Lena Zingsheim-Zobel: „Wir priorisieren in dieser Koalition Bildung, Kinder und Jugendliche“

Zu Antrag und Großer Anfrage der SPD-Fraktion zum Offenen Ganztag

Portrait Lena Zingsheim-Zobel

Lena Zingsheim-Zobel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich teile einen grundsätzlichen Anspruch mit den Kolleginnen der SPD. Das Ziel, Chancengleichheit in der Bildung zu ermöglichen, ist mein Antrieb.

Ein beitragsfreier Zugang zur OGS in ganz NRW wäre großartig. Das sehen nicht nur Sie, liebe SPD, so. Das würden viele Personen in diesem Raum mit Sicherheit auch begrüßen. Aber wie soll das funktionieren?

Wir priorisieren in dieser Koalition Bildung, Kinder und Jugendliche. Das bedeutet in dieser finanziellen Lage nicht, dass wir die Möglichkeit haben, Mittel zu verausgaben, die nicht da sind.

(Beifall von den GRÜNEN und Bianca Winkelmann [CDU])

In dem Zusammenhang stellt sich für mich auch die Frage, ob die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form Bestand haben kann. Wenn wir die Forderungen aus dem SPD-Antrag umsetzen würden und den Ganztag beitragsfrei machen würden, dann würde das entweder massive Kürzungen im Landeshaushalt an anderer Stelle oder eine drastische Mehrbelastung der Kommunen bedeuten.

Wir müssen Entscheidungen treffen, die für einige Organisationen und Initiativen harte Einschnitte bedeuten. Diese Einschnitte sind in der Folge auch von gesamtgesellschaftlicher Relevanz. Sie machen hier den zweiten vor dem ersten Schritt. Ich werde Ihnen gleich sagen, warum.

(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Sie machen leider überhaupt keine Schritte!)

Es scheint Ihnen grundsätzlich am Verständnis dafür zu fehlen, in welcher Lage wir uns miteinander befinden. Gerne helfe ich Ihnen da weiter. Noch nie in Nordrhein-Westfalen ist eine so große Summe für Bildung ausgegeben worden: 42 Milliarden Euro von insgesamt 105,5 Milliarden Euro sind für den Bildungsbereich vorgesehen. Das sind noch einmal 2,7 Milliarden Euro mehr, als wir in diesem Jahr ausgeben.

Trotz dieser enormen Aufwendungen ist es nicht genug. Das ist schlimm und kein guter Befund. Ich hatte gehofft, dass Ihnen bewusst ist, dass es so um den Haushalt bestellt ist, und wir deshalb alle von Traumvorstellungen wie beitragsfreiem Ganztag absehen würden. Leider scheint das nicht der Fall zu sein. Der erste Schritt ist deshalb, nun erst einmal ausreichend OGS zu schaffen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Dilek Engin [SPD]: Sie haben ja gar keine Plätze geschaffen! Wo sind denn die Plätze?)

Im zweiten Schritt befassen wir uns dann gerne mit weiteren, auch mit qualitativen Standards. Denn man kann gar nicht kleinreden, dass die Bildungskosten in den vergangenen Jahren gestiegen sind. Das ist offensichtlich. Wir dürfen aber auch nicht kleinreden, dass wir, dass Kommunen und Träger von OGS und Schule keineswegs besonders bedürftige Familien einfach auf der Strecke lassen.

Durch die Bildungs- und Teilhabemittel werden die Kosten für das Mittagessen mittlerweile in voller Höhe übernommen. Die Finanzierungslage ist – wie so oft – differenzierter zu betrachten.

Zu allen weiteren Punkten rund um das von Ihnen geforderte Ausführungsgesetz, liebe SPD, verweise ich gerne auf vergangene Plenardebatten. Jetzt möchte ich die Zeit nämlich nutzen, um auf die Antworten auf die Große Anfrage einzugehen.

An dieser Stelle möchte ich der Landesregierung für die Beantwortung und die Darstellungen danken. Vorweg: Wir haben erkannt, dass die Finanzierung im Bildungsbereich in einer Schieflage ist. Genau deshalb haben wir uns bereits im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Schulfinanzierung unter die Lupe zu nehmen. Dazu wurden vonseiten des Schulministeriums zwei Gutachten beauftragt.

Es ist richtig, dass auch der Bund in die Bildungsfinanzierung einsteigt. Wir müssen Bildung als gemeinsame Aufgabe verstehen, denn wir brauchen überall fitte junge Menschen. Wie wichtig diese gemeinsame Aufgabe ist, wird gerade exemplarisch bei der Digitalisierung an unseren Schulen deutlich.

Oder krasser gesagt: Wir haben 2024, und noch immer hat nicht jedes Schulkind den gleichen Zugang zu digitalen Endgeräten. Wir brauchen einen Digitalpakt 2.0, sehr geehrte Damen und Herren. Liebe Grüße an meine Ampel-Kolleginnen!

Schule ist wahnsinnig komplex, jede einzelne Schule für sich. Wie soll es dann schulorganisatorisch im Größeren anders sein? Das wird in der Beantwortung noch einmal klar. Letztlich interessiert es keine Schülerin und keinen Schüler, wer die Schulsozialarbeit an der Schule oder die Inklusionsassistenz in der Klasse bezahlt. Was sie interessiert, ist, dass sie da sind. Es ist unser Job, das möglich zu machen.

Es ist mir besonders heute, am Welttag der seelischen Gesundheit, wichtig, darauf hinzuweisen, denn die Zahl der an Depressionen erkrankten Menschen ist auf einem Allzeithoch, auch bei Schüler*innen.

Deswegen müssen wir eine Schule anbieten, die funktioniert; eine Schule, die für Schüler*innen ein ganzheitlicher Lebensraum anstatt ein Ort des Drucks ist.

Unser Job ist es, für genügend OGS-Plätze zu sorgen, damit Eltern arbeiten können, ohne unter dem Druck zu stehen, sich zu fragen, wo sie ihre Kinder in dieser Zeit unterbringen.

Sie sprechen davon, dass bereits in zweieinhalb Jahren 590.000 Plätze nötig seien und beziehen sich dabei auf eine Pressemitteilung des Schulministeriums im Juli. Bitte lesen Sie gründlich: Die benötigten Plätze werden im Endausbau nötig sein. Sehr geehrte Kolleginnen der SPD, wir reden hier über das Schuljahr 2029/2030 und nicht über das Schuljahr 2026/2027.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Insgesamt hakt es mir in diesem Antrag an zu vielen Stellen. Deswegen lehnen wir ihn ab.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Dilek Engin [SPD]: Machen Sie doch einen besseren!)

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