Manuela Grochowiak-Schmieding: „Die Haushalte der Kommunen kollabieren unter der zunehmenden Last der Sozialleistungen“

Gesetzentwurf Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe

Manuela Grochowiak-Schmieding (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt einmal die Historie bemühen, wenngleich das Ganze durchaus noch aktuell ist: Die schwarz-gelbe Bundesregierung tut sich nach wie vor sichtlich schwer mit einer ehrlichen Analyse der Einkommens-und Vermögensverteilung in unserem Land.
Sowohl die Konzeption als auch die Analyse des 4. Armuts- und Reichtumsberichts werden offenbar zurechtgestutzt, um ein möglichst positives Bild der Lage sowie des Regierungshandelns zu zeichnen. Dementsprechend mager werden wahrscheinlich auch die Handlungsempfehlungen ausfallen.
Dabei müssen Sie eigentlich nur einmal beim Statistischen Bundesamt nachfragen – immerhin ein Bundesamt –: Es gibt Zahlen aus dem November 2012, die einen enormen Anstieg bei der Hilfe zum Lebensunterhalt sowie bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung aufzeigen. Die Zahl der Empfänger stieg seit 2006 um 24,7 % auf über 952.000 Personen.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 9. Februar 2010 die Berechnung der Regelsätze für grundgesetzwidrig erklärte, wurde ein Handlungsbedarf ausgelöst. Ich denke, das sollte man im Gesamtzusammenhang dieser Gesetzgebung nicht vergessen. Im Kern änderte sich bislang allerdings nichts an der Berechnungsgrundlage des Regelsatzes, sodass ihm auch weiterhin große verfassungsrechtliche Risiken anhaften.
Wie weit man mit 382 €, dem Höchstsatz für Haushaltsvorstände und Alleinstehende, kommt, kann sich jede und jeder von Ihnen einmal selbst vor Augen führen.
Dass wir heute die Änderung des Landesausführungsgesetzes zum SGB XII in der zweiten Lesung behandeln, liegt in der von einer großen Mehrheit des Bundestages getragenen Änderung des SGB XII begründet.
Mit dieser Gesetzesänderung – das ist bereits gesagt worden – übernimmt der Bund die Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, in diesem Jahr zunächst für 75 %, ab dem nächsten Jahr dann zu 100 %.
Städte und Gemeinden – auch das ist schon gesagt worden – werden hierdurch ganz massiv entlastet. Das ist gut so; denn die Kommunen sind nicht verantwortlich für Altersarmut und prekäre Beschäftigungssituationen. Vielmehr steht hier der Bund in der Verantwortung. Damit hat er auch die gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.
Die Haushalte der Kommunen kollabieren unter der zunehmenden Last der Sozialleistungen, die allein bei der Grundsicherung mittlerweile über 4 Milliarden € ausmachen.
Vermittlungsausschuss, Bundesrat, Druck der Städte und Gemeinden und Verhandlungen der rot-grün regierten Bundesländer mit Frau Merkel und ihrer schwarz-gelben Koalition haben letztlich Bewegung in die Sache gebracht und das Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt.
Zuletzt konnten in zähen Verhandlungen die Festlegung der Regionalsätze und die Spitzabrechnung erreicht werden. Leider kommt es nur zu einer dreimonatlichen Auszahlung an die Länder statt einer monatlichen, was bedeutet, dass die Kommunen in Vorkasse treten müssen.
Im Dezember letzten Jahres wurde das Bundesgesetz endlich beschlossen. Es gilt seit dem 1. Januar dieses Jahres. Der Landeshaushalt erfährt durch die höhere Bundesbeteiligung keine finanzielle Entlastung – das ist bereits erwähnt worden –; die Mittel gehen zu 100 % vollständig an die Kommunen und werden entsprechend weitergeleitet.
Gleichwohl gibt es einen hohen Verwaltungsaufwand durch Abruf und Verteilung der Mittel sowie die umfangreiche Prüfung der Rechtmäßigkeit bei der Mittelvergabe; immerhin ist das Land umfänglich haftbar.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann Weisungen erteilen und hat ein umfassendes Informations-, Prüfungs- und Aufsichtsrecht. Der Mehraufwand für die Landesverwaltung, so der Wille der Landesverwaltung, soll mit dem vorhandenen Personal bewältigt werden. Das ist sicherlich keine leichte Aufgabe.
Grundsätzlich können wir feststellen: Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat mit diesem Landesausführungsgesetz schnelle Arbeit geleistet. Durch eine Übergangsverordnung wurde eine Regelungslücke seit dem 1. Januar vermieden. Damit ist die adäquate Auszahlung der Mittel an die Kommunen gesichert. Der Bund wird zum ersten Mal Mitte März zahlen.
Dieses von der Landesregierung vorgelegte Ausführungsgesetz findet die volle Zustimmung meiner Fraktion. Ich bin sehr froh, dass diese Zustimmung auch fraktionsübergreifend der Fall zu sein scheint. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)

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