Jutta Velte: „Es geht im Rahmen der Daseinsvorsorge auch darum, die Bürgerinnen und Bürger an Industrie 4.0 teilhaben zu lassen.“

Abschlussbericht der Enquete-Kommission "Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte"

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Jutta Velte (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Da ich nicht mehr viel Zeit habe, mache ich es kurz. Deswegen das Wichtigste am Anfang: Es hat mir Spaß gemacht, mit allen in der Enquete zusammenzuarbeiten, was meine Kenntnisse über ideologiegeleitetes Handeln erheblich erweitert hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich glaube aber, dass wir es uns im Zusammenhang mit der Demografie-Enquete, wie wir sie auch kurz genannt haben, eigentlich nicht leisten können, ideologische Pfade zu beschreiten, die aus irgendwelchen vergangenen Zeiten resultieren. Wir schrumpfen in Teilen dieses Landes, während wir in anderen Teilen wachsen. Wir haben versucht, gerade diese Spannungsverhältnisse, dass dieses Land nicht überall gleich tickt, mit unseren Handlungsempfehlungen ein Stück weit zu beschreiben.
Es hilft nicht, eine linke Ideologie aus den 68er-Jahren zu hören oder eine sogenannte neoliberale – obwohl es das Wort nicht gibt – zu hören, die sagt: Wir müssen nur das laufende Kapital in irgendwelche Infrastrukturvorhaben stecken, und alles geht.
Es wird uns auch nichts nutzen, auf der einen Seite pausenlos über Wirtschaftswachstum und auf der anderen Seite über den Landeshaushalt zu reden. Aber es wird uns etwas nutzen, sich über die Unterschiede im Land Gedanken zu machen und darüber, wie wir aus den Schrumpfungs- und Wachstumsprozessen, aus der Veränderung von Gesellschaft, Altersstrukturen, ethnischen Zusammensetzungen hin zu neuen Gesellschaftsstrukturen, die wir mit der dritten bzw. vierten Migrantengeneration hier entwickeln, Kapital schöpfen können und zu versuchen, es für unser Land in wertvolles Kapital zu verwandeln, und zwar auf der Seite der Menschen in der Bildung und auch bei der Infrastruktur.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der CDU)
Mein Lieblingskapitel ist deswegen – das mögen mir die anderen verzeihen – das Infrastrukturkapitel, zu dem wir auch ein umfangreiches Gutachten bekommen haben. Es beschäftigt sich sehr dezidiert mit der Frage: „Was passiert eigentlich in den Kommunen – wirtschaftlich, finanziell, im Bildungsbereich –, die schrumpfen, und was passiert auf der anderen Seite in denen, die wachsen?“ und schlägt vor, sehr differenziert mit den Fragen der Daseinsvorsorge umzugehen.
Ein Kanal, für den die Gebühren für alle Kanalteilnehmer – ihre Zahl sinkt ständig – immer höher werden, sorgt eher dafür, dass die Schrumpfungsprozesse in dieser Region verstärkt werden. In einer anderen Region – ich gucke den Kollegen aus Düsseldorf an – muss man die Frage beantworten, wie schnell weitere Kanäle gebaut werden können, um die vielen Menschen, die hierher wollen, unterzubringen.
(Heiterkeit von Norwich Rüße [GRÜNE])
Um diese Frage müssen wir uns ja kümmern.
Zur Daseinsvorsorge haben wir extra eine Handlungsempfehlung erstellt. Ich schaue Matthi Bolte an, der immer sagt: Auch digitale Infrastruktur ist Infrastruktur.
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Jutta Velte (GRÜNE): Das ist Daseinsvorsorge. Da reicht es nicht aus – wo ist der Kollege von der CDU? –,
(Hendrik Schmitz [CDU]: Hier!)
immer nur mit Wirtschaftswachstum zu argumentieren, sondern es geht natürlich im Rahmen der Daseinsvorsorge auch darum, die Bürgerinnen und Bürger an Industrie 4.0 teilhaben zu lassen,
(Beifall von den GRÜNEN)
insbesondere bei den neuen Fragen der Bürgerbeteiligung. Wie kommen wir eigentlich zusammen? Wie gestalten wir diese neue Gesellschaft?
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit ist überschritten.
Jutta Velte (GRÜNE): Die Redezeit ist jetzt überschritten. – Gestatten Sie mir noch ganz kurz, allen Kommissionsmitgliedern für die konstruktive Zusammenarbeit zu danken, dem Sekretariat meinen ausdrücklichen Dank aussprechen und die Hoffnung zu formulieren, nicht mehr in alte Ideologien hineinzulaufen, sondern zu versuchen, das Erarbeitete positiv nach vorne zu bringen – manchmal auch zusammen, wenn es geht. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der CDU – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

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