Mario Krüger: „Wenn es darum geht, den notleidenden Kommunen Hilfestellung zu geben, ist Nordrhein-Westfalen gut dabei“

Gesetzentwurf zur 3. Stufe des Stärkungspaktes

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Mario Krüger (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Nettelstroth, ich frage mich, nachdem ich Ihre Ausführungen gehört habe: Wo waren Sie eigentlich, als wir uns beispielsweise auf der Bundesebene zum Thema „Schuldenfonds und Altschuldenhilfe“ für eine Regelung eingesetzt haben, als auf Bundesebene aufgrund zurückgehender Ausgaben im Rahmen des Solidarpakts Ost ein entsprechender Schuldenfonds aufgestellt werden sollten, um den Kommunen Hilfestellung zu geben? Da waren Sie völlig weg. Sie sind abgetaucht. Sie haben Ihre Möglichkeiten nicht genutzt, um entsprechend tätig zu werden.
Wenn Sie die Berichte, die vorhin vom Kollegen Dahm vorgetragen worden sind, nicht wahrhaben wollen, sollten Sie einmal einen Blick über die Landesgrenzen werfen und schauen, wie in anderen Bundesländern das Thema „kommunale Entschuldungsfonds“ angegangen wird.
(Ralf Nettelstroth [CDU]: Länderprogramme in Hessen oder Niedersachsen!)
– Zum Beispiel gibt es im Bundesland Hessen einen sogenannten kommunalen Schutzschirm, der mit 95,17 Millionen € pro Jahr ausgestattet ist und komplett aus dem Landeshaushalt finanziert wird.
Dem stelle ich unsere Zahlen gegenüber. Wir zahlen insgesamt 5,76 Milliarden €. Es sind etwa 560 Millionen € pro Jahr. Davon fließen etwa 400 Millionen € direkt aus dem Landeshaushalt.
Mecklenburg-Vorpommern spricht von einem kommunalen Haushaltskonsolidierungsfonds. 24,5 Millionen € davon bringen sie ein. 60 % werden über Befrachtungen finanziert. 40 % oder 10 Millionen € stammen aus dem Landeshaushalt.
Niedersachsen spricht von einem Zukunftsvertrag Entschuldungsfonds, der mit 70 Millionen € pro Jahr ausgestattet ist.
Wir liegen, wie gesagt, bei etwa 560 Millionen € pro Jahr. Davon stammen 50 % aus dem Landeshaushalt und 50 % aus einer kommunalen Sonderumlage.
Selbst in Rheinland-Pfalz mit seinem kommunalen Entschuldungsfonds in Höhe von 255 Millionen € stammen ein Drittel aus dem Landeshaushalt – sprich: etwa 80 Millionen € –, ein Drittel aus Befrachtungen im Gemeindefinanzierungsgesetz und ein Drittel aus einem Fonds, der von den notleidenden Kommunen zu finanzieren ist.
In diesem Vergleich stellt sich NRW dar. Dieser Vergleich zeigt: NRW ist gut aufgestellt. Oder anders formuliert: Wenn es darum geht, den notleidenden Kommunen Hilfestellung zu geben, ist Nordrhein-Westfalen gut dabei. Das wird insbesondere deutlich, wenn man einen Blick über die Landesgrenzen hinweg wirft. – Das zum Ersten.
Zum Zweiten möchte ich mich gerne nicht direkt mit diesem Entschließungsantrag beschäftigen.
(André Kuper [CDU]: Oh!)
Ich schaue mir lieber die Papiere an, die Sie früher geschrieben haben.
(Ralf Nettelstroth [CDU]: Die stehen aber heute nicht zur Abstimmung!)
Da gab es einmal ein Positionspapier vom 26. Oktober 2010. Es ist also rund sechs Jahre alt und stammt aus der Zeit, als Sie kurz vorher die Mehrheit im Landtag verloren hatten. Sie nannten dieses Positionspapier „Kommunalfinanzen in NRW – Perspektive und Alternative statt Schulden“ oder abgekürzt „KomPAsS“. Darin sprachen Sie davon, dass Sie 500 Millionen € bereitstellen wollten, und zwar 400 Millionen € aus dem Landeshaushalt. Zur Finanzierung haben Sie ausgeführt, dass das aus Einsparungen oder aus Steuermehreinnahmen erzielt werden sollte, aber, bitte schön, nicht dazu beitragen sollte, dass in diesem Zusammenhang die Nettoneuverschuldung ansteigt.
Zur Frage der Herausnahme der Befrachtungen haben Sie gar nichts gesagt – oder anders herum formuliert: Was Sie an Befrachtungen im Gemeindefinanzierungsgesetz gehabt haben – damals waren es 166 Millionen € –, bleibt bestehen.
Natürlich sollte auch keine Einbeziehung der Kommunen bei der Grunderwerbsteuer erfolgen. Das kann man zumindest Ihrem Positionspapier entnehmen.
100 Millionen € sollten von den betroffenen Kommunen selbst finanziert werden. – Das waren Ihre Vorschläge.
Dann gab es noch einen sehr interessanten Satz, in dem Sie ausführen: Es sollte geprüft werden, inwieweit Kommunen, die durch zusätzliche Bundesmittel Einnahmen über den strukturellen Haushaltsbericht erzielt werden, daran beteiligt werden.
Hintergrund war, dass Sie gesagt haben: Der Bund muss auch etwas tun. Er soll bei der Finanzierung der Sozialausgaben seinen Beitrag leisten. Wenn die Kommunen zusätzliche Bundesmittel erzielen, sollen sie sich hier entsprechend beteiligen. – Andere sprechen möglicherweise von einer Solidarumlage, die hier eingebracht werden kann.
Letzte Aussage in diesem Zusammenhang: Es geht ja immer darum, inwieweit NRW bezüglich der Finanzausstattung der Kommunen wirklich gut beraten ist. Da haben Sie 2010 geschrieben:
„Das Gemeindefinanzierungsgesetz bleibt mit einer Verbundsatzquote von 23 Prozent“
– Klammer auf: abzüglich Befrachtungen, abzüglich Grunderwerbsteuer; Klammer zu –
„als verlässliche Grundlage der kommunalen Finanzausstattung bestehen.“
Das waren Ihre Ansagen. So sind Sie herangegangen. Insofern ist das, was Sie hier in diesem Zusammenhang vortragen, überhaupt nicht ernst zu nehmen.
Wir halten an unserem Kurs fest. Wir werden weiterhin dazu beitragen, dass die Kommunen ihren Konsolidierungskurs fahren. Wir sind da erfolgreich, wie die Berichte zeigen. Demnächst werden wir einen weiteren Bericht bekommen. Dann wird sich das noch einmal konkretisieren.
Wenn wir fünf Jahre so weitermachen, werden Sie auch eine Vielzahl von Kommunen feststellen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben bzw. einen Haushaltsausgleich erzielt haben. Möglicherweise haben sie dann, wie Duisburg im letzten Jahr, bereits Überschüsse erzielt. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)