Martin-Sebastian Abel: „Das, was wir hier machen, ist gelebte Steuergerechtigkeit“

Antrag von SPD und GRÜNEN für mehr Steuergerechtigkeit

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Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Genossinnen und Genossen! Wenn wir uns das letzte Jahr …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Bevor sich das hier festsetzt, Herr Kollege: Das ist nicht die übliche Anrede im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Ich habe die feine Ironie sehr wohl verstanden.
(Michael Hübner [SPD]: Es gibt auch Genossenschaftsvertreter bei der CDU!)
Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung. Das sollte ein Scherz sein
(Hendrik Schmitz [CDU]: Ein schlechter Scherz!)
im Hinblick auf den kleinen Fauxpas des Kollegen. Natürlich ist das keine angemessene Anrede für das Hohe Haus.
Das Thema, das wir hier behandeln, ist wirklich nicht zum Scherzen geeignet. Wir müssen uns einmal vergegenwärtigen, worüber wir im letzten Jahr hier im Hohen Hause gemeinsam debattiert haben, über welche Skandale wir reden mussten, nämlich die Enthüllungen um die Panama Papers, Lux-Leaks, aber auch Bahamas Papers. Dann müssen wir uns anschauen, was sich substanziell geändert hat bei den Punkten, bei denen wir viel Gemeinsamkeit hatten und der Auffassung waren, dass wir Rechtslücken schließen müssen.
Es darf nicht möglich sein, dass man mit wenigen Mausklicks in einem anderen Land, das viele wahrscheinlich auf Anhieb nicht auf der Landkarte finden würden, eine Firma gründet, für die man gleich ein Board of Directors per PayPal mit zukaufen kann, in dem so namhafte Persönlichkeiten wie Clark Kent oder teilweise auch Donald Duck sitzen, das Geld transferiert und über die Kreditkarte der Firma mehr oder weniger anonym nicht versteuertes Geld oder Geld aus dunklen Kanälen verschwinden lässt.
Meine Damen und Herren, wir haben heute über den Rechtsstaat geredet. Die eklatanten Fehler in unserem System sind ein Punkt, weshalb das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat verloren geht, weshalb viele, deren Einkommensteuer von ihrem Lohn einbehalten wird, viele Selbständige, von denen wir Vorauszahlungen erwarten, sich fragen, warum sie eigentlich noch Steuern zahlen sollen, warum der Staat nicht handelt.
Das geht an Sie, meine Damen und Herren von der CDU. Sie haben mit der Großen Koalition eine Mehrheit im Deutschen Bundestag. Sie stellen seit vielen Jahren den Bundesfinanzminister. Warum haben wir in Deutschland nicht strengere Kriterien? Warum haben wir kein Transparenzregister? Was haben Sie auf europäischer Ebene unternommen, um diese Lücken zu schließen?
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Deswegen ist es gut, dass wir heute mit den Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokraten noch einmal auflisten, wo aus nordrhein-westfälischer Sicht Handlungsbedarf besteht. Ich kann Sie wirklich nur darum bitten, jetzt in Berlin Ihren Einfluss als größter Landesverband der Union geltend zu machen, damit wir hier vorankommen.
(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])
Denn das ist nicht nur den Leuten nicht zu erklären, sondern das Geld fehlt uns auch: für unsere Infrastruktur, für wichtige Zukunftsinvestitionen etwa in Bildung.
Es kann nicht sein, dass andere Bundesländer diesen Initiativen nicht zustimmen und sie im Bundesrat über den Vermittlungsausschuss verzögern.
Es kann auch nicht sein, dass andere Bundesländer zulasten Nordrhein-Westfalens ihre Finanzverwaltung nicht sachgerecht ausstatten – weder mit Sachmitteln noch mit Personal. Unter der Hand wird auch mal damit geworben: In anderen Bundesländern wird sehr genau hingeschaut. – Teilweise gibt es Beratungsangebote für die Ansiedlung von Firmen, die das Argument nutzen, die Finanzverwaltung dort sei etwas schwach auf der Brust. Das geht so nicht.
Deswegen ist der Pfad, den Rot-Grün in den letzten sieben Jahren eingeschlagen hat – allen voran der Landesfinanzminister –, unsere Finanzverwaltung zu stärken, richtig. Es gibt 47 % zusätzliche Stellen bei der Betriebsprüfung. In der letzten Haushaltsberatung haben wir noch einmal draufgelegt. Das, was wir hier machen, ist gelebte Steuergerechtigkeit.
Ich bin gespannt auf Ihre Redebeiträge. Was war denn zu diesem wichtigen Thema in den letzten Wochen von der Opposition zu hören? Kollege Stein hat eine Kleine Anfrage zu dem Begleitschreiben gestellt, in dem sich der Finanzminister im Namen der Landesregierung dafür bedankt, dass Steuern gezahlt werden. Dabei reden wir über Mehrkosten von 0,0001 Cent, die pro Schreiben entstanden sind. Darüber haben wir allein im Haushalts- und Finanzausschuss eine halbe Stunde gestritten.
Anstatt sich damit zu beschäftigen, wie dieser Vordruck zustande gekommen ist, ob unbedrucktes Papier genommen wurde oder ob man der Druckerei schon einen Briefkopf gegeben hatte und wer wann was gemacht hat, kümmern Sie sich doch endlich um die eklatanten Lücken, die wir in unserem Rechtssystem haben. Handeln Sie! Stimmen Sie unserem Antrag zu.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir haben noch einmal das aufgeschrieben, was in vielen Ländern – auch in anderen Konstellationen – Konsens ist. Handeln Sie endlich! Stimmen Sie unserem Antrag zu.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD) 

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