Mario Krüger: „Sie sollten anerkennen, dass das Land unter erheblichen Kraftanstrengungen einen Großteil der Mittel zur Finanzierung des Stärkungspaktes bereitstellt.“

Änderung des Stärkungspaktgesetzes

Mario Krüger (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Herr Kuper, Ihr Beitrag hat mich nicht überrascht. Etwas anderes war nicht zu erwarten. Schön wäre es gewesen, wenn Sie in diesem Zusammenhang einmal Ihre Vorstellungen geäußert hätten. Doch da kam gar nichts.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ihr Beitrag hat mich auch angesichts der Aussage Ihres Fraktionsvorsitzenden Herrn Laumann vom Januar dieses Jahres anlässlich der Vorstellung der Haushaltsanträge der CDU-Fraktion für den Haushalt 2013 nicht überrascht. Er sagte: Eigentlich hat das Land für den Stärkungspakt gar kein Geld. Oder anders formuliert: Wir lassen die überschuldeten Gemeinden alleine. – Das ist die Position der CDU-Fraktion.
(Zuruf von der CDU: Das ist nicht unsere Position!)
Was mich allerdings auch nicht überrascht, Herr Kuper – da will ich Ihnen gerne entgegenkommen –, ist die Tatsache, dass sich die betroffenen Kommunen mit Händen und Füßen gegen die Einführung einer Solidarumlage wehren. Auch wir haben Gespräche geführt. Ich will auch glauben, dass Umlagen in Höhe von 46,5 Millionen € für Monheim oder rund 8 Millionen € für Straelen nur schwer verdauliche Kost für die Beteiligten sind. Das steht außer Zweifel.
Wir wissen auch, dass eine ganze Reihe von abundanten Kommunen keine ausgeglichenen Haushalte ausweist.
Aber: Sie sollten auch anerkennen – das ist gerade noch einmal vom Minister vorgestellt worden –, dass das Land unter erheblichen Kraftanstrengungen einen Großteil der Mittel zur Finanzierung des Stärkungspaktes bereitstellt. Ihr Fraktionsvorsitzender sagt dazu: Die brauchen wir eigentlich nicht; dafür haben wir kein Geld. – Die Rede ist von rund 3,5 Milliarden €.
Herr Abruszat, es gab ein Einvernehmen mit Ihrer Fraktion, dass die zweite Stufe des Stärkungspaktes über die Kommunen zu finanzieren ist. Ich habe mir noch einmal den alten Gesetzentwurf aus 2011 angesehen. Da ist gesagt worden: In einem ersten Schritt werden entsprechende Befrachtungen vorgenommen – 50 Millionen € in 2012, 65 Millionen € in 2013 und dann eben 115 Millionen € in 2014.
Wir sind uns, glaube ich, einig, dass dies zulasten der Kommunen geht, die aufgrund ihrer Finanzkraft und ihrer unbestrittenen Aufwendungen auf ergänzende Schlüsselzuweisungen zwingend angewiesen sind. Es war auch klar, dass die damals in der Diskussion befindlichen 195 Millionen € zur Finanzierung der Stufe 2 – heute sprechen wir von 182 Millionen € – über eine Solidarumlage zulasten der wirtschaftlich starken bzw. abundanten Kommunen finanziert werden sollten.
Mit Blick auf die FDP-Fraktion noch eine Anmerkung: Sie haben damals die Verabschiedung des Stärkungspaktes – sprich Ihre Zustimmung – davon abhängig gemacht, dass die Solidarumlage nicht weiter konkret ausgestaltet wird. Minister Jäger hat das gerade mit den Worten formuliert: „in ein Gebüsch abgetaucht“. Ich sage dazu: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Diese unangenehme Aufgabe überlassen Sie den Fraktionen von SPD und Grünen. So viel zu Ihrer Verantwortung bzw. wie Sie sich hier davonstehlen wollen.
Wir wollen den finanziell schwächsten Kommunen einen Weg aus der Schuldenfalle aufzeigen. Der Stärkungspakt setzt auf Solidarität. Ohne eine solidarische Hilfe steuerstarker Kommunen gibt es keine schnelle Verbesserung der Finanzlage der überschuldeten Kommunen. Das ist keine Einbahnstraße, vielmehr ist ein Beitrag von jedem Einzelnen erforderlich.
Das gilt auch für die Stärkungspaktkommunen, über die Sie so gerne herziehen. Rund 70 % des Konsolidierungsbedarfs müssen von den betroffenen Kommunen selbst geschultert werden. Die Zahl der Gesamtmaßnahmen, die in den Haushaltssanierungsplänen aufgezeigt worden sind, beläuft sich mittlerweile auf 4.000, mit Einsparvolumina von etwa 5 Milliarden €. Das Verhältnis beträgt 35 % Einnahmeverbesserungen und 65 % Aufgabenabbau der kommunalen Infrastruktur, Personalabbau etc. – Das sind schmerzhafte Maßnahmen, wie wir aus dem Kreis der überschuldeten Kommunen wissen.
Solidarität heißt auch – zumindest ist das unser Credo –, dass die steuerstarken Kommunen mit ihren breiten Schultern ihre Verantwortung wahrnehmen müssen. Denn eines sollte allen Beteiligten klar sein: Wenn eine einzige überschuldete Kommune in Nordrhein-Westfalen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann, dann wird das erhebliche Auswirkungen auf alle NRW-Kommunen haben, und zwar mit einem Risikoaufschlag der Banken auf die Zinsen für Kommunalkredite. Und das wird alle treffen. Insofern ist auch eine Einbeziehung der Steuerkraft der steuerstarken Kommunen gerechtfertigt.
Herr Abruszat, Herr Kuper, das Thema „Solidarumlage“ ist keine Erfindung von Rot-Grün, ganz im Gegenteil. In vielen Bundesländern existiert seit Jahren eine solche Umlage, wenn auch unter anderem Namen, das will ich gerne zugestehen. Man nennt sie dort „Finanzkraftumlage“, so Baden-Württemberg, in Sachsen, in Sachsen-Anhalt, in Mecklenburg-Vorpommern, in Niedersachsen, in Schleswig-Holstein und auch in Rheinland-Pfalz. Wie gesagt: Das existiert schon seit Jahren, jeweils zur Anfüllung des Gemeindefinanzierungsgesetzes. In Baden-Württemberg gibt es noch die besondere Situation, dass ein Teil der Gelder sozusagen im Landeshaushalt vereinnahmt wird. Das waren Beschlüsse der damaligen CDU-Landesregierung, so zu verfahren. So viel zu Ihrem Plädoyer zum Thema „abundante Kommunen“.
Wir werden nur die leistungsstarken, nachhaltig abundanten Kommunen nach dem Modell „drei aus fünf“ heranziehen. Das heißt: Nur wer in den letzten vier Jahren mindestens in zwei Jahren abundant war und im kommenden Haushaltsjahr abundant ist, wird in den Kreis der Zahlerkommunen einbezogen. Wir werden in 2014 lediglich 23 % der überschießenden Steuerkraft von den abundanten Kommunen abschöpfen. Das heißt: 77 % der überschießenden Steuereinnahmen verbleiben im Kreis der Geberkommune.
Dieses Geld wird, wie gesagt, nicht dem Landeshaushalt zugeführt, sondern es geht eins zu eins als Konsolidierungshilfe an die überschuldeten Gemeinden.
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit, Herr Kollege Krüger.
Mario Krüger (GRÜNE): Ja. – Ich würde gerne auf das Thema „Klagen auf hohem Niveau“ eingehen. Monheim erwartet …
Präsidentin Carina Gödecke: Aber das ist schwierig mit der Redezeit. Schon mit Zugabe sind Sie über der Zeit. Deshalb will ich Sie bitten, zum Ende zu kommen.
Mario Krüger (GRÜNE): Lassen Sie mich noch drei Sätze zum Thema „Stadion RWE/Essen“ sagen.
(Heiterkeit)
Herr Kuper, ich möchte Sie daran erinnern, dass sowohl CDU als auch FDP dieses Investitionsvorhaben mit beschlossen haben.
(Zurufe von der CDU – Zuruf von Kai Abruszat [FDP])
Das alles, Herr Abruszat, unter den Augen Ihres finanzpolitischen Sprechers, Herrn Witzel, und zwar in seiner Funktion als Kreisvorsitzender der Essener FDP.
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Mich wundert immer wieder, dass Sie solche Beispiele in dem Zusammenhang vortragen, aber mit keiner Silbe erwähnen, wie Ihr Agieren vor Ort aussieht. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)