Jutta Velte: „Muslimische Begräbnisstätten ist aus grüner Sicht einer der wichtigen Punkte, um die es geht.“

Gesetzentwurf der Landesregierung zum Bestattungsgesetz

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Jutta Velte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Post! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dieser Predigt gestatten Sie mir, dass ich Herrn Post zuerst nenne und jetzt versuche, wieder ein wenig auf den Boden des Bestattungsgesetzes zurückzukommen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Herr Post, Sie haben viel von der Kultur des Abendlandes gesprochen.
(Norbert Post [CDU]: Nur einmal!)
– Nein, Sie haben die Kultur des Abendlandes auch im Abschlussteil mehrfach erwähnt. Zur Kultur des Abendlandes gehört ja auch etwas in den Bestattungskulturen, nämlich die jüdischen Friedhöfe. Wir haben uns erklären lassen, dass die jüdischen Friedhöfe – der älteste soll wohl 1.000 Jahre alt sein und befindet sich in Worms – auch eigene Erde brauchen, dass sie Eigenes brauchen.
Sie nicken jetzt so wissend und sagen: Ja toll, das ist so, das haben wir. – Aber Sie haben es in Ihrer ganzen Rede nicht einmal geschafft, von muslimischen Begräbnisstätten zu sprechen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Denn das ist aus grüner Sicht einer der wichtigen Punkte, um die es an dieser Stelle geht. Sie haben zu Recht angesprochen, Herr Post, dass Bestattungskultur wichtig ist. Sie haben zu Recht angesprochen, dass es wichtig ist, Vielfalt zu repräsentieren – auch in der Bestattungskultur. Aber Sie haben sich in Ihrer Rede nicht den gesellschaftlichen Realitäten gestellt. Die gesellschaftlichen Realitäten sind wichtig, und das Bestattungsgesetz nimmt sie auf, indem sie es den Menschen in Form der Beleihung möglich macht, ihre Begräbnisstätten aufzubauen und zu betreiben.
Wie wichtig das ist, erfährt man eigentlich immer, wenn man muslimische Vereine besucht, die auch stets danach fragen: Wie und wo können wir unsere Toten in Deutschland bestatten? Deshalb ist es ein bisschen unangenehm, wenn Sie es nicht schaffen, diesen wichtigen Punkt, der auch zur Vielfalt in unserer Gesellschaft beiträgt, offen zu benennen, während Mitglieder Ihrer Fraktion durch die muslimischen Vereine wandern und sagen: Wir sorgen für euch; wir machen alles für euch.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU)
– Ja, eben nicht alle.
(Serap Güler [CDU]: Bei Ihnen auch nicht alle!)
Ich möchte noch auf ein weiteres Argument von Herrn Post eingehen, dass mittlerweile mehr und mehr Friedhöfe leerfallen.
(Vorsitz: Präsidentin Carina Gödecke)
Gerade deswegen ist es für die Kommunen und die Kirchen sehr vorteilhaft, wenn sie Begräbnisstätten, die nicht genutzt werden, auf dem Weg der Beleihung an andere Religionsgemeinschaften oder Vereine übertragen können. Das unterstützt die Kommunen und hilft ihnen. Das ist doch nicht der Untergang des Abendlandes.
Ich freue mich sehr, dass es dieses Bestattungsgesetz gibt. Ich freue mich auch sehr, dass es im Ausschuss über den rot-grünen Änderungsantrag gelungen ist, die Frist zur Bestattung noch mal abzusenken: auf 24 Stunden. Das kommt vor allem den Religionsgemeinschaften entgegen, insbesondere den jüdischen und den muslimischen, die sagen. Wir brauchen eine kurze Zeit, wenn wir hier bestatten. – Bestattungen schaffen auch so etwas wie Heimat. Gerade deswegen ist es wichtig, diese 24 Stunden zu nehmen.
Was ich nicht verstanden habe – vielleicht ist das aber ein Missverständnis, das sich durchzieht –, ist, wie Sie über die zweite Leichenschau gesprochen haben. Auch wir haben in unserem Antrag die zweite Leichenschau angesprochen, aber aus völlig anderen Gründen. Es ist im Moment sehr schwierig für die Menschen, die ihre Angehörigen ins Ausland überführen wollen, die zweite Leichenschau in einem angemessenen Zeitraum durchführen zu lassen. Deswegen sagen wir: Wir müssen über die rechtsmedizinischen Institute eine Notfalloption haben, und wir brauchen Hinweise an die Kommunen, um da das eine oder andere zu verbessern.
Ich möchte Ihnen zum Abschluss meines Redebeitrags ein Beispiel aus dem Bergischen Land vortragen. In der schönen Stadt Wuppertal gibt es sehr viele Friedhöfe: sehr alte jüdische und sehr alte christliche Friedhöfe. Die Wuppertaler haben mir erzählt und mehrfach geschrieben – sie waren auch in der Anhörung dabei –: Macht schnell das Gesetz, damit wir endlich auf dem Begräbnisfeld, das wir an diesem jüdischen und diesem christlichen Friedhof noch übrig haben, eine muslimische Begräbnisstätte einrichten können. In dem Sinne freue ich mich sehr darauf, dass wir dieses Gesetz heute verabschieden und in der Stadt Wuppertal ein interreligiöser Friedhof entstehen kann. – Danke.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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