Jutta Velte: „Es fehlt bei der CDU der Aspekt der doppelten Staatsbürgerschaft“

CDU-Antrag Abwanderung von hochqualifizierten Fachkräften verhindern

Jutta Velte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Güler, Sie sprechen hier ein sehr wichtiges Thema an. Das finde ich toll. Das Thema erfordert ausführliche Studien. Diese liegen ja auch vor. Ihr Antrag besteht aber nur aus zwei Seiten. Zwei Ihrer Forderungen lauten: Wir gründen mal einen Arbeitskreis. – Die anderen vier Forderungen beziehen sich auf das Berufsanerkennungsgesetz, das dem Landtag gestern vorgelegt worden ist. Das ist, finde ich, für dieses Thema etwas wenig. Ich freue mich aber, dass wir darüber endlich in diesen Hallen diskutieren.
Auch ich finde es bedauerlich, dass Sie den Titel „Martin und Metin …“ gewählt haben. – Ist Frau Güler überhaupt noch hier?
(Zurufe von der CDU: Ja!)
Ich bin froh, dass Sie es in Ihrer Rede geschafft haben, auch noch zwei weibliche Namen zu nennen. Alles andere war eher männerorientiert. Ich glaube, dass wir in Nordrhein-Westfalen jeden und jede brauchen und hier auch Ayse und Helga eine Chance haben sollten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das Ganze macht auf mich den Eindruck, als seien Sie noch nicht in der globalisierten Neuzeit angekommen. Die Modernisierung der Partei, von der bei Ihnen immer geredet wird, ist in diesem Antrag nicht wirklich spürbar. Es fehlt zum Beispiel der Aspekt der doppelten Staatsbürgerschaft, die es nun mal erleichtern würde, sich in Nordrhein-Westfalen anzusiedeln und woanders zu arbeiten oder aber woanders zu arbeiten und nach Nordrhein-Westfalen zu kommen.
Wir haben doch große Arbeitswanderungen in unserem Land. Ich finde, dieser Antrag ignoriert das vollständig, zumal Sie sich darin wesentlich auf die Höchstqualifizierten beziehen, dann auf die Ärzte und schließlich noch auf die alternde Bevölkerung. Letztlich sind die Facharbeiterinnen und Facharbeiter darin gar nicht vorgekommen. Das finde ich bedauerlich. Denn wir müssen schon dafür sorgen, gute Ausbildungsbedingungen herzustellen, um den Menschen die Möglichkeit zu bieten, hier zu leben und zu arbeiten. Wir müssen aber auch akzeptieren, dass wir in einer globalisierten Welt leben und die Menschen nach ihren persönlichen Vorstellungen und Lebensentwürfen mal hier und mal dort arbeiten. Insofern müssen wir als Land besonders attraktiv bleiben.
Es gibt im Übrigen die Hochrangige Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung, an der noch Herr Laschet mitgewirkt hat und die in ihrem Abschlussbericht Überschriften verwendet hat, die ich durchaus teilen kann: „Nach dem Studium bleiben – ausländischen Hochschulabsolventen den Einstieg ins Berufsleben erleichtern“; Bürokratische Hürden abbauen – Zuwanderung nach Deutschland attraktiver gestalten“ – davon ist in Ihrem Antrag nicht die Rede –; „Arbeiten und leben in Deutschland – problemlosere Aufenthaltserlaubnis für ausländische Fachkräfte“ – auch dazu steht in Ihrem Antrag nichts.
Ich habe den Eindruck, dass Sie diese Studie, die immerhin von Herrn Laschet auf den Weg gebracht worden ist, vielleicht gar nicht kennen. Aber das können Sie ja nachholen. Ich freue mich auf jeden Fall darauf, das im Ausschuss etwas breiter zu diskutieren, als Ihr Antrag das nahelegt, und auch die Frage weiblicher Fachkräfte und weiblicher Hochgebildeter mit ins Auge zu fassen. Ich glaube, ohne dem kommen wir nicht weiter.
Ansonsten, Frau Güler, freue ich mich nach dem gestrigen Vortrag, dass wir ein bisschen konstruktiver zueinanderkommen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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