Martin-Sebastian Abel: „Ich wünsche mir aber, dass sich die vielen Menschen, die bei uns ankommen und den ersten Kontakt zur Bundeswehr bekommen, sie später in guter Erinnerung behalten“

Gemeinsamer Antrag zur Würdigung der Bundeswehr

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Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich zu diesem Antrag eine sehr persönliche Rede halte. Sie hat mit meiner Geschichte und vor allem mit der meiner Mutter zu tun.
1989 – kurze Zeit vor dem Fall der Mauer – brach meine Mutter mit mir in Leipzig-Markkleeberg auf, um über die deutsche Botschaft in Prag in die Bundesrepublik zu fliehen. Das Ticket hatte sie bis Brünn gebucht. Das Reisegepäck bestand, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, aus einem Koffer und einem Rucksack. Nach einer über achtstündigen Fahrt erreichten wir den Prager Hauptbahnhof.
Mit Glück, vor allen Dingen aber mit Hilfe eines Taxifahrers, der einige Schleichwege hinauf zur anderen Seite Prags kannte und vor allen Dingen wusste, wo die Kontrollpunkte waren, gelang es, mit dem Taxi bis auf wenige Hundert Meter an die Rückseite der Botschaft heranzukommen. Von hier aus ging es zu Fuß weiter. Letztlich halfen uns dann Mitarbeiter des Roten Kreuzes, auf das Geländer der Botschaft, die stark überfüllt war, zu kommen.
Auch hier hatten wir großes Glück. Der Aufenthalt war nicht lang. Nach kurzer Zeit wurde ein Transport zusammengestellt, der direkt aus Prag in den Westen fuhr, ohne – wie die anderen Züge wenige Wochen zuvor – durch die DDR zurückzumüssen.
Über die Bundesaufnahmestelle Gießen wurden wir schließlich der Notunterkunft auf dem Truppenübungsplatz Stegskopf in Daaden zugewiesen. Die Gemeinde im Norden von Rheinland-Pfalz nahm im Oktober 1989 knapp 2.000 Männer, Frauen und Kinder auf. Es waren viele Helferinnen des Deutschen Roten Kreuzes und Soldaten der Bundeswehr vor Ort, die die Versorgung und die Betreuung in der Notunterkunft organisierten.
Meine Damen und Herren, einer dieser Soldaten ist heute extra aus Rheinland-Pfalz angereist. Das ist der Oberstabsfeldwebel Bertold Korstian, der oben auf der Tribüne neben meiner Mutter Platz genommen hat und dieser Debatte folgt.
(Beifall von der SPD und der CDU)
Herr Korstian, Ihnen und Ihren Kolleginnen, die damals Dienst hatten – Sie haben uns damals freundlich aufgenommen und alles möglich gemacht – sage ich ein herzliches Dankeschön für Ihre Arbeit. Das gilt natürlich auch für die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die damals dort ihren Dienst verrichtet haben. Vielen Dank!
(Beifall von der SPD und der CDU)
Ich will mich auch ganz persönlich für diese Begegnung bedanken, die vor allem der Kollege Falk Heinrichs von den Sozialdemokraten ermöglicht hat. Falk, Herr Korstian war Gast in einer deiner Besuchergruppen. Er hatte damals einen Artikel in der „Rhein-Zeitung“ anlässlich des Mauerfalls vor 25 Jahren gelesen. Da hatte die „Rheinische Post“ unsere Geschichte veröffentlicht. Du hast über dein Büro den Kontakt realisiert und so auch ermöglicht, dass meine Mutter, Herr Korstian und ich uns heute das erste Mal bewusst kennenlernten. Dafür vielen Dank!
(Beifall von der SPD, der CDU und der FDP)
Meine Damen und Herren, ganz zum Schluss: Vor zwei Wochen war zu lesen, dass der Truppenübungsplatz in Daaden nach 25 Jahren wieder Flüchtlinge beherbergen wird. Ich will ganz bestimmt keine Parallelen zu aktuellen Ereignissen oder zu den Biografien derer ziehen, die jetzt in diesen Tagen hier zu uns nach Deutschland kommen. Ich wünsche mir aber – das ist, glaube ich, auch Anlass dieses Antrags –, dass sich die vielen Menschen, die bei uns ankommen und in diesen Tagen in vielen Städten den ersten Kontakt zum deutschen Militär bzw. zur Bundeswehr bekommen, später – in 20 oder 25 Jahren – so wie wir daran zurückerinnern können. Ich wünsche mir an dieser Stelle, dass sie das in guter Erinnerung behalten. – Herzlichen Dank.
(Beifall von der SPD, der CDU und der FDP)