Mario Krüger: „Die Herangehensweise hilft uns nicht weiter.“

Antrag von CDU und FDP zu Transparenz bei Sozialausgaben

Mario Krüger (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Abruszat, Herr Nettelstroth, ich will anknüpfen an das, was Kollege Hübner gerade ausgeführt hat. Wir haben diese Angelegenheit ja schon im letzten Kommunalausschuss andiskutiert. Und wir werden Ihren Antrag, wie vom Ältestenrat empfohlen, noch in den zuständigen Fachausschuss überweisen.
Sie nehmen das Gutachten und machen die Rechnung auf, dass es in der Leistungserfüllung – beispielsweise bei den Kosten der Unterkunft und den Eingliederungshilfen – offensichtlich erhebliche Mehrkosten gibt. 1,1 Milliarden € im Bereich der Eingliederungshilfen und 230 Millionen € im Bereich Kosten der Unterkunft sind genannt worden. Sie sagen: Das kann doch nicht sein. Das muss man sich näher ansehen. Insofern sollte man in diesem Zusammenhang eine Task-Force einrichten.
Die Frage lautet, ob diese Schlussfolgerung richtig ist, ob dieses Gutachten, das von der IHK in Auftrag gegeben worden ist, als Grundlage herangezogen werden kann, um zu einer solchen Einschätzung zu kommen?
Ich empfehle Ihnen, nicht nur die Kurzfassung, sondern auch die Langfassung zu lesen. Wenn Sie sich die Langfassung im Detail ansehen, werden Sie feststellen, dass der Gutachter selbst an vielen Punkten deutlich macht, dass es in der Frage, wie man diesen Sachstand zu beurteilen hat, Unsicherheiten gibt, er aber in der Schlussfolgerung der Kurzfassung zu ganz anderen, zugespitzten Aussagen kommt, die sich aus der Langfassung zumindest nicht erklären lassen. – Man kann auch den Eindruck haben: Dieses Gutachten wurde von zwei verschiedenen Leuten geschrieben.
Wenn ich mir in diesem Zusammenhang ansehe, wie das Ganze vonseiten des Innenministeriums, vonseiten des Sozialministeriums und vonseiten der Landschaftsverbände beurteilt worden ist, stelle ich fest: Methodisch völlig falsch! Man kann nicht aus der Bewertung von statistischen Ämtern des Bundes bzw. der Länder und der Statistik der Bundesagentur für Arbeit eine solche Beurteilung ableiten. Man muss in diesem Zusammenhang auch die unterschiedlichen sozio-ökonomischen Faktoren wie die wirtschaftliche, soziale, demografische und siedlungsstrukturelle Entwicklung einbeziehen. Die sind hier völlig ausgeklammert worden.
Überhaupt nicht nachvollziehbar ist, dass bestehende Untersuchungen, von denen wir eine ganze Reihe haben – den Kennzeichenvergleich der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, das Gutachten der Uni Siegen aus 2008 oder auch die vergleichende Analyse zur Eingliederungshilfe in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern aus 2012; ich könnte das noch ellenlang fortsetzen, will das aber gar nicht machen –, dass diese allgemein zugänglichen Unterlagen nicht einbezogen werden, geschweige denn, dass mit den Betroffenen in diesem Zusammenhang mal diskutiert wird bzw. gefragt wird: Wie seht ihr das? Kommt ihr zu ähnlichen Schlussfolgerungen?
Ich mache das mal an den Kosten der Unterkunft fest. Ich weiß nicht, ob Sie das Gutachten von unserem geschätzten Herrn Junkernheinrich und anderen kennen, der sich 2012 mal die Struktur der Kosten der Unterkunft des Landes Brandenburg angesehen hat und diese mit der in den anderen neuen Bundesländern verglichen hat. Der stellt fest, dass es bei den Kosten pro Einwohner Unterschiede zwischen den fünf Bundesländern von bis zu 50 % gibt. Bei den Fallzahlen der Bedarfsgemeinschaften innerhalb des Landes Brandenburgs gibt es teilweise Differenzen in einer Größenordnung von 40 bis 45 %.
Er geht dann darauf näher ein und schaut sich an, warum das so ist: Die Kommunen haben überhaupt keinen Gestaltungsspielraum. Zu unterstellen, dass sie durch gutes oder schlechtes Management der Leistungen zu einer entsprechenden Kostensituation beitragen, ist also völlig daneben. Anders formuliert: Diesen Spielraum haben sie nicht. Der ist im Wesentlichen durch diverse Regelungen in starkem Maße eingegrenzt ist.
Er macht diese Unterschiede fest einerseits am unterschiedlichen Mietpreisniveau und andererseits an der unterschiedlichen Personenanzahl innerhalb der Bedarfsgemeinschaften selbst. Dadurch erklären sich etwa 97 % der unterschiedlichen Kosten.
Ich hätte mich gefreut, wenn bei einem entsprechenden Aufschlag der IHK zu Köln das, was an Kenntnissen vorhanden ist, in die Diskussion eingebracht und einer entsprechenden Bewertung unterzogen worden wäre. Die Heransgehensweise, die hier gewählt worden ist, ist nicht richtig, hilft uns nicht weiter. Wenn auf dieser Grundlage eine Taskforce eingerichtet werden soll, glaube ich, dass wir Ergebnisse erzielen, die mit der Realität nicht allzu viel zu tun haben. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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