Laura Postma (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Der 23. August 2024 ist ein Tag, der sich in unser aller Gedächtnis eingebrannt hat, der Tag, an dem in Solingen bei einem terroristischen islamistischen Anschlag drei Menschen getötet und acht weitere verletzt wurden.
Einen Menschen zu verlieren, ist immer schmerzhaft. Verliert ein Mensch aber durch einen Terroranschlag sein Leben, mischen sich der Schmerz und die Trauer mit Wut, Verzweiflung, Fassungslosigkeit und natürlich dem Wunsch nach Aufklärung: Wie konnte so etwas passieren?
Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind weiterhin bei Ihnen und Ihren Familien und Freunden. Es ist unbeschreiblich, was Sie erleiden müssen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Als demokratische Vertreterinnen und Vertreter dieses Landes haben wir eine Verantwortung. Genau deshalb haben wir sehr schnell klargemacht, dass die Hintergründe dieses Terroranschlags parlamentarisch aufgearbeitet werden müssen, auch um die Chance zu haben, Lehren für die Zukunft hieraus zu ziehen.
Bei dieser Aufarbeitung müssen wir uns die Frage stellen, worum es hier geht. Geht es darum, mit dem Finger aufeinander zu zeigen und damit aus Sicht der Opposition politische Erfolge zu erzielen? Ich bin davon überzeugt, damit wäre den Menschen nicht geholfen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Denn es geht doch vielmehr darum, sich das komplexe System unserer Behörden anzuschauen und durch den Untersuchungsausschuss dazu beizutragen, dass Abläufe verbessert werden. Der Blick zurück dient vor allem dazu, die Zukunft besser zu gestalten. Nach Ihrem letzten Auftritt gerade eben stellt sich mir schon die Frage, ob Ihnen an dieser echten Aufklärung wirklich gelegen ist.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
So nachvollziehbar der Wunsch nach Sicherheit, nach einem „So etwas darf sich einfach nicht wiederholen“ ist, so klar ist auch, wenn man ganz ehrlich darauf blickt: Wir werden niemals hundertprozentige Sicherheit garantieren können. Aber wir können alles dafür geben.
Die Sicherheitsbehörden vermelden seit Jahren eine hohe abstrakte Terrorgefahr durch den Islamismus. Der Anschlag in Solingen war der zweite islamistische Anschlag, der in den letzten zwei Jahren bei uns in Nordrhein-Westfalen ausgeführt werden konnte. Jeder Anschlag ist einer zu viel. In diesen zwei Jahren konnten die Sicherheitsbehörden aber auch mindestens vier weitere islamistische Anschlagsplanungen vereiteln, darunter auch die Planung eines Anschlags auf den Kölner Dom im Dezember 2023.
Unsere Behörden leisten damit einen enorm wichtigen Beitrag, um unser aller Sicherheit zu gewährleisten. Expertinnen und Experten weisen in Fragen der Terrorgefahr auf mehrere Aspekte und Entwicklungen hin.
Das Lagebild Islamismus von Mai dieses Jahres beschreibt den Islamismus als „auf dem Vormarsch“. Das Ziel des sogenannten IS ist dabei ganz klar, Angst und Schrecken zu verbreiten, und das immer häufiger mit einfachsten Mitteln und immer häufiger durch Einzeltäter, die immer jünger werden. Sie radikalisieren sich immer häufiger über das Internet. Die Kommunikationswege sind dabei längst digital.
Deshalb ist es gut, dass wir uns im Untersuchungsausschuss die Fragen stellen, welche Erkenntnisse bezüglich Radikalisierungstendenzen insbesondere männlicher junger Menschen unabhängig von ihrer Herkunft vorliegen, welche Rolle dabei Social Media und Internetforen zukommt, wie es aber auch in unserem derzeitigen System so weit kommen konnte, dass sich der mutmaßliche Attentäter Issa al-H. offenbar so radikalisieren konnte.
Für uns Grüne ist dabei völlig klar: Es braucht eine differenzierte Betrachtung von Islamismus und Islam. Es darf keine pauschale Verurteilung von Geflüchteten oder von Musliminnen in unserem Land allein aufgrund ihres Glaubens geben.
Es wird unsere Aufgabe als Demokratinnen und Demokraten sein, diese Unterscheidung immer wieder klarzumachen und uns damit dem Hass in den Weg zu stellen.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Für uns ist also klar: Die Aufklärung der Hintergründe des Terroranschlags vom August 2023 erfordert die Zusammenarbeit aller demokratischen Fraktionen.
Deswegen kann ich nur nochmals ganz eindringlich sagen: Lassen Sie uns in diesem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gemeinsam mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Sorgfalt zusammenarbeiten. Politische Profilierungen würden den Opfern und Angehörigen schlichtweg nicht gerecht werden. Wir sind dazu bereit, genau das zu tun. Das sind wir den Menschen schuldig. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)