Jutta Velte (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme hier immer mit einem Redemanuskript an. Dann ist es so schön, wenn Frau Güler, Herr Stamp und Herr Grünberg sich geäußert haben, aktuell auf die Fragestellungen einzugehen, die aufgeworfen sind.
Natürlich hatte ich mir auch vorgenommen, zum Thema „Kommunale Integrationszentren“ zu reden. Als Kommunalpolitikerin – das habe ich schon öfter gesagt – bin ich sehr glücklich und sehr froh, dass es diese jetzt gibt. Ich bin aus zwei Gründen sehr froh: Ich bin einmal deswegen sehr froh, weil es mehr Geld gibt. Ich komme aus einer armen Stadt. Ich glaube, es geht vielen Städten so, die sagen: Endlich bekommen wir Geld für die Kommunalen Integrationszentren – und hören nicht nur Worte, was wir seit Hunderten von Jahren kennen – und können unsere kommunale Integrationsarbeit noch einmal vernünftig aufstellen.
Ich bin aus einem zweiten Grund sehr froh: Mit dem Gesetzentwurf, dem alle zugestimmt haben, kommt der Aspekt hinein, kommunale Selbstverwaltung zu stärken und vor allem die kommunalen Integrationsbemühungen über die Regionalen Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien hinaus weiterzuentwickeln.
Vielleicht hat sich keiner klargemacht, dass da, wo Strukturen sind, natürlich auch Gespräche stattfinden. Zum Teil finden auch Kämpfe statt. Ich finde es gut, dass das passiert. Das hat nämlich zum Hintergrund, dass die Kommunen, dass die Stadträte, dass die Verwaltungen sich noch einmal neu mit dem Thema auseinandersetzen.
Ich finde es auch sehr gut, dass aus dem Bildungsministerium so viel Unterstützung für das Thema „schulische Bildung“ gekommen ist. Ebenfalls finde ich es sehr gut – das ist eine wichtige Präzisierung –, dass zu dieser schulischen Bildung jetzt auch die kommunale Integrationsarbeit, die da heißt „Teilhabe von Migrantinnen in allen Lebensbereichen, Partizipation in der Stadtteilentwicklung, Seniorinnenarbeit“ stärker in den Fokus der Kommunen geraten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Natürlich knirscht das. Natürlich ist es nicht einfach für die Kommunen. Für manche ist es auch nicht einfach zu sagen: Ja, jetzt war das alles so gemütlich, jetzt müssen wir alles wieder neu aufstellen. – Aber es ist doch gut und richtig, dass dieses Thema in allen Kommunen und in allen Landkreisen neu diskutiert wird. Das ist essenziell für die Frage der Integration, der Teilhabe und der Diskussion vor Ort. Von daher bin ich sehr zufrieden. Ich freue mich auch über das Geld.
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Velte, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Der Kollege Dr. Stamp würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Jutta Velte (GRÜNE): Ich hatte so etwas befürchtet. – Ja, bitte.
Dr. Joachim Stamp (FDP): Frau Kollegin, vielen Dank, dass Sie meine Zwischenfrage trotz Ihrer Befürchtung zulassen. Ich möchte nachfragen. Sie haben sich zu Recht positiv darüber geäußert, dass Integration eine Querschnittsaufgabe ist und dass die Kommunalen Integrationszentren diese Querschnittsaufgabe wahrnehmen sollen. Ist es denn dann sinnvoll, dass in den Kommunalen Integrationszentren vier von fünf Stellen zwingend mit pädagogischen Mitarbeitern – also für den Bildungsbereich – besetzt werden müssen, während für die Querschnittsaufgabe nur noch eine Stelle übrigbleibt.
Jutta Velte (GRÜNE): Wenn ich richtig informiert bin, handelt es sich um sozialpädagogische Stellen, also nicht um zwei Lehrer. Wenn ich über Teilhabe im Stadtteil und über Partizipationsprozesse spreche, hat das sehr, sehr viel damit zu tun, dass da sozialpädagogische Arbeit geleistet werden kann. Man kann sich natürlich darüber streiten – ich war nicht an der Richtlinienentwicklung beteiligt –, ob man das nicht in Richtung auf einen Bildungsbegriff erweitern kann. Ich denke aber, dass das die zukünftige Diskussion zeigen wird. Ich glaube, wir sollten den Kommunalen Integrationszentren nach dieser Entwicklungsphase jetzt die Möglichkeit geben, erst einmal zur Ruhe zu kommen. Dann sollten wir – das ist auch so verabredet – evaluieren und schauen: Was hat gewirkt, was hat gezogen und was nicht? Darüber müssen wir, denke ich, offen diskutieren. Ich halte es aber für nicht zielführend, in der jetzigen Phase für noch mehr Verunsicherung zu sorgen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Auch halte ich es nicht für zielführend, dass zum wiederholten Male als erster und einziger Einsparvorschlag der komische Antrag der CDU-Fraktion bezüglich der Staatssekretärin gestellt wird.
Ich glaube, dass wir – Herr Stamp hat das dankenswerterweise angesprochen – im Moment eigentlich ganz andere Fragestellungen zu bewältigen haben. Wir haben eine riesige Aufholjagd zu machen, was sich im Teilhabe- und Integrationsgesetz auch noch einmal abbildet. Wir haben neue Herausforderungen. Es gibt eine bipolare Zuwanderung. Wir haben eine Einwanderung von hochqualifizierten Fachkräften zu verzeichnen. Auf der anderen Seite gibt es die Einwanderung von Menschen, die in ihren Heimatländern keine Arbeit finden, diskriminiert und ausgegrenzt werden. Sie versuchen, hier – unter zum Teil unsäglichen Bedingungen – ein wenig zur Ruhe zu kommen.
Ich glaube, dass wir an diesen Themen gemeinsam arbeiten können. Das, was Frau Güler gesagt hat, hört sich schon so an, als könnten wir das jetzt wieder machen. Ich halte das für wichtiger, als jetzt über eine Personalie zum dritten Mal in einer Plenarsitzung herzuziehen. Eigentlich fände ich es besser, wenn wir konkret an Inhalten arbeiten würden. Damit kämen wir, glaube ich, wirklich nach vorne.
(Beifall von den GRÜNEN)
In einem Punkt gebe ich Ihnen vollkommen Recht, Herr Dr. Stamp. Ich freue mich sehr, dass ein bisschen Bewegung in der Frage der Optionspflicht hineingekommen ist. Obwohl das keine Überraschung ist, freue ich mich über die Haltung der FDP in dieser Frage. Es ist so, dass sie schon immer liberal gewesen ist. Ich hoffe, dass sich zumindest die NRW-CDU dieser Art von freiheitlichem Gedankengut annähert und auch auf dieser Ebene sich einer mehrfachen Staatsbürgerschaft annimmt. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)