Julia Eisentraut (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Bezahlbare Wohnungen für Studierende und Auszubildende sind essenziell, damit sich Studierende nicht die Hochschule danach aussuchen müssen, wo sie das WG-Zimmer bezahlen können, und Auszubildende nicht ständig zu ihrem Ausbildungsort pendeln müssen.
Gerade in großen Städten wie Köln, Düsseldorf und Bonn ist der Wohnungsmarkt extrem angespannt. Wir brauchen dort gute Lösungen insbesondere für Studierende und Auszubildende. Dazu gehören mehr preisgebundener Wohnraum und insgesamt mehr Wohnungen. Denn alle sind von zu hohen Wohnkosten betroffen. Das sind beides große Herausforderungen.
Es wundert vielleicht nicht: Auch bei der Bundestagswahl ist das Wohnen ein Kernthema – kein Wunder also, dass die SPD hier kurz vor der Bundestagswahl mit diesem Antrag noch mal ein Zeichen setzen will. Wenn man sich den Antrag aber genauer anschaut, sieht man sehr schnell: Es bleibt auch bei diesem Zeichen, und es ist nicht mehr als Symbolpolitik.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Ich fange mit den Zahlen rund um die Wohnungen bei Studierendenwerken an. Insgesamt steigen die Zahlen für Studierendenwohnungen bei den Studierendenwerken. Es fallen aber immer wieder Wohnungen für Sanierungen heraus. Diese Sanierungen unterstützt das Land NRW auch, aber dadurch gibt es in der Statistik Schwankungen. Die Studierendenwerke sind aber dazu verpflichtet, diese Wohnungen zu behalten. Die Schwankungen gehören dazu, aber insgesamt steigt der Wohnraum bei den Studierendenwerken stetig an.
Bei privaten Anbietern ist das ein bisschen anders. Dort fallen Wohnungen aus der Preisbindung heraus und stehen dann nicht mehr als günstiger Wohnraum für Studierende zur Verfügung. Gerade deshalb sind die Studierendenwerke so ein wichtiger Partner für studentisches Wohnen.
Lassen Sie uns einmal genauer in den Antrag schauen. Als Erstes gehe ich darauf ein, wie Sie über die Mietsituation sprechen. Die SPD stellt fest, dass die Angebote nicht mehr als 400 Euro pro Monat kosten sollen. Sie gehen im Antrag aber nicht darauf ein, ob für Kalt- oder Warmmiete.
Schauen wir uns an, was 2023 – für 2024 sind die Zahlen noch nicht da – Wohnungen im Durchschnitt bei den Studierendenwerken gekostet haben: Es waren 306 Euro inklusive Heizung, Strom, Wasser, TV und Internet. Das zeigt: Die Studierendenwerke sind ein essenzieller Partner für studentisches Wohnen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Sie fordern zweitens ein Wohnungsbauprogramm für Wohnungen und Wohnheimplätze für Studierende und Auszubildende. Es gibt aber bereits ein Wohnraumförderprogramm der Landesregierung, und das Angebot wird gut angenommen.
Im Rahmen der Förderung 2024 sind rund 65 Millionen Euro für die Modernisierung von 675 Wohnheimplätzen bewilligt worden. Das ist eine Steigerung gegenüber 2023 um 92 %. Zudem wurden 54 Millionen Euro für den Neubau von insgesamt 477 Wohnheimplätzen zur Verfügung gestellt. Auch das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass wir als Zukunftskoalition studentisches Wohnen in NRW angehen.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Die Studierendenwerke erhalten aus dem Programm Kredite, vergünstigt durch Tilgungsnachlässe, und dadurch können sie dem Bau oder der Sanierung von Wohnheimen nachkommen.
Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Frau Kollegin, entschuldigen Sie, dass ich Sie an dieser Stelle unterbreche. Herr Kollege Watermeier hat den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Möchten Sie die zulassen?
Julia Eisentraut (GRÜNE): Ja, sehr gerne.
Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Bitte schön.
Sebastian Watermeier (SPD): Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herzlichen Dank, Frau Kollegin Eisentraut, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben in Ihrer Rede sehr stark auf einen Vergleich der Zahlen von 2023 und 2024 abgestellt. Ich will Ihnen auch grundsätzlich zugutehalten: Ja, die schwarz-grüne Koalition ist seit 2022 im Amt. Sie können also einen Year-over-Year-Vergleich machen.
Aber wäre es nicht sehr viel sinnvoller, sich die Entwicklung der Zahlen in der langen Linie anzugucken und auch zu sagen, wie sich die Studierendenzahlen und die Anzahl der Wohnheimplätze entwickeln?
Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Bitte schön, Frau Kollegin.
Julia Eisentraut (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Natürlich muss man sich die lange Linie anschauen. Das habe ich eben erklärt: Es fallen immer wieder Wohnungen aus dem Markt heraus – auch bei den Studierendenwerken –, weil diese saniert werden müssen. Das heißt, es gibt Schwankungen.
(Sebastian Watermeier [SPD]: Aber nur bei den Studierendenwerken!)
Insgesamt steigt bei den Studierendenwerken aber die Anzahl an Wohnungen, und das ist ein wichtiges Zeichen.
Wenn man sich die Studierendenzahlen aktuell anschaut, dann ist es immer sehr schwierig, zu sagen, wo genau die Wohnungen sind. Denn an den Hochschulen in NRW hatten wir schon mal deutlich mehr Studierende als jetzt. Es ist einfach schwierig, vorauszusehen, wo genau wir diese Wohnungen brauchen werden.
Umso wichtiger ist es, das Wohnen nicht nur als ein Thema für Studierende und Auszubildende zu sehen, sondern das Wohnen generell für die gesamte Gesellschaft wieder bezahlbar zu machen.
(Beifall von den GRÜNEN – Sebastian Watermeier [SPD]: Sehr gute Idee! – Christian Dahm [SPD]: Das sehen wir auch so!)
Lassen Sie mich mit meiner Rede fortfahren; denn es gibt noch weitere Probleme. Ich war gerade dabei, auszuführen, warum beispielsweise der BLB, also der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes, es besser machen sollte als die Studierendenwerke, die seit Jahrzehnten hier in NRW günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen.
Dann bringen Sie das Auszubildendenwohnen ein. Das ist eine unglaublich wichtige Frage. Die Studierendenwerke haben explizit den Auftrag, für studentisches Wohnen zu sorgen. Sie bleiben die Antwort auf die Frage schuldig, wie das für das Auszubildendenwohnen funktionieren soll. Denn wer soll am Ende das Gebäude betreiben, warten, sanieren und Wohnungen vermieten? Diese Frage beantworten Sie in Ihrem Antrag einfach nicht.
Weiter wollen Sie mehr Unterstützung für die Studierendenwerke dabei, eigene geeignete Grundstücke zur Verfügung zu stellen. Die Forderung teilen wir, und deshalb wird sie auch schon umgesetzt. Land und Kommunen stellen den Studierendenwerken da, wo es Flächen gibt, diese bereits zur Verfügung.
Köln ist da ein sehr gutes Beispiel. Köln hat erst vor Kurzem einen Ratsbeschluss gefasst, mit dem Köln unter anderem Einrichtungen wie den Studierendenwerken Grundstücke zu fairen Konditionen zur Verfügung stellen will, damit die Mieten in Köln in Zukunft wieder sinken können. Das ist ein wichtiges Zeichen, dass wir natürlich gerade die Studierendenwerke und andere soziale Einrichtungen beim günstigen Wohnungsbau unterstützen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dann fordern Sie zum Schluss noch eine enge Abstimmung mit den Studierendenwerken, den Studierendenschaften und den Kommunen. Ja, auch das wird doch bereits gemacht, und der Kölner Antrag ist dafür ein gutes Zeichen.
Da hilft auch ein Blick in das Studierendenwerksgesetz. 2014 wurden Vertreterversammlungen der Studierendenwerke geschaffen, in denen die jeweils zugehörigen Hochschulen und Kommunen vertreten sind. Auch die Studierenden sind Teil davon. Seitdem findet der Ausbau von Wohnheimplätzen bei den Studierendenwerken in institutionalisierter Form gemeinsam statt. Denn es ist wichtig, dass Kommune, Stadt und Studierendenschaft zusammenkommen, wenn es um den Wohnungsbau geht.
Auch hier bleiben Sie, weil Ihr Antrag nur ein Symbol sein soll, die Antwort auf die Frage schuldig, wie das für das Auszubildendenwohnen funktionieren soll. Auszubildende sind – Stand heute – nicht so organisiert wie Studierende. Eine vergleichbare Institution gibt es nicht. Insofern ist es eine große Herausforderung, dieses Problem zu lösen.
Zum Schluss sagen Sie dann, dass Ihr Programm im Wege des staatlichen Hochbaus des Landes abzuarbeiten ist. Auch da stellt sich doch die Frage: Warum sollten wir es nicht in der Hand der Studierendenwerke belassen? Das ist doch die wichtige Frage. Schließlich sehen wir, wie verlässlich und wie gut Studierendenwerke in den letzten Jahren Wohnraum für Studierende geschaffen haben. Auch hier fällt Ihnen auf die Füße, dass Sie die Frage nach dem Betrieb von Auszubildendenwohnheim in Ihrem Antrag nicht adressieren.
Sie sagen auch nicht, ob das Land am Ende Betreiber, Bauherr oder Vermieter und Hausmeister für das Auszubildendenwohnen sein soll. Das ist eine eklatante Lücke in Ihrem Antrag.
(Sebastian Watermeier [SPD]: Das kann ja vor Ort sehr individuell beantwortet werden!)
Zum Schluss: Bezahlbarer Wohnraum ist eine große Frage von Gerechtigkeit, und es ist eine der drängenden Fragen, die wir in Zukunft klären müssen und die wir als Zukunftskoalition hier in NRW auch entschlossen angehen, weil wir wissen, wie wichtig bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen in diesem Land ist. Genau deshalb verdient das Thema „Wohnen“ mehr als einen Symbolantrag der SPD kurz vor der Bundestagswahl, um die eigene desolate Bilanz hier zu verschleiern. Wir lehnen diesen Antrag ab. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)