Mario Krüger: „Ohne Zweifel gibt es einen Handlungsbedarf“

Gemeinsamer Antrag zur Stärkung des kommunalen Ehrenamtes

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Mario Krüger (GRÜNE): Herr Vorsitzender! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir schließen mit diesem heutigen Entschließungsantrag eine 18-monatige Arbeit ab. Ich möchte erst einmal all denjenigen danken, die an dieser Arbeit innerhalb der Kommission selbst beteiligt waren. Das betrifft zum einen die Vertreter aus den Fraktionen, zum anderen die Vertreter aus den kommunalpolitischen Vereinigungen, zum Dritten die Vertreter aus den kommunalen Spitzenverbänden und selbstverständlich auch die Mitarbeiter aus den einzelnen Fachgebieten.
Ich glaube, dass wir in der Summe ein gutes Ergebnis erreicht haben. Das wird auch deutlich, wenn wir uns den Entschließungsantrag ansehen, der weit – von den Fraktionen der SPD, der CDU, der Grünen und der FDP – getragen wird. Auf die Piraten gehe ich gleich noch ein.
Ich sage das auch deshalb, weil nicht alle Empfehlungen eins zu eins Gegenstand des Entschließungsantrages sind. Ich denke hier an die Frage der Mindestfraktionsgrößen. Es wird aber deutlich, dass es in diesem Zusammenhang bezogen auf das Gesamtarbeitsergebnis sehr wohl einen Konsens gibt.
Ohne Zweifel gibt es einen Handlungsbedarf. Herr Nettelstroth, Sie haben das gerade aufgezeigt. Ich will das einmal an einem kleinen Beispiel, an dem einer berufstätigen Ratsfrau, deutlich machen, die alleinerziehend ist und einen neunjährigen Sohn hat. Ihre Arbeitszeit geht von 7:30 Uhr bis 16 Uhr, Kernarbeitszeit ist von 9 bis 15 Uhr. Sie hat eine Anfahrtszeit von 30 Minuten bis zum Rathaus. Wenn man sich erstens die entsprechenden Satzungen ansieht, stellt man fest, dass der Arbeitszeitausfall in der Zeit von 14:30 Uhr bis 16 Uhr nicht finanziert wird. Warum? Es gilt die Kernarbeitszeit. Die Konsequenz ist, dass die Frau tatsächlich einen entsprechenden Verdienstausfall hinnehmen muss.
Zweitens. Sie hätte normalerweise ihren Sohn um 16:30 Uhr abgeholt. Das geht nicht. – Man muss sich auch um die Kinderbetreuung kümmern. Der Sohn ist neun Jahre alt. In Mülheim ist es so, dass man erst dann Anspruch auf Kinderbetreuungskosten hat, wenn das Kind nicht älter als acht Jahre ist. Das heißt, er würde dort von vornherein herausfallen. In der Gemeinde Holzwickede beispielsweise greift die Regelung bis zum Alter von elf Jahren. In Mülheim werden Kinderbetreuungskosten in Höhe von 7 € pro Stunde zugestanden. In Holzwickede sind es 8 €.
Wenn man in diesem Zusammenhang beispielsweise eine Studentin oder einen Studenten ansprechen und um entsprechende Hilfestellung bitten, dann bekommt man folgende Antwort: Mit 15 € bist du dabei, aber nicht mit 7 oder 8 €. Bittet man in diesem Zusammenhang eine pädagogische Kraft um Hilfe, ist man bei 20 € oder 25 €. Anders formuliert: Die gute Frau, die sich politisch ehrenamtlich engagiert, zahlt wirklich drauf. Das wollen wir ändern. Wir haben das in der Ehrenamtskommission auch in weiten Bereichen des Berichtes deutlich gemacht. Das ist ein Auftakt, den wir hier im Rahmen des Entschließungsantrages aufgreifen.
Ich komme zu den Piraten und zum Entschließungsantrag, der hier vorgelegt worden ist. Herr Herrmann, Sie beschreiben diesen Antrag mit der Formulierung „Das Füllhorn wird über einzelne Ratsmitglieder ausgeschüttet“. Wenn ich mir vor Augen führe, dass Sie landauf, landab technische Fraktionen mit anderen Gruppierungen gebildet haben – mit der Zielsetzung, über eine entsprechende Fraktion Zuwendungen der öffentlichen Hand, sprich der Kommune, zu erhalten –, kann ich nur sagen: Sie predigen Wasser, in Wirklichkeit trinken Sie Wein.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der CDU)
Wir reden hier nicht von 200 € zusätzlicher Aufwandentschädigung für einen Ausschussvorsitzenden in einer Gemeinde bis 150.000 Einwohner. In meiner Gemeinde mit mehr als 450.000 Einwohner sind es 306 €. Dann reden wir über mehrere 10.000 €, die Ihnen in diesem Zusammenhang zur Verfügung gestellt werden.
Selbstverständlich nehmen Sie auch das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Münster vom 19. Juni 2013 nicht zur Kenntnis, in dem unter anderem ausgeführt wurde, dass „Fraktionsgemeinschaft“ voraussetzt, dass bereits ein gleichgerichtetes Wirken auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung vorliegt. Das ist nur dann glaubhaft, wenn es seinen sichtbaren praktischen Ausdruck gefunden hat.
Selbst die Rechtsprechung sagt also in diesem Zusammenhang, dass das so normalerweise nicht geht. Insofern ist es schon verwunderlich, dass Fraktionsgemeinschaften, wie sie in der Vergangenheit gebildet worden sind, von den Beteiligten dann auch genehmigt worden sind.
Mit Ihrem Antrag schüren Sie Sozialneid, Sie bedienen sich eines populistischen Vokabulars, und Sie erweisen dem politischen Ehrenamt letztendlich einen Bärendienst. – Vielen Dank.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der CDU)

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