Jutta Velte: „NRW ist das Land der Vielfalt und das Einwanderungsland Nummer 1.“

HH 2012 Integration

Jutta Velte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! NRW ist ein Land der Vielfalt. Ich denke, dass es damit auch ein Land der Fantasie ist, und finde es ausdrücklich richtig, dass über die Kommunalen Integrationszentren das Geld, das wir mehr für Integration ausgeben wollen, an die Menschen in den Kommunen geht, wo die Fantasie ist, wo das zivilgesellschaftliche Engagement liegt. Ich kann es überhaupt nicht verstehen, dass die liebe Frau Güler ein so schlechtes Bild von den Menschen in den Kommunen hat.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Herr Dr. Stamp, Sie verstehe ich natürlich auch nicht. Sie loben das Kommunale Integrationszentrum zu Recht. Ich denke, dass wir Seite an Seite darauf achten werden, dass das gelingt. Trotzdem lehnen Sie den Haushalt, dessen Schwerpunkt das Kommunale Integrationszentrum ist, ab. Das kann ich zwar nicht verstehen, aber wer weiß: Vielleicht lerne ich das noch. Ich bin ja hier neu und lerne noch dazu.
NRW lebt von den Menschen. Wir sind ein Land der Vielfalt und das Einwanderungsland Nummer 1. Insgesamt müssen wir weiter daran arbeiten, dass die Integrationsprozesse in unserem Land nach vorne geführt werden. Angesichts dessen sehe ich es kontraproduktiv, dass der Konsens, der in Sachen Integrationspolitik über all die Jahre über viele Regierungen hinweg bestanden hat, durch Frau Güler mit einer sehr detailorientierten, spitzfindigen und zum Teil falschen Rede aufgekündigt zu werden droht.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Wir müssen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens die Integration weiterentwickeln. Wir müssen sie zum Beispiel in der Bildung weiterentwickeln. Denn auch dort gibt es – das ist mehrfach erwähnt worden – Benachteiligungen. Weiterentwickeln müssen wir sie in Stadtentwicklungsprozessen, im Quartiersmanagement, in den Verwaltungen, den Medien und nicht zuletzt den Parteien. Überall dort sind Migrantinnen und Migranten gemessen an ihrem Anteil in der Bevölkerung unterrepräsentiert. Deutlich wird das nicht nur hier im Landtag, sondern auch in den Räten.
Eine neue Studie „Vielfalt sucht Rat“ des Max-Planck-Instituts weist nach: Von den Ratsmitglieder der Grünen in den Kommunalparlamenten haben 8 % einen Migrationshintergrund. Das ist bei den Linken ähnlich. Bei der SPD sind es 5 %. Bei FDP und CDU sind es nur 2 %. Sie müssen schauen, dass Sie sich weiterentwickeln. Das müssen wir alle. Das belegt sehr deutlich, dass es mit der gesellschaftlichen Teilhabe von Migrantinnen und Migranten nicht weit her ist und wir bislang in allen unseren Strukturen viel Zeit mit Sonntagsreden, Lippenbekenntnissen und ideologischen Diskussionen verschwendet haben.
In diesem Haushalt wollen wir deswegen ein deutliches Zeichen dafür setzen, dass wir die Integration und die Notwendigkeiten, die wir vor Ort erkannt haben und die von den Kommunen an uns herangetragen worden sind, ernst nehmen. Ich möchte eine Lanze für die Kreise brechen. Frau Güler, Herr Dr. Stamp, es ist wirklich neu, dass wir nicht nur von den kreisfreien Städten reden, sondern dass wir Integrationsprozesse über die Kommunalen Integrationszentren in den Kreisen anstoßen wollen. Das ist wichtig, um so einen Gestaltungsprozess in Gang zu bringen.
In diesem Sinne halte ich es für sehr gut, dass wir für kommunale Integrationsarbeit insgesamt 10 Millionen € mehr ausgeben. Das ist richtig und wichtig. Das sage ich bewusst als Kommunalvertreterin.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich glaube, dass es ebenso wichtig ist, im Landtag gemeinsam darauf hinzuwirken, dass wir mehr und mehr verstehen, dass Integration eine Querschnittsaufgabe ist. Ich habe als Neuling den Haushaltsreden sehr intensiv zugehört. In kaum einer Haushaltsrede ist das Wort „Integration“ ausgesprochen worden. Dabei haben wir in vielen Einzelplänen dieses Landeshaushalts Mittel eingestellt. Wir haben zum Beispiel im Haushalt für Schule und Weiterbildung 300 Millionen € stehen, die auch für Integration genutzt werden. Wir haben in den Einzelplan für die Kultur Integrationsmittel eingestellt. Wir haben überall Integrationsmittel – insgesamt 5 % des Haushalts. Ich finde, dass dieses Hohe Haus und die Ministerien häufiger darüber sprechen sollten, damit wir Integration in diesem Haus auch leben. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)