Lena Zingsheim-Zobel: „Eine umfassende Bewertung sollte die individuellen Fähigkeiten, den Lernprozess und die kreativen Aspekte der Schüler*innen besser berücksichtigen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu Leistung in der Schule

Portrait Lena Zingsheim-Zobel

Lena Zingsheim-Zobel (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Schülerinnen und Schülern innere Motivation zum Lernen zu ermöglichen, in der Schule die innere Motivation zu entdecken und dann intrinsisch lernen zu können, ist ein wahrlich erstrebenswertes Ziel. Wenn der Wissensdurst zu einem inneren Antrieb würde, den man in der Schule stillen könnte … Sie merken: ein bisschen zu viel Konjunktiv.

Liebe FDP, das war dann auch schon der einzige Zweck des Antrags, mit dem wir übereinstimmen.

Der vorgelegte Antrag trägt den Titel „Mehr Lust auf Leistung in der Schule!“, fokussiert sich jedoch primär darauf, von außen mehr Druck auf die Schüler*innen auszuüben.

Die Frage, wie wir mehr Lernmotivation erreichen, sollte allerdings nicht mit dem Aufbau von weiterem Druck auf die Schultern unserer Jugendlichen beantwortet werden. Passender wäre daher der Titel „Mehr Druck in den Kessel“.

(Beifall von Wibke Brems [GRÜNE])

Es liegt in unserer Verantwortung, sicherzustellen, dass Bildung nicht nur quantitativ, sondern vor allem qualitativ vorangetrieben wird. Wir müssen dabei leider die Realität anerkennen, dass unsere Jugendlichen bereits einem erheblichen externen Druck ausgesetzt sind.

Studien zeigen, dass hohe Leistungserwartungen die Schüler*innen mehr Stress aussetzen. Wir wissen auch, dass die Coronapandemie psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen erheblich verstärkt hat. Insbesondere in inklusiven Settings wird deutlich, dass der Druck von außen eher hinderlich als förderlich ist.

Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnissen benötigen eine individuelle und unterstützende Lernumgebung, die es ermöglicht, auf ihre Fähigkeiten und Potenziale einzugehen. Ein einseitiger Fokus auf äußeren Druck führt zu ungewollten Nebenwirkungen und gefährdet den Bildungserfolg. Aber um diese Schüler*innen geht es der FDP ja gar nicht.

Die aktuelle Bildungsforschung unterstreicht eindeutig, dass die innere Motivation zum Lernen einen entscheidenden Einfluss auf den Bildungserfolg hat. Anstatt also den Fokus verstärkt auf äußeren Druck zu legen, sollten wir Maßnahmen ergreifen, um die intrinsische Motivation unserer Schüler*innen zu fördern. Ein nachhaltiger Lernerfolg basiert auf einer inneren, persönlichen Neugier und Begeisterung für das Lernen. Das erreichen wir nicht durch die weitere Förderung von Schulwechseln.

Schauen Sie gerne einmal in den Koalitionsantrag, liebe FDP. Dort ist bereits festgehalten,

(Zuruf von Franziska Müller-Rech [FDP])

dass Schulwechsel im Rahmen eines pädagogisch sinnvollen Maßes bleiben sollen. Dass ein übermäßiger Wechsel von Schulen nicht nur die Lernmotivation beeinträchtigen kann, sondern auch soziale Bindungen und Kontinuität im Bildungsverlauf gefährdet, muss hier gar nicht mehr aufgeführt werden.

Von einem solchen, sicher immer sinnvollen Praxisabgleich ist in Ihrem Antrag jedoch nichts zu lesen.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Ohne diese Grundlage kann ich allerdings keinen Anlass für akuten Handlungsbedarf erkennen.

Außerdem sollte es nicht nur unser Ziel sein, Noten als Bewertung noch stärker zu verfestigen. Die Bildungsforschung gibt klare Hinweise darauf, dass alternative Methoden zur Leistungsbewertung und -prüfung sinnvoller sind. Eine umfassende Bewertung sollte die individuellen Fähigkeiten, den Lernprozess und die kreativen Aspekte der Schüler*innen besser berücksichtigen. Deswegen bin ich froh, dass Ministerin Feller bereits eine Arbeitsgruppe im Ministerium installiert hat, die sich genau dessen annimmt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Benotungen scheinen eine Vergleichbarkeit zu erschaffen, leider ohne diesen Anspruch einhalten zu können.

Ich freue mich bei der Vielzahl von kontrovers diskutierbaren Punkten auf die weitere Debatte im Ausschuss. Wir stimmen der Überweisung deshalb selbstverständlich zu.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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