Karin Schmitt-Promny: „Wünschenswert ist, dass alle Schulen sonderpädagogische Förderung sicherstellen können“

Antrag der PIRATEN zur Sonderpädagogischen Förderung

Karin Schmitt-Promny (GRÜNE):Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Piraten fordert, dass die sonderpädagogische Förderung sicherzustellen ist. In dieser Zielsetzung sind wir uns doch alle einig. Da stellt sich die Frage, ob dieser Antrag vonnöten ist.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ja!)
Der Antrag greift ein Schreiben der Bezirksregierung auf. Der Inhalt ist inzwischen hinlänglich bekannt. Ich möchte aber auch darauf verweisen, dass die Bezirksregierung versucht hat, eine Lösung zu schaffen. Sicher gilt es zu klären, warum diese Situation entstanden ist.
Aber das Schreiben will doch erreichen, dass die sonderpädagogische Förderung für die betroffenen Kinder sichergestellt wird, und zwar auch an den Schulen, an denen es bisher noch keinen gemeinsamen Unterricht gibt. Diese Zielsetzung ist unseres Erachtens im Sinne der Kinder absolut zu begrüßen.
Erinnert sei daran, dass die Kinder, die jetzt nicht vorrangig einem AO-SF-Verfahren zugeführt werden, nicht ohne sonderpädagogische Unterstützung bleiben. Denn sie werden an einer Schule mit gemeinsamem Unterricht eingeschult und werden dabei an der sonderpädagogischen Förderung dieser Schule teilhaben.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Es handelt sich hier also um eine zeitliche Prioritätensetzung, damit auch an diesen Schulen ein Kontingent sonderpädagogischer Lehrerstunden zugeordnet und damit die notwendige Förderung erreicht werden kann.
(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Aus welchem Topf denn?)
Was sagt uns dann der Antrag der Piraten? Wünschenswert ist doch, dass alle Schulen sonderpädagogische Förderung sicherstellen können. Das ist doch das Ziel der Inklusion an der Schule. Aber bleiben wir doch realistisch. Wir befinden uns zurzeit auf dem Weg. Dabei sind Hindernisse zu überwinden. Festzustellen ist dabei, dass gegenwärtig zu wenige Sonderpädagoginnen zur Verfügung stehen. Es gilt, diese Ressource möglichst effizient einzubinden. Unter anderem gibt es deshalb auch Schwerpunktschulen.
Vorrangiges Ziel muss es sein und ist es, möglichst schnell mehr Sonderpädagoginnen zu gewinnen. Deshalb ist die Zahl der Studienplätze im Bereich Sonderpädagogik deutlich erweitert worden. Wesentlich ausgebaut werden soll diese Ressource zudem durch die berufsbegleitende Fortbildung zur Sonderpädagogik. Das ist vor allem deshalb notwendig, weil die zusätzlichen Studierenden sechs Jahre benötigen, bis sie dann als ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer in die Schule kommen. Kurz- und mittelfristig benötigen wir also die berufsbegleitende Fortbildung direkt im Alltag der Schulen.
Lieber Kollege, vielleicht ist es für Sie nicht uninteressant, noch einmal zurückzublicken. Auf die Zahl der zur Verfügung stehenden Sonderpädagoginnen wirkt sich negativ aus, dass auf den Beschluss der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung aus dem Jahre 2006 und die damit anstehende Übernahme in das deutsche Recht nicht vorausplanend reagiert wurde.
(Beifall von den GRÜNEN und Eva Voigt-Küppers [SPD])
Zu diesem Zeitpunkt wurde versäumt, mehr Studienplätze zur Verfügung zu stellen.
(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Genau!)
Hochmotivierten potenziellen Studenten wurde durch einen hohen Numerus clausus der Zugang zum Fach Sonderpädagogik verwehrt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dieser Fehler rächt sich heute; denn diese Studenten könnten jetzt als fertige Sonderpädagogen an den Schulen eingesetzt werden.
Heute stehen wir vor dem Problem, dass eine hohe Zahl von Kindern auf Wunsch der Eltern dem AO-SF-Verfahren zugeführt wird. Diese hohe Zahl der AO-SF-Verfahren ist ein zu hinterfragender Aspekt. Anscheinend stoßen auch die Gesundheitsämter und sonderpädagogischen Zentren, die diese Verfahren durchführen, auf Kapazitätsgrenzen. Auch hier gilt es, Ressourcen zu überprüfen.
Vor diesem Hintergrund versucht die Bezirksregierung Münster, eine Lösung für die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu schaffen. Damit verfolgt sie das Ziel, kein Kind durch das Raster fallen zu lassen. Das muss doch das Ziel der Anstrengungen aller am Prozess Beteiligter sein, für alle Kinder, die einen sonderpädagogischen Bedarf haben, die sonderpädagogische Förderung auch zu gewährleisten.
(Beifall von den GRÜNEN und Eva Voigt-Küppers [SPD])
Das ist doch auch hier im Parlament Konsens. Die Kollegin greift das auf, um zu einer weiteren Stigmatisierung der Kinder mit besonderem Förderbedarf auszuholen. Das entspricht nicht den Bemühungen vor Ort und auch nicht den Bemühungen, die wir politisch verfolgen. Deshalb stellt es auch nicht den Weg zu dem Ziel der Inklusion, den wir gegangenen sind, infrage. Ich gehe also von einem Konsens im Parlament zum Thema „Inklusion“ aus. Vor diesem Hintergrund stellen sich die Fragen: Was bringt uns der Antrag der Piraten? Wie bringt er uns weiter? Was ist seine eigenständige Zielsetzung? – Hierauf können keine Antworten geben. Deshalb lehnen wir den Antrag ab.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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