Martin-Sebastian Abel: „Es ist richtig, dass wir mehr Investitionen in Bildung vornehmen“

Landeshaushalt 2017 - 1. Lesung

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Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lindner, wenn Sie das Vorabprotokoll über die erste Runde vor sich haben, dann schauen Sie einmal, was Sie über die Lehrerinnenstellen gesagt haben. Dann überlegen Sie noch einmal, ob das richtig ist. Sie haben in der ersten Runde behauptet, wir hätten 2.000 Lehrerinnenstellen bei den Gymnasien gestrichen. Herr Lindner, das ist falsch!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Laschet, Sie haben kritisiert, wir wären zu schlecht bei U3 und dem Ganztag. Bei einem Blick in den Haushalt 2010 und in den Haushaltsentwurf 2017 stellen Sie fest, dass wir den höchsten Schuletat in der Geschichte des Landes haben. Wir haben 3,8 Milliarden mehr investiert als 2010. Dieser Aufwuchs ist fünf Mal so hoch wie der zwischen 2005 und 2010. Wir haben fünf Mal mehr für Schule, für Bildung investiert als Sie.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Die Mittel für den offenen Ganztag sind um 25 % gestiegen. Ich kann mich noch an den Landtagswahlkampf 2005, an einen Direktkandidaten im Düsseldorfer Süden, der bis heute Mitglied des Hauses ist, und viele Podiumsdiskussionen erinnern, wo uns die CDU-Vertreterinnen immer vorgeworfen haben, eine ideologische Schulpolitik zu betreiben. Wir wollten den Familien, den Eltern die Kinder wegnehmen, um sie staatlich umzuerziehen. Das war das Credo. Das war nicht 1950, das war CDU 2005, meine Damen und Herren!
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie sollten auf diesem Feld wirklich kleine Brötchen backen.
Herr Lindner hat in einer unglaublichen Arroganz die Hochschulen dieses Landes kritisiert und schlechtgeredet. Sie haben mit Verweis auf die hervorragenden Hochschulen im Vereinigten Königreich, die es dort ohne Zweifel gibt, suggeriert, es würden sehr viele Studierende aus Nordrhein-Westfalen nach Großbritannien gehen.
(Christian Lindner [FDP]: Auch Schulen!)
– Ja, das ist ja alles okay. – Aber Sie haben suggeriert, unsere Hochschulen wären nur mittelmäßig.
(Christian Lindner [FDP]: Auch die Schulen!)
Sie haben gesagt, Sie wollten nett sein und hätten deshalb „mittelmäßig“ gesagt. Herr Lindner, wir haben von den Top-10-Universitäten in Deutschland sechs, wenn es nach der Größe geht. Wir haben sehr viele mit der Exzellenzinitiative des Bundes. Wir haben mehr Studierende aus Großbritannien an unseren Hochschulen in Nordrhein-Westfalen als andersherum. Hören Sie auf, ein Zerrbild zu zeichnen!
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben einen sehr guten Hochschulstandort. Wir haben den dichtesten in ganz Europa. Und unsere Hochschulen sind genauso anerkannt wie die Hochschulen in Großbritannien.
Auch hier die Zahlen: Es ist der höchste Wissenschaftsetat. Nordrhein-Westfalen hat 27,3 % aller Studierenden. Wir bilden ein Viertel aller Studierenden aus, und das sind die deutschen Zahlen. Wir haben jetzt einen Wissenschaftsetat von mehr als 8,4 Milliarden. Damit liegt er 2,6 Milliarden bzw. 44 % über dem Niveau des Jahres 2010.
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
– Ja, die Studiengebühren! Herr Witzel, Sie sind doch Haushälter. Sie wissen doch ganz genau, dass die Forderung nach einer Wiedereinführung der Studiengebühren haushalterisch nur dann Sinn macht, wenn den Hochschulen das Geld wieder weggenommen wird. Das ist überhaupt kein Qualitätsgewinn. Die Hochschulen haben dadurch null mehr Mittel, und Sie verbauen damit den jungen Menschen den Zugang zu unserem Bildungssystem. Das ist das einzige, was wir von den Studiengebühren haben.
(Beifall von den GRÜNEN – Ralph Bombis [FDP]: Das ist doch nicht wahr!)
Selbst mit den Studiengebühren von 250 Millionen, ohne die Qualitätsverbesserungsmittel wären wir nicht bei 2,6 Milliarden €, sondern bei 2,3 Milliarden €. Das ist immer noch eine Steigerung von über 40 % ohne Studienbeiträge. Über 40 % mehr Investitionen in diese wichtige Zukunftsaufgabe!
(Beifall von den GRÜNEN)
Auch bei FuE versuchen Sie – die Ministerpräsidentin hat das völlig zu Recht gesagt –, ein Zerrbild zu zeichnen. Das haben Sie mit der Berichterstattung aus der „FAZ“ ja auch schon im Ausschuss versucht. Fakt ist: Nordrhein-Westfalen hat die höchste staatliche Förderung für Forschung und Entwicklung gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Wir liegen im Vergleich hinten, weil die Investitionen der privaten Unternehmen schwach sind. Da müssen wir besser werden, da wollen wir besser werden. Aber da wäre es doch sinnvoll, wenn Sie den Vorschlag unterstützen würden, der seit 2009 ein halbes Dutzend Mal im deutschen Bundestag gemacht worden ist, dass man den Unternehmen einen Steuerbonus, eine Steuererleichterung gibt, dass man ihnen, wenn sie in Forschung und Entwicklung investieren, wenn sie an neuen Produkten forschen, mit einer Steuererleichterung entgegenkommt. Sie sind doch sonst immer so schnell dabei, wenn es um Steuersenkungen geht. Warum können wir denn hier nicht etwas Gemeinsames machen für Mittelstand, für Innovation, für die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts?
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, wenn wir über Steuersenkungen reden, dann sind wir auch in der aktuellen Debatte über den Bundeshaushalt. Es ist wahr: Es gibt Überschüsse. Der Bundesfinanzminister stattet die Länder und Kommunen nicht gut aus. Er überträgt viele Ausgaben, ohne dies mit finanziellen Mitteln zu hinterlegen. Darunter leiden dann wir als Landespolitiker, die mit dem, was der Bund uns zuweist, und das sind über 80 % des Haushaltes, die Zuweisungen aus Steuermitteln sind, in der Verantwortung sind, die wichtigsten Zukunftsaufgaben zu stemmen.
Meine Damen und Herren, Sie sollten sich einmal vergegenwärtigen, was wir alleine im Bereich der kommunalen Finanzen erreicht haben. Die Ministerpräsidentin hat das schon mit dem Hinweis auf die Städte, die damals im Nothaushalt waren, deutlich gemacht. Wir geben so viel Geld aus wie kein anderes Bundesland. Wenn wir schauen, wer Nummer zwei und Nummer drei ist, dann hätten wir schon eine Summe, die im Wesentlichen dem entspricht, was der Nettoneuverschuldung in diesem Haushalt zugrunde liegt. Das heißt, wir könnten ganz einfach einen ausgeglichenen Haushalt machen, indem wir den Kommunen sagen, wir gehen jetzt auf das Niveau von Baden-Württemberg. Wir hätten einen Haushaltsüberschuss, wenn wir sagen würden, wir gehen zurück auf das Niveau von Bayern. Aber das ist doch keine vernünftige Politik, meine Damen und Herren.
(Ralf Witzel [FDP]: Das kann man doch gar nicht miteinander vergleichen!)
– Doch, das kann man sehr wohl mit Baden-Württemberg und Bayern vergleichen! Das wissen Sie ganz genau. Das ist auch im Kommunalausschuss rauf und runter diskutiert worden.
Sehr überraschend waren die Antworten auf die Frage des DeutschlandTrends vom 1. September 2016, wofür Mehreinnahmen im Bundeshaushalt verwendet werden sollen.
Nur 16 % der Bevölkerung sind für Steuersenkungen. Die übergroße Mehrheit von über 70 % möchte eine nachhaltige Haushaltspolitik. Das ist auch verständlich; denn die Menschen, die vor Ort gute Betreuung und gute Schulen – auch gute Schulgebäude, Herr Marsching – haben wollen, wissen, dass das nicht geht, wenn wir auf der anderen Seite Steuern senken. Die Menschen wollen dann wissen, wie wir das finanzieren, und sie wissen ganz genau: Wenn es Steuersenkungen gibt, fehlt an anderer Stelle das Geld. – Die Mehrheit der Menschen ist klüger, als Sie das vermuten, meine Damen und Herren von der FDP.
Deswegen ist das richtig, was wir mit diesem Haushalt vorlegen. Wir nehmen wichtige Investitionen in die Zukunft unseres Landes vor. Wir investieren in Kommunen – mit dem kommunalen Investitionsprogramm, finanziert über die NRW.BANK. Wir legen auch bei dem Bereich Schulbauten und bei dem Bereich Freizeit nach. Aber es ist richtig, dass wir mehr Investitionen in Bildung vornehmen. Das ist der genaue Gegenpol des Bürgerhaushalts. Darauf sind wir stolz, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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