, warum.
Die Bewerbung spricht genau das an, was uns bewegt und beschäftigt: die Zukunft Europas. Es bewirbt sich eine Region, die drei Staaten, fünf Kulturkreise und vier Sprachen umfasst, eine Region, die seit vielen Jahren zusammengewachsen ist. Die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen sind vielfältig und lebendig. Täglich überqueren Menschen Grenzen, die sie nicht mehr als Grenzen wahrnehmen. Selbstverständlich lebt und arbeitet man zusammen. Das ist vielleicht ein kleines Stück europäische Identität, die man hier erleben und entdecken kann.
(Beifall von den GRÜNEN und Josef Hovenjürgen [CDU])
„Europa wiederentdecken“ – das ist auch der Titel der Bewerbung Maastrichts. Das ist das, was die Kolleginnen und Kollegen vom Kulturausschuss und auch mich begeistert hat, als wir Anfang des Jahres Maastricht besuchten und uns die Bewerbung vorstellen ließen. Die Region will mit ihrem Programm Europa wiederentdecken – mit der Kraft der Kultur. Sie möchte das leider fast vergessene Kulturkapitel des Maastrichter Vertrags von 1992 wiederbeleben.
Die Bewerbung stellt vor allem die Partizipation junger Menschen ins Zentrum, der „Génération Maastricht“, also die der in den 90er-Jahren geborenen jungen Menschen. Es gab bereits eine Vielzahl von Aktionen und tollen Projekten. Bei der erfolgreichen Bewerbung sollen die Teil des Programms werden. Auch das ist ein Beleg dafür, dass es hier nicht um ein Event geht, das sich nur auf 2018 beschränkt, sondern dass Maastricht einen Prozess gehen möchte, der bereits begonnen hat.
„Europa wiederentdecken“ – das bedeutet, nach den Grundlagen Europas zu suchen. Was verbindet uns?
Eine jüngst veröffentlichte Online-Umfrage des Goethe-Instituts in 24 Sprachen und 30 Ländern mit mehr als 30.000 Teilnehmerinnen kam zu einem, wie ich finde, überraschenden Ergebnis. Auf die Frage, was Europa zusammenhält, antwortete eine Mehrheit nicht etwa mit die Wirtschaft oder der Euro, sondern mit: die Kultur.
Offensichtlich hat Europa jenseits aller nationalen Unterschiede für viele Menschen ein Existenzrecht aufgrund einer gemeinsamen kulturellen Basis. Die Kultur verbindet Menschen, führt uns im Alltag zusammen, sorgt dafür, dass sich Geschichten zwischen uns entwickeln, dass sich neue Auffassungen herausbilden und dass Raum für Kreativität und kritisches Denken entsteht. Das verbindet uns!
Die wachsende Distanz zwischen dem Europa der Institutionen und den europäischen Bürgerinnen kann Kultur natürlich nicht alleine überbrücken. Das ist aber auch nicht die primäre Aufgabe von Kunst und Kultur. Aber Maastricht will mit seinem Programm versuchen, mit der Kultur eine Brücke zwischen den Bürgern zu bauchen.
Der Austausch zwischen Niederländern, Belgiern und Deutschen, zwischen den Flamen, Wallonen, Limburgern und der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien, zwischen französisch-, niederländisch- und deutschsprachigen Belgiern, der niederländischsprachigen Bevölkerung Maastrichts, der deutschsprachigen Bevölkerung Aachens und den Studentinnen und Migranten aus aller Welt, die in der EUREGIO leben und arbeiten, sorgt für ein Klima der Aufgeschlossenheit. Hier hat sich schon die Erkenntnis durchgesetzt: Die europäische Einheit kann nur eine Einheit in Vielfalt sein. Diese Erkenntnis will die Region als Kulturhauptstadt erlebbar machen und nahebringen.
Wir in Nordrhein-Westfalen – das hat der Kollege Schultheis bereits ausgeführt – wissen, was die Auszeichnung als Kulturhauptstadt alles bewirken kann. „Ruhr 2010“ – das waren über 5.500 Veranstaltungen und 10 Millionen Besucher. Die Tourismuszahlen sind um mehr als 13 % gestiegen. Ein Fünftel der Besucher kam aus dem Ausland. Und das Jahr der Kulturhauptstadt führte zu neuen Investitionen in Höhe von insgesamt rund 500 Millionen €. Aufgrund der Auswertung von „Ruhr 2010“ rechnet man in Maastricht mit dem Faktor eins zu sechs. Mit Verlaub: Diesen Impact würden wir uns für manche Wirtschaftsförderung auch wünschen.
Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass sich die Stadt Aachen sowie mehrere Gemeinden an dieser Bewerbung beteiligen. Und ich freue mich, dass wir als Land dabei sein werden.
Die Kultur ist der Zement für ein europäisches Fundament, und das, wie ich finde, sehr viel mehr als der Euro. Genau das ist die Botschaft der Bewerbung, die sich in einem Satz zusammenfassen lässt, mit dem ich schließen möchte. Er findet sich auf Seite 2 der Bewerbung Maastrichts und stammt von Jean Monnet:
„Wenn ich Europa noch einmal von vorne gestalten dürfte, ich würde mit der Kultur beginnen.“
Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und den PIRATEN)

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