Julia Eisentraut: „Digitalisierung ist kein Luxus, sondern Grundvoraussetzung“

Zum Haushaltsgesetzentwurf 2026 - zweite Lesung - Digitalisierung

Portrait Julia Eisentraut Februar 2023

Julia Eisentraut (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen der demokratischen Fraktionen! Digitalisierung braucht zwei Komponenten: die Technik und die Software.

Stellen Sie sich vor, Sie wollen im Homeoffice arbeiten, aber die Videokonferenz bricht ständig ab; ihr Kind versucht, online für die Schule zu recherchieren, aber die Seite lädt nicht. Das ist immer noch Alltag für Menschen in NRW, vor allem im ländlichen Raum. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern eine Frage der Gerechtigkeit.

Ich selbst komme aus dem Kreis Lippe. Dort gibt es starke Unternehmen, engagierte Menschen und wunderschöne Landschaften, aber wenn ich durch den Kreis fahre, reißen manchmal noch Telefonate ab, oder in der Bahn lädt die Webseite nicht. Wer dort lebt, kennt diese Probleme.

Digitalisierung ist kein Luxus, sondern Grundvoraussetzung. Genau deshalb arbeiten wir als schwarz-grüne Koalition seit 2022 daran, die Erreichbarkeit unterwegs zu verbessern.

Die Zahlen zeigen, dass das wirkt. 2022 hatten wir eine Glasfaserquote von gerade mal 24 %, heute sind wir bei über 42 %. Die Schulen hatten 2022 nur zu rund 15 % Glasfaseranschluss, heute sind es über 80 %, und weitere 17 % befinden sich in Arbeit. Schnelleres Internet ist also nicht mehr nur ein Versprechen, sondern Realität für viele Kinder in den Schulen in NRW.

Auch beim Mobilfunkausbau geht es deutlich voran. Anfang 2022 betrug die Abdeckung in der Fläche 71 %, heute sind wir bei über 96 %,

(Zuruf von Angela Freimuth [FDP] – Sven Werner Tritschler [AfD]: Was haben Sie denn dazu beigetragen?)

also fast flächendeckend. Das ist entscheidend für Wirtschaft, Mobilität und Innovation.

Mit dem Haushalt 2026 zeigen wir: Wir investieren auch weiter in den Glasfaserausbau. Das verdeutlicht: Wenn man konsequent handelt,

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Sie haben nicht gehandelt!)

kann man auch unter schwierigen Rahmenbedingungen eigene positive Impulse setzen. Mit genau dieser Strategie machen wir weiter.

Aber Digitalisierung passiert nicht über Nacht. Gerade im Bereich der Software ist es ein komplexer, langfristiger Prozess, der Ressourcen und Entscheidungen braucht.

Wir bauen auf einer Infrastruktur auf, die unglaublich heterogen ist. Wenn man 2017 mit dem OZG auf Bundesebene von Anfang an durchdacht hätte, wie Digitalisierung wirklich funktionieren kann, müssten wir heute nicht so viel Zeit investieren, das wieder aufzuräumen.

Das Problem ist, dass man sich damals keine Gedanken darüber gemacht hat, dass es Standards und Schnittstellen braucht. Es gibt immer noch Fraktionen in diesem Haus, die Standards und Schnittstellen ablehnen und meinen, das würde den Markt einschränken. Genau das Gegenteil ist der Fall: Wir brauchen Standards und Schnittstellen für digitale Souveränität, um am Ende unsere Daten wieder aus Programmen herauszubekommen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wenn wir über digitale Souveränität sprechen, dann geht es meistens um Text- und Tabellendokumente. Aber zur Wahrheit gehört: Schon morgen könnten wir eine Alternative haben, um Text- und Tabellendokumente zu öffnen. Diese Alternativen gibt es nämlich zuhauf, auch in Deutschland, auch digital souverän gehostet.

Das größte Problem liegt in den vielen verschiedenen Fachverfahren in den Kommunen und auf Landesebene. Wenn wir unsere Verwaltungsdaten aus den E-Akten- und Dokumentenmanagementsystemen aufgrund fehlender Schnittstellen und Standards nicht mehr herausbekommen, ist das ein Problem, weil wir uns von Anbietern abhängig machen, auch in der Kostenstruktur.

Dabei ist es komplett egal, ob diese Anbieter in den USA, in China oder in Deutschland sitzen; diese Abhängigkeiten dürfen nicht sein.

Diese Abhängigkeiten, die auch entstanden sind, weil das nicht von Anfang an beim OZG mitgedacht wurde, räumen wir gerade auf, beispielsweise bei den Ausländerbehörden. Dieser Prozess läuft, und die Berichte der beteiligten Kommunen dazu sind sehr positiv.

Dann wird immer die Frage nach langfristigen Strategien gestellt. Meine Erfahrung im Digitalbereich ist, dass man eine Strategie, die man jetzt ein Jahr lang schreibt, schon wieder in die Tonne kloppen kann, ehe sie fertig ist. Denn Digitalisierung entwickelt sich schnell weiter. Wir brauchen nicht langfristige Planungen, Zielsetzungen und Meilensteine, sondern müssen dafür sorgen, dass wir iterativ an der Erkenntnis ansetzen, was fehlt und wo wir Digitalisierung an die Menschen anpassen, die damit arbeiten müssen. Das müssen wir zügig und Schritt für Schritt weiterentwickeln.

Es nutzt nichts, zu sagen, dass wir in zwei Jahren KI flächendeckend ausrollen wollen, sondern wir müssen wissen, was den Menschen jetzt konkret vor Ort in der Digitalisierung hilft.

Mit dem Haushalt 2026 schaffen wir die Grundlage, das zu erreichen. Wir brauchen nicht unbedingt immer mehr Geld, sondern kluge Lösungen dafür, wie wir effizient Digitalisierung in den öffentlichen Verwaltungen schaffen. Mit den Plänen, die von FDP und SPD gefordert werden, werden wir das aber nicht schaffen.

Ich werbe um Zustimmung für den Haushalt, bis wir im nächsten Jahr hier wohl wieder über die gleichen Themen debattieren werden. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)