Marc Zimmermann: „Die FDP sollte sich fragen, wie es denn überhaupt zu dem Stau an Anträgen gekommen ist“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu Meister-BaföG

Portrait Marc Zimmermann

Marc Zimmermann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Das Aufstiegs-BAföG ist ein wichtiger und wesentlicher Baustein, um dem drohenden Rückgang an Handwerksunternehmen in den nächsten Jahren ansatzweise entgegenzuwirken. Bis hierhin kann ich der Argumentation des FDP-Antrags folgen. Dann wird dort allerdings die bereits durch das AWIKE zur Verfügung gestellte Antwort auf eine Berichtsanfrage eben jener Fraktion zum selben Thema ignoriert, eine Antwort, die sich mir auch aus zahlreichen Gesprächen mit dem Regierungspräsidenten, der Bezirksregierung und weiteren relevanten Akteuren ergeben hat.

Es ist nämlich nicht so, wie es der Antrag der FDP suggeriert, dass die schwarz-grüne Landesregierung die Situation verkannt hätte. Im Gegenteil: Die Landesregierung hat diese Situation genau erkannt und gleich nach Aufnahme ihrer Arbeit längst überfällige Nachbesserungen vorgenommen.

(Lena Teschlade [SPD]: Das stimmt nicht!)

So hat sie gemeinsam mit der Bezirksregierung Köln als genehmigender Behörde durch externe Dienstleister für eine personelle Aufstockung gesorgt. Denn es galt die bis Mai 2022 aufgelaufenen Anträge – wir reden hier von einer fünfstelligen Zahl – möglichst zügig abzuarbeiten.

(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])

Bereits im Nachtragshaushalt 2022 wurden parallel dazu 24,5 neue Stellen geschaffen, um die Personaldecke der Bezirksregierung dauerhaft zu kräftigen.

Hier komme ich noch einmal auf die Bemerkung „längst überfällig“ zurück. Die FDP sollte sich fragen, wie es denn überhaupt zu dem Stau an Anträgen gekommen ist.

(Yvonne Gebauer [FDP]: Das weiß die FDP!)

Im Sommer 2020 hat der Bund eine Novellierung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes beschlossen. Es wurden unter anderem neue Bezugsberechtigte aufgenommen und Bemessungsgrundlagen geändert. Eine solche Ausweitung der Bezugsberechtigten – dazu braucht man kein Experte zu sein – führt natürlich auch zu einer Erhöhung von Antragszahlen. Tatsächlich hat die Bezirksregierung Köln 2019 bis 2021 einen Anstieg der Antragszahlen von bis zu circa 4.000 pro Jahr verzeichnet. Das war eine Steigerung von 25 % , die sich aber bis zum Ende der letzten Legislaturperiode nicht in der Ausgestaltung der Personaldecke der Bezirksregierung wiedergefunden hat.

Laut einem Schreiben eben jener Bezirksregierung konnte das erforderliche Personal zur Bearbeitung des erhöhten Antragsaufkommens seinerzeit nicht zur Verfügung gestellt werden, sodass sich im Laufe der Zeit immer größere Rückstände gebildet haben. Warum das unter den zuständigen FDP-geführten Ministerien für Schule und Wirtschaft zwischen 2020 und 2022 nicht möglich war, konnte mir nicht gesagt werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsident Christof Rasche: Entschuldigung. Herr Zimmermann, es liegt der Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Brockes vor.

Marc Zimmermann (GRÜNE): Bitte.

Vizepräsident Christof Rasche: Dann geht es jetzt los.

Dietmar Brockes (FDP): Vielen Dank, Herr Kollege Zimmermann, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich denke – deshalb werde ich das nicht fragen –, dass Sie mir zustimmen, dass die grün-schwarze Landesregierung seit 20 Monaten im Amt ist.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Darüber sind wir auch sehr froh! – Thorsten Klute [SPD]: Das gilt nicht für alle!)

Ich glaube, dass der Zeitraum eigentlich reichen könnte, um vorherige Mängel, wenn sie denn vorhanden waren, abzustellen. Ich habe eben das Beispiel von einem Gesellen gebracht, der mir gestern geschrieben hat und in eineinhalb Jahren bis heute keine Antwort bekommen hat. Deshalb meine Frage: Glauben Sie, dass die ganzen Maßnahmen, die Sie eben aufgeführt haben, schon zum Erfolg geführt haben? Woran kann es liegen, dass es immer noch nicht zum Erfolg geführt hat?

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Drei Fragen! Du kannst dir eine aussuchen!)

Vizepräsident Christof Rasche: Jetzt kommen wir zur Antwort. Bitte sehr.

Marc Zimmermann (GRÜNE): Vielen Dank für die Frage, Herr Brockes. Allerdings steht die Antwort bereits in dem Antwortschreiben auf die Berichtsanfrage, die Sie an das MWIKE gestellt haben.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Dort ist es schon geschrieben worden. Auf den konkreten Einzelfall, den Sie erwähnen, kann ich jetzt nicht Bezug nehmen, weil ich die Hintergrundinformationen nicht habe,

(Dietmar Brockes [FDP]: Das ist die Regel!)

wie es dazu kam, dass jene Person zu denjenigen gehört. Ich sprach eben von einer fünfstelligen Zahl an Anträgen, die bis Mai 2022 liegengeblieben sind. Heute sprechen wir von 600 Anträgen, die laut Bezirksregierung noch nicht beschieden werden können, weil sie unvollständig sind. Ich muss annehmen, dass diese Person, von der Sie sprechen, zu diesen 600 Personen gehört. Anders kann ich es mir nicht erklären. Insofern ist das meine Antwort auf Ihre Frage; hoffentlich beantwortet es das.

(Beifall von den GRÜNEN und Matthias Goeken [CDU])

Die neue Landesregierung hat dagegen – ich komme noch einmal darauf zurück –, wie vorhin beschrieben, die Anpassung mit dem Nachtragshaushalt 2022 umgehend vorgenommen. Dass eine solche Anpassung ein fortlaufender Prozess ist und nicht alle Anträge von heute auf morgen abgearbeitet sind – das beantwortet Ihre Frage noch einmal –, brauche ich nicht extra zu erwähnen.

Erwähnen möchte ich aber, dass die Zahl der Altbestände an Anträgen heute fast abgearbeitet ist. Vollständige Anträge werden nun innerhalb der gesetzten Frist von zwölf Wochen beschieden. Auch das geht bereits aus der Beantwortung der Berichtsanfrage hervor.

Ich möchte auf ein weiteres Problem eingehen, das von der FDP in ihrem Antrag angesprochen wird. Es ist tatsächlich so, dass Anträge von angehenden Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern durch die Kammern vorgeprüft und erst bei Vollständigkeit eingereicht werden. Das verkürzt theoretisch die Bearbeitungszeit. Praktisch bleibt allerdings der nicht durch die Kammern vorgeprüfte Anteil der Lebenshaltungskosten. Sind die Unterlagen hier fehlerhaft oder unvollständig, kommt es zur Rückstellung des gesamten Antrags. Ich kann mich daher durchaus dafür erwärmen, dass sich die Landesregierung beim Bund für eine Änderung dieser Praxis einsetzt, damit zumindest die dem Meisterkurs direkt zugeschriebenen Kosten genehmigt werden können.

Wenn ich mir allerdings die übrigen Beschlusspunkte Ihres Antrags ansehe, dann muss ich sagen, dass Sie ein System verändern wollen, das von der Enquetekommission „Zukunft von Handwerk und Mittelstand“ bereits 2017 als tragfähig anerkannt wurde. Nach der – ich wiederhole mich – längst überfälligen Nachjustierung im Bereich der personellen Ausstattung der Bezirksregierung wird diese zukünftig auch in der Lage sein, die Anträge fristgerecht zu bearbeiten.

Ich kann Ihnen als Sprecher für Handwerk und Mittelstand meiner grünen Fraktion versichern, dass ich auch die weitere Entwicklung eng verfolgen werde, wie ich es bereits in den vergangenen Monaten getan habe. Ihren Antrag lehnen wir ab, weil er ganze vier Jahre zu spät kommt. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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