Manuela Grochowiak-Schmieding: „Aber es trifft vor allem diejenigen, um die es hier eigentlich geht, nämlich die Kinder und Jugendlichen, die in Familien mit prekärer Einkommenslage leben.“

Antrag der CDU zum Bildungs- und Teilhabepaket

Manuela Grochowiak-Schmieding (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es könnte alles so einfach sein: Die Bundesregierung stellt den Kommunen für einen bestimmten Zweck Geld zur Verfügung, die Städte und Gemeinden nehmen das Geld, und setzen es zielgerichtet und zweckgemäß ein.
(Vereinzelt Beifall von der CDU)
Alles wäre gut.
Tatsächlich finden die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabegesetz sehr unterschiedliche Anwendungen. Das reicht vom überdurchschnittlichen Einsatz bis hin zum unterdurchschnittlichen Einsatz. Da ist es eigentlich ziemlich egal, und es spielt überhaupt keine Rolle, ob die Kommune reich ist oder ob sie arm ist, ob sie ein Ballungszentrum darstellt oder im ländlichen Raum liegt.
Warum ist das so? Einerseits haben wir es hier mit der mangelnden Wahrnehmung der Hinwirkungspflicht einiger Kommunen zu tun, andererseits hat der Bund mit dem Bildungs- und Teilhabegesetz auch ein schwer verdauliches Bürokratiemonster geschaffen. Im Ergebnis werden zum einen diejenigen, die davon profitieren sollen, nicht ausreichend erreicht; zum anderen gibt es die sehr engagierten Kommunen, die ihre Fördermittel zu 100 % zweckentsprechend einsetzen, aber auch die Kommunen, die diese Mittel nur zum Teil zweckentsprechend einsetzen und den Rest im Haushalt versacken lassen.
In dieser Gemengelage – und spätestens jetzt – könnte die Bundesregierung ein eher wenig wirksames Gesetz nachbessern oder aber wenigstens Mechanismen einschalten, die dazu führen, dass das Geld tatsächlich an die richtige Adresse gelangt.
Was macht die Bundesregierung stattdessen? Sie hat die Fördermittel reduziert. In NRW macht dies einen Verlust von gut 37 % der ursprünglichen Fördersumme aus, und das vor dem Hintergrund, dass die ursprüngliche Fördersumme ohnehin schon nicht ausgereicht hat, um den Anspruch zu 100 % zu erfüllen.
Ich möchte dies an einem Beispiel deutlich machen. Die Stadt Münster ist in dieser Angelegenheit sehr aktiv und verausgabt fast 100 % der Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zielgerichtet, um die Probleme der Betroffenen zu mildern. Sie führt dabei ein sehr enges Berichtswesen und kann nun belegen, dass sie tatsächlich nur ein Drittel der Anspruchsberechtigten mit dem vom Bund zur Verfügung gestellten Geld versorgen kann.
Es lohnt sich also durchaus, etwas genauer hinzuschauen: Die Städte und Gemeinden erhalten weniger Bundesmittel aus dem BuT; Leidtragende sind hier zugegebenermaßen insbesondere die sehr aktiven Kommunen; da sind wir uns sicherlich alle einig. Aber es trifft vor allem diejenigen, um die es hier eigentlich geht, nämlich die Kinder und Jugendlichen, die in Familien mit prekärer Einkommenslage leben.
Das Bundesverfassungsgericht hat 2010 deutlich gemacht, dass sich aus dem Grundgesetz ein Grundrecht auf die Teilhabe an der Gesellschaft – also auf ein sozio-ökonomisches Existenzminimum – ableitet. Insbesondere für Kinder muss dieses Recht gewährleistet werden, was unter anderem in einem anderen Regelsatzmodell zum Ausdruck kommen sollte.
Die bisherige schwarz-gelbe Bundesregierung hat jedoch nicht die Regelsätze für Kinder angehoben, sondern das BuT kreiert. Da reicht es aber an dieser Stelle leider nicht aus, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das Land zu beauftragen, die Mittel anders zu verteilen, als das bisher geschehen ist.
Ich finde, es ist schon eine sehr schwere Aufgabe, Mittel gerecht zu verteilen, die ohnehin schon nicht ausreichen und die dann noch gekürzt werden. Es ist auch zu kurz gegriffen. Tatsächlich müssen wir uns doch fragen, ob mit der Kürzung des Anteils an den Unterkunftskosten von 5,4 % auf 3,4 % für NRW die Intention des Verfassungsgerichtsurteils nicht unterlaufen wird.
Diese Frage und die Frage, wie bisher gering engagierte Kommunen motiviert und unterstützt werden können, sowie die Frage, wie diese Bundesmittel verteilt werden können, sollten uns in den Ausschüssen beschäftigen. Ich freue mich sehr auf die Diskussion mit Ihnen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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