Mario Krüger: „Das ist nicht das Ende der Fahnenstange, sondern wir werden im Rahmen von Nachträgen noch weiter aufstocken“

Antrag der CDU zu Grund- und Gewerbesteuererhöhungen

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Mario Krüger (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich will nicht ganz so höflich sein. Wo ist Herr Nettekoven? – Ach, da ist er.
Ich habe mir am 29. Januar auch die Demonstration der Bergneustädter vor dem Landtagsgebäude angesehen, und ich habe in diesem Zusammenhang auch Ihren Fraktionsvorsitzenden Armin Laschet erlebt. Ich habe ihn – um einmal in dem Bild zu bleiben – als Retter der Witwen und Waisen erlebt, der dann angekündigt hat: Wir als CDU-Fraktion greifen das Ganze auf und werden das zum Gegenstand einer Debatte im Landtag machen. – So ist dieser Antrag zustande gekommen.
Schauen wir uns diesen Antrag nun einmal an. Ich beziehe mich jetzt wirklich nur auf das, was Sie darin fordern. Beispiel eins: Sie sagen, hohe Hebesätze sollten als Standortnachteil anerkannt werden, und dem solle mit geeigneten Maßnahmen entgegengewirkt werden. Ich glaube, Willi, wir sind uns darin einig, dass das ohne Zweifel ein Standortnachteil ist. Das muss man hier nicht großartig in einem Schreiben deutlich machen. Das wird, denke ich, fraktionsübergreifend anerkannt.
Aber mit welchen geeigneten Maßnahmen dem entgegengewirkt werden soll, dazu findet man nichts. Dazu steht nichts in Ihrem Antrag.
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Unbestimmte Rechtsbegriffe!)
Beispiel zwei: Sie sagen unter dem zweiten Spiegelstrich, es seien Maßnahmen zu unterlassen, die die kommunalen Haushalte belasten könnten. Welche meinen Sie denn?
Der Kollege Michael Hübner hat gerade das Thema „Flüchtlingspolitik“ aufgegriffen. Im Jahr 2014 hatten wir im Einzelplan 03, Titelgruppe Integration, 80 Millionen € für die Kosten der Unterbringung von Flüchtlingen ausgewiesen. Wir sind jetzt bei 1,94 Milliarden €, und klar ist: Das ist nicht das Ende der Fahnenstange, sondern wir werden im Rahmen von Nachträgen noch weiter aufstocken.
Wenn man den Kommunen Bergneustadt, Remscheid und Recklinghausen wirklich helfen will, dann sollte man andere Enden anpacken und sich beispielsweise auf die Frage konzentrieren, wie lange solche Verfahren dauern und wann diese Verfahren abgewickelt werden. Wir wissen aus entsprechenden Statistiken der Bundesanstalt für Migration und Flüchtlinge, dass zum Jahresbeginn 700.000 unerledigte Verfahren auf Halde liegen und dass weitere 200.000 bis 300.000 Verfahren noch gar nicht begonnen worden sind. Das löst die Kosten und die Belastung auf der kommunalen Seite aus.
Drittes Beispiel: Sie sagen, für eine bessere finanzielle Ausstattung der NRW-Kommunen sei zu sorgen. – Schön. Das unterstützen wir. Wir schreiben auch gleich unseren Wilhelm mit darunter. Ich frage mich nur, wer das Ganze angesichts Ihrer Regierungszeit in den Jahren 2005 bis 2010 fordert. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir sind schon längst dabei, und ich würde mich freuen, wenn Sie das endlich einmal wahrnehmen würden.
(Beifall von Stefan Kämmerling [SPD])
– Danke. – Herr Nettekoven, wir haben allein die Mittel im GFG 2016 gegenüber GFG 2015 um 710 Millionen € angehoben. Wir haben seit 2010 allein durch die Einbeziehung – Michael Hübner ist gerade schon darauf eingegangen – der Grunderwerbsteuer, die Sie seinerzeit herausgenommen hatten, aber auch durch die Herausnahme der Befrachtung mehr als 2 Milliarden € substanziell dem Gemeindefinanzausgleich zugeführt.
(Henning Höne [FDP]: Wer hat denn die Befrachtung erfunden?)
Insofern werden den Kommunen im Rahmen des Stärkungspaktes Finanzen mehr als 5,76 Milliarden € bereitgestellt, davon allein 4 Milliarden € an Landesgeld. Wir kümmern uns im Gegensatz zu Ihnen um die finanzielle Ausstattung der NRW-Kommunen.
Gehen wir weiter zum vierten Beispiel: Die individuelle Situation der Stärkungspaktkommunen sei zu berücksichtigen. – Ich habe mich gefragt: Was mache ich denn mit diesem Satz? Was wollen Sie uns damit sagen? Ich kann mich entsinnen, dass Sie als Fraktion den Stärkungspakt abgelehnt hatten.
Jetzt sprechen Sie sich dafür aus, dass die Stärkungspaktkommunen und deren Situation individuell berücksichtigt werden sollen. Bisher gilt für uns das Prinzip der Gleichbehandlung. Ich sähe es gerne, wenn für Bergneustadt eine Sonderregelung vereinbart werden könnte, aber Sie wissen auch, dass das schlechterdings überhaupt nicht möglich ist, weil automatisch alle anderen ähnliche Sonderreglungen fordern würden.
Insofern, Herr Nettekoven, sagen Sie Ihrem Herrn Laschet, er soll in seiner Funktion als stellvertretender Parteivorsitzender das Thema anders anpacken. Er soll einmal mit Herrn Schäuble sprechen und nachfragen, ob es denn sinnvoll ist, 12 Milliarden € Überschuss im Rahmen der Haushaltsrechnung auszuweisen. Oder er soll darüber nachdenken, inwieweit wir beispielsweise im Rahmen der Eingliederungshilfen endlich die 5 Milliarden € Kostenentlastung für die Kommunen weitergeben können oder die Anteile im Rahmen der Kosten der Unterkunft für NRW anheben oder das Thema „Integration und Flüchtlingsunterbringung“ besser ausstatten, als es momentan der Fall ist.
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Mario Krüger (GRÜNE): Vielen Dank.
(Beifall von Stefan Kämmerling [SPD])