Jutta Velte: „Es ist unser gemeinsames Ziel, dass die Menschen in die Lage versetzt werden, klare Unterscheidungen zu treffen zwischen Propaganda, Desinformation und seriöser Berichterstattung“

Antrag der CDU zu Spätaussiedlern

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Jutta Velte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich vorwegzunehmen: Die Düsseldorfer Erklärung findet auch die grüne Fraktion gut und richtig. Es ist schön, dass sie auf den Weg gebracht worden ist.
(Beifall von den GRÜNEN und Michael Hübner [SPD])
Herr Jostmeier, ich freue mich auch über die Leidenschaft, mit der Sie die hier vertreten haben.
Es ist richtig – das sagt auch der Titel des Antrags –, auf die Leistungen der Deutschen aus Russland und aus den GUS-Staaten explizit hinzuweisen. Denn man muss sich vorstellen: Es waren keine einfachen Zeiten, als sie als sogenannte Aussiedlerinnen und Aussiedler, Spätaussiedlerinnen zu uns nach NRW gekommen sind. Sie teilten damals mit vielen anderen Migrantinnen und Migranten die Erfahrung, teilweise Vorbehalten, Vorurteilen, Unverständnis seitens der hiesigen Bevölkerung ausgesetzt zu sein. Gleichzeitig mussten sie diese ganze Wanderung und die kulturellen Unterschiede auch bewältigen. Das war nicht einfach und ist den Deutschen aus Russland vorbildlich gelungen.
Mittlerweile leben 620.000 – Sie haben es erwähnt – Deutsche aus Russland in Nordrhein-Westfalen und sind vorzüglich integriert. Wie gut – auch darauf ist hingewiesen worden –, zeigt die Sonderauswertung des Ministeriums für Integration, aus der hervorgeht, dass die Deutschen aus Russland sehr gute Bildungserfolge aufweisen, dass sie sich in manchen Teilbereichen besser integrieren konnten als andere Einwanderungsgruppen und in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens gut integriert sind.
Es gibt auch sehr viele Deutsche aus Russland, die sich im Übrigen – das zeigt auch, welche Leistung es ist – um die Geflüchteten, die jetzt neu zu uns kommen, kümmern.
Umso irritierender sind die jüngsten Ereignisse, wenn plötzlich von einigen, vergleichsweise wenigen, die geleistete Aufbau- und Integrationsarbeit der Altvorderen, der Eltern und Großeltern durch ihre fremdenfeindlichen und ausländerfeindlichen Demonstrationen infrage gestellt werden.
Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass schnell reagiert wurde und Staatssekretär Klute dankenswerterweise zu einer Sondersitzung des Landesbeirats eingeladen hat und die Landsmannschaften sich auf dieser Sitzung nach ausführlicher und sehr intensiver Diskussion – wir waren beide dabei; das war eine sehr spannende Diskussion – in der Düsseldorfer Erklärung klar von Ausländerfeindlichkeit und rechtsradikalen Tendenzen distanziert haben. Das war und ist ein wichtiger Schritt.
Wer dabei war, hat auch gesehen, wie sehr die Demonstrationen die Deutschen aus Russland in ihrem Bestreben nach Normalität und ihrem Bekenntnis zu Vielfalt und Demokratie erschüttert haben.
Schwierig und bedenkenswert ist auch die Tendenz in den russischsprachigen Medien, gezielte Desinformationen zu betreiben, und gleichzeitig auch der Umstand, dass es offensichtlich einige gibt, die bereit sind, der Propaganda unreflektiert und entgegen der eigenen Anschauung Glauben zu schenken. Dies lenkt den Blick auch auf die Frage gelingender Demokratieerziehung, mit der wir uns in den Ausschüssen sicher nach der Überweisung noch einmal sehr intensiv auseinandersetzen müssen und werden.
Es ist unser gemeinsames Ziel, dass junge und selbstverständlich auch ältere Menschen in die Lage versetzt werden, klare Unterscheidungen zu treffen zwischen Propaganda, Desinformation und, wie Sie es in Ihrem Antrag nennen, seriöser Berichterstattung und verlässlichen Quellen. Bei der Aufarbeitung dieser Frage können und werden die Deutschen aus Russland sicher wichtige Partnerinnen und Partner sein und gleichzeitig gemeinsam Flagge gegen rassistische und menschenfeindliche Tendenzen und Organisationen zeigen können.
Auch wenn wir nicht alle Forderungen Ihres Antrags teilen – das betrifft vor allem die Frage der Verbotsprüfung; das ist rechtlich schwierig –, halten wir es doch für wichtig und richtig, dieses Thema in seiner ganzen Komplexität in den beiden Ausschüssen, nämlich im Hauptausschuss und im Integrationsausschuss, zu behandeln, um damit auch noch einmal den Blick auf die Einwanderungsgruppe der Deutschen aus Russland zu lenken. Ich freue mich auf die Diskussion. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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