Mario Krüger: „Wenn man dieses Thema überhaupt anpacken will – wir sehen keinen akuten Handlungsbedarf –, kann das nur für die Kommunalwahl 2020 gelten.“

Antrag der Piraten zu Sperrklauseln

Mario Krüger (GRÜNE): Meine Damen! Meine Herren! Herr Präsident! Herr Herrmann, ich bin schon etwas verwundert darüber, dass Sie in das Kommunalwahlgesetz eine Regelung hineinschreiben wollen, die bereits Bestandteil des Gesetzgebungsverfahrens ist. Es ist in diesem Zusammenhang keine Sperrklausel verankert. Insofern besteht überhaupt keine Notwendigkeit, sich noch einmal für ein Verbot auszusprechen.
Ansonsten könnten wir nämlich alles, was dadurch ausgeschlossen ist, im Detail auflisten. Ich weiß, dass Sie in der Richtung sehr, sehr viel Phantasie haben, aber das wäre eigentlich die Herangehensweise.
Wir wissen – ich greife die Hinweise von Herrn Körfges beziehungsweise Herrn Biesenbach auf: Wir sollten das möglichst schnell angehen –, dass zum jetzigen Zeitpunkt bereits Wahllisten eingereicht werden können. Es wäre allerdings mit Blick auf kleinere Gruppierungen zutiefst undemokratisch,
(Beifall von den PIRATEN)
wenn wir über ein Schnellverfahren eine Situation herstellen würden, die bereits 2014 greift.
Wenn man dieses Thema überhaupt anpacken will – wir sehen keinen akuten Handlungsbedarf –, kann das nur für die Kommunalwahl 2020 gelten.
Ich will der Fraktion der Piraten durchaus zugestehen, dass es – sieht man sich die Wahlergebnisse der letzten Bundestagswahl beziehungsweise Landtagswahlen an – eine gewisse Unruhe bei ihr gibt. Unsere Positionen hierzu:
Erstens. Die Einführung einer Sperrklausel ist zulässig.
Zweitens. Das hat das Landesverfassungsgericht Münster in seinen Entscheidungen 1994, 1999 und 2008 festgestellt.
Aber: Dieser unzweifelhafte Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit ist in erheblichem Maße rechtfertigungsbedürftig. Abstrakte Hinweise auf Funktionsstörungen reichen nicht aus. Es muss vielmehr nachgewiesen werden, dass die Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung in den Räten und Kreistagen nicht gewährleistet ist. Ähnliche Urteile kennen wir aus anderen Ländern.
Ich will Ihnen durchaus zugestehen, dass wir immer mehr Gruppierungen, Fraktionen und Einzelpersonen in manchen Räten haben. Herr Körfges oder Herr Biesenbach, nennen Sie mir aber nur ein Beispiel, wo eine Haushaltssatzung deshalb nicht verabschiedet werden konnte, weil der Rat derart zersplittert war beziehungsweise sich nicht einigen konnte. Ich kenne kein Beispiel.
(Beifall von den PIRATEN)
Sie argumentieren mit Blick auf die Länge der Ratssitzungen. Ich kenne die Ratssitzungszeiten aus den 80er-Jahren, als die Grünen eingezogen sind. Die Ratssitzungen in Dortmund gingen über 24:00 Uhr hinaus.Damals waren es drei Fraktionen, nämlich Grüne, SPD und CDU. Heute haben wir sechs Fraktionen und drei Einzelkämpfer. Ich kann Ihnen sagen: Die Sitzungen enden nicht um 24, sondern um 22 Uhr. Das ist untereinander so verabredet. Das wird um 21 Uhr noch einmal deutlich gemacht mit dem Hinweis des Sitzungsleiters: Wenn wir nicht fertig werden, machen wir morgen weiter. – Das diszipliniert unheimlich.
(Heiterkeit von Dr. Joachim Paul [PIRATEN])
Kommen wir zu dem anderslautenden Urteil des Berliner Verfassungsgerichts. Es hat entschieden, dass eine Sperrklausel von 3 % für die Berliner Bezirksverordnetenversammlung zulässig ist. In diesem Zusammenhang hat das Landesverfassungsgericht in Berlin darüber zu entscheiden gehabt, inwieweit vor dem Hintergrund konkurrierender Forderungen auf Ebene der Landesverfassung die Restriktion einer Sperrklausel mit Blick auf die Wahlrechtsgleichheit hinnehmbar ist.
Ob dieses Urteil eins zu eins auf Nordrhein-Westfalen übertragbar ist – daran habe ich angesichts der diversen Rechtsprechung dazu Zweifel –, kann sicherlich noch einmal überprüft werden. Ob wir auf der Grundlage dieser Prüfung das Thema diskutieren bzw. weiter verfolgen werden, bleibt den Diskussionen in den Fraktionen überlassen.
Ich möchte nur einen Hinweis geben: Eingriffe in die und Änderungen der Landesverfassung sollten wir nur äußerst behutsam vornehmen.
(Kai Abruszat [FDP]: Richtig!)
Das machen wir in aller Ruhe. Dabei wollen wir uns auch nicht treiben lassen. Insofern: Erwarten Sie nicht, dass wir im Rahmen der Anhörung, die Sie jetzt anstoßen, im Fachausschuss entsprechende Vorfestlegungen treffen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN, der FDP und den PIRATEN)

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