Jutta Velte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe Dank in dreierlei Hinsicht auszusprechen, einmal für die Antwort auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion, die uns Aufklärung darüber verschafft hat, wie vielfältig die Landschaft beim Thema Sprachförderung ist, zum anderen der Landesregierung, die sich die Mühe gemacht hat, diese Frage auch zu beantworten und damit eine Grundlage für weitere Diskussionen geschaffen hat, und natürlich den vielen Einrichtungen vor Ort, die sich die Mühe gemacht haben, die Fragen zu beantworten.
Es ist schon eine beeindruckende Vielfalt, die vor allem eines aussagt, dass nämlich das Thema Sprachförderung, Sprachstandserhebung vor Ort in den Einrichtungen, in den Schulen intensiv angekommen ist, und zwar intensiver, als Sie das hier zunächst einmal angesprochen haben.
Denn es wird deutlich, dass sich die befragten Einrichtungen sehr viele Gedanken gemacht haben und das Instrument gewählt haben, von dem sie glauben, dass es für ihre Kinder, für die Kinder in ihrer Einrichtung besonders hilfreich und besonders gut sei.
Ein paar überraschende Punkte aus dieser Antwort möchte ich gerne noch ansprechen. Zu erwarten ist natürlich, dass bei Kindern aus bildungsfernen Milieus und Kinder mit Zuwanderungsgeschichte eine zusätzliche Sprachförderung oder eine Sprachtherapie häufiger vorkommt als bei anderen. Überraschend ist aber, dass dieser Bedarf zum Teil erst bei den schulärztlichen Eingangsuntersuchungen aufgedeckt wird. Denn sowohl in den Vorsorgeuntersuchungen sowie auch bei der Sprachstandserhebung nach Delfin 4 oder 5 hätten zwei Jahre vor der Einschulung diese Probleme bereits auftauchen können.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf das Thema Delfin 4 eingehen. Delfin 4 misst bestimmte Defizite nicht. Delfin 4 kümmert sich um die Frage der Kenntnis der deutschen Sprache und nicht um die Frage der Mehrsprachigkeit. An dieser Stelle haben wir das Problem, dass die Kinder, insbesondere die Kinder mit Zuwanderungsgeschichte, dann nicht so gefördert und wertgeschätzt werden, wie es sein sollte, neben der Problematik, dass es sich um eine punktuelle Untersuchung handelt.
Die Daten, die hier vorgelegt worden sind, zeigen deutlich, dass Delfin 4 und das dazugehörige Förderprogramm keine Akzeptanz in den Einrichtungen finden, und es bestehen erhebliche Zweifel an der Validität der dort erzielten Ergebnisse. Daher gehört nach meiner Auffassung Delfin 4 abgeschafft.
Vielmehr muss in den Kitas von Beginn mit geeigneten und in den pädagogischen Alltag integrierbaren Instrumenten eine durchgängige Beobachtung und Dokumentation der Entwicklung und die Sprachbildung in einem ganzheitlichen Konzept erfolgen. Das betrifft auch die Zusammenarbeit mit den Grundschulen und die Übergänge zwischen dem Elementarbereich und dem Primarbereich sowie zwischen dem Primarbereich und den weiterführenden Schulen.
Als Sprecherin für Migrationspolitik habe ich ein besonderes Augenmerk auf die Passagen gerichtet, die den Spracherwerb von Kindern mit Migrationshintergrund betreffen. Zu dem Thema hätte ich mir tatsächlich etwas mehr Fragen seitens der CDU-Fraktion gewünscht. Deswegen fand ich es gut, dass die Landesregierung bei der Beantwortung auch ungefragt noch einmal auf die Vorzüge einer wertschätzenden Einbeziehung der Herkunftssprachen eingegangen ist. Das hat auch ganz viel mit der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern zu tun.
(Dietmar Brockes [FDP] ist gestürzt.)
– Alles gut? So schlimm war das doch nicht, was ich jetzt gesagt habe. Ich war etwas überrascht.
Die Frage der Herkunftssprache, der Familiensprache gehört auch zur Identität und zur Persönlichkeitsentwicklung von Kindern. Deswegen ist es wichtig, dass diese Mehrsprachigkeit, dieses Potenzial wertgeschätzt wird und nicht durch irgendwelche Tests abgewertet wird.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Deswegen ist es bei aller Freude an der Förderung der Bildungssprache Deutsch auch wichtig, sich auch um die Frage der Mehrsprachigkeit weiter zu bemühen und sie in den Alltag der Kinder, in den Alltag der Einrichtungen, in den Alltag der Schulen stärker zu integrieren. Schon allein aus dem Grunde freue ich mich auf die Diskussion in den Ausschüssen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)