Lena Zingsheim-Zobel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns ist daran gelegen, für mehr Bildungsgerechtigkeit zu sorgen. Diese werden wir langfristig nur erreichen, wenn wir dafür den Personalmangel an unseren Schulen in den Griff bekommen. Sie müssen gleichzeitig aber auch deshalb keine Sorge haben, die schwarz-grüne Landesregierung blendete das Problem aus, weil wir durchaus auf dem Weg sind.
Sie kennen die Auswirkungen offensichtlich auch, wie Ihrem Antrag zu entnehmen ist, in dem Sie Zahlen zitieren und die bereits angegangenen Lösungen kommentieren. Zu diesen Lösungen gehört das Handlungskonzept Unterrichtsversorgung. Das Konzept ist nicht nur beliebt. Ich möchte mich gar nicht davor drücken, auch das zu benennen. Besonders das Verfahren der Abordnungen sorgt teilweise für Unmut. Wir greifen aber zu notwendigen Maßnahmen, um einer Notlage zu begegnen und dort für Entlastung zu sorgen, wo es am nötigsten ist.
Vielleicht hätten Sie, liebe SPD, sich für andere Maßnahmen entschieden. Ich bin aber sicher, dass auch Sie zu dem Entschluss gekommen wären, dass es in der aktuellen Situation Entscheidungen gebraucht hätte, die nicht alle Personen maximal glücklich machen. So definieren sich wohl Kompromisse.
Wir sind also in dem Befund, dass wir den Personalmangel im Bildungssystem beheben wollen, einig. Ich will mich heute nicht weiter mit Ihnen über die Beschreibung der Ausgangslage streiten oder mich in Gegenvorwürfe verstricken. Ich bin dem Kollegen Florian Braun ausdrücklich dankbar, dass er da schon vieles Richtiges geradegerückt hat.
NRW hat auch im aktuellen ifo Bildungsbarometer erneut nicht so abgeschnitten, wie wir alle es uns wünschen würden. Erfreulich ist es immerhin, zu sehen, dass auch in Nordrhein-Westfalen umgesetzte Maßnahmen wie regelmäßiges Lesetrainings breite Zustimmen finden.
Die andere Seite der Medaille ist, dass die Bevölkerung unsere eigenen Sorgen teilt. Rund 80 % der Befragten gibt an, dass sie erwarten, zukünftige Schüler*innen-Leistungen durch Lehrkräftemangel beeinflusst zu sehen.
Deshalb finde ich es gut, dass wir über Ihren Antrag und über die damit verbundenen Vorschläge im Schulausschuss weiter diskutieren. Ich sehe dort auch Punkte, die ich sehr gern mit Ihnen besprechen und ausarbeiten möchte. Dazu gehören die Weiterentwicklungsmöglichkeiten für die HSU-Lehrkräfte, die intensive Beschäftigung mit der Weiterentwicklung der Lehramtsausbildung, das Nachdenken über die weitere und noch bessere Einbindung von Fachkräften im Sinne des Auf- und Ausbaus qualitativ hochwertiger multiprofessioneller Teams. Auch das Thema „Besoldung“ sollte nicht in Vergessenheit geraten.
Ja, wir müssen noch mehr tun. Sie stellen die Frage: Wie viele Lehrkräfte müssen noch den Dienst quittieren, damit die Landesregierung endlich die Attraktivität stärkt? – Fragen wie diese verkennen, dass wir hier längst auf dem Weg sind und was für eine Kraftanstrengung entsprechende Anpassungen finanziell bedeuten. Die Einführung von A13 in der Primarstufe und in Sekundarstufe 1 fällt zu Unrecht in Ihren Darstellungen unter den Tisch.
Sie wollen, dass die Attraktivität des Lehrkräfteberufs gestärkt wird. Dazu gehört auch, dass wir alle nicht durchgehend betonen, wie schrecklich angeblich alles ist. Lehrerin zu sein, ist trotz aller Widrigkeiten ein schöner Beruf. Das wissen Sie, Frau Engin, genau so wie ich. Lassen Sie uns das doch besser kommunizieren.
Lassen Sie uns zum Beispiel anfangen, nicht nur zu problematisieren, welche Herausforderungen durch Quereinsteigende entstehen, sondern lassen Sie uns wertschätzen, wie großartig es eigentlich ist, dass so viele Menschen auf unseren Ruf reagieren, dass wir an den Schulen Personal brauchen und Schülerinnen und Schülern noch mehr Perspektiven bringen, Menschen, die sich ganz neu einarbeiten an einem Punkt in ihrem Leben, an dem Sie sich beruflich eigentlich schon gefunden hatten – und das in Zeiten, in denen der allgemeine Fachkräftemangel sicherlich nicht für eine Arbeitsmarktlage sorgt, die durch äußere Umstände zu solchem Umschwingen zwingt.
Unsere schwarz-grüne Koalition hat diese Wertschätzung bereits im vergangenen Jahr durch unseren Antrag zur Fachkräfteoffensive zum Ausdruck gebracht, in dem wir unter anderem gefordert haben, Verbesserungen bei der Entfristung von Vertretungslehrkräften zu erwirken, die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen zu beschleunigen und mehr Perspektiven für den Seiteneinstieg zu bieten.
Und anstatt darüber zu lamentieren, dass das Handlungskonzept Unterrichtsversorgung sich nicht als magisches Wundermittel entpuppt hat, das von heute auf morgen neue Lehrkräfte in die Klassenzimmer gezaubert hat, sollten wir den positiven Trend respektieren.
Wenn wir unsere Energie nicht länger darauf verschwenden, die Lage an den Schulen, die ja in Teilen schwierig genug ist, aktiv schlechtzureden, dann ist das schon eine Maßnahme zur Attraktivitätssteigerung des Lehrberufs.
Alles Weitere machen wir dann im Ausschuss. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)