Julia Eisentraut (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Der Fachkräftemangel vor allem in den Gesundheitsberufen ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Wir müssen ihn entschieden angehen, um Wohlstand und Lebensqualität für alle zu sichern.
Die Berufsanerkennung scheitert heute nicht allein an dem fehlenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz, sondern an zu komplexen und zu langwierigen Verfahren. Man kann aus den Digitalisierungsprozessen der letzten Jahren eines lernen: Schlechte und komplexe analoge Prozesse führen zu schlechten und komplexen digitalen Prozessen.
(Beifall von den GRÜNEN – Dr. Julia Höller [GRÜNE]: Das ist so!)
Deshalb müssen wir uns anschauen, wie die Prozesse ablaufen, bevor wir Künstliche Intelligenz darauf werfen. Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz – das steht auch im Antrag – muss immer sorgfältig zwischen Chancen, Risiken und Kosten abgewogen werden, denn ansonsten kommen wir schnell dahin, dass Künstliche Intelligenz nicht Mittel zum Zweck ist, sondern irgendwas, was gut klingt, aber am Ende nicht hilft.
KI ist dort sinnvoll, wo viele Daten vorhanden sind. Ja, das sind beispielsweise die Gesundheitsfachberufe, da hierzu bei der Berufsanerkennung die meisten Anträge gestellt werden. Es werden aber auch komplexe Prüfungen vorgenommen. Beispielsweise ist der Einsatz einer Übersetzer-KI etwas anderes als eine Plausibilitätsprüfung oder ein automatisierter Entscheidungsvorschlag. Das muss man in der Debatte voneinander trennen, um sinnvoll entscheiden zu können: Welcher Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist richtig und wichtig? Wo ist eine herkömmliche Digitalisierung ausreichend?
Genau diese herkömmliche Digitalisierung dürfen wir trotz der Welle an Künstlicher Intelligenz nicht aus dem Blick verlieren. Viele Dinge, die wir tun, wären schon deutlich besser, wenn sie vernünftig digitalisiert würden. Das heißt, dass sie beispielsweise explizit programmiert sind, sodass man im Nachgang Änderungen vornehmen kann.
Warum ist das gerade bei Dingen wichtig, deren gesetzliche Grundlage sich ändern kann? Wenn wir eine Künstliche Intelligenz trainieren, um bei einem Anerkennungsverfahren zu prüfen, ob diese Anerkennung sinnvoll ist oder nicht, und sich die Rahmenbedingungen ändern, dann müssen wir die KI neu trainieren.
Haben wir dagegen etwas, das digitalisiert und explizit programmiert ist, dann kann man in diesem Programmcode auch noch einmal Änderungen vornehmen, die sich dann sozusagen an der veränderten Gesetzeslage orientieren.
Das will kurzgefasst heißen: Nicht alles, was man mit Künstlicher Intelligenz lösen kann, sollte man auch mit Künstlicher Intelligenz lösen. Aber genau diesen Eindruck erweckt der Antrag. Denn Sie suchen sich einen Einzelfall heraus, in dem Künstliche Intelligenz eingesetzt werden soll, aber sagen dann nicht ganz konkret, welche Rahmenbedingungen und welche Rechtsgrundlage geändert werden müssen, wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz an dieser Stelle ganz konkret helfen soll.
Man kann sich für das eine oder andere entscheiden. Man kann sagen: Das sind unsere grundsätzlichen Rahmen, die wir haben wollen, um Künstliche Intelligenz einzusetzen. – So haben wir als Zukunftskoalition das auch schon in etlichen Anträgen getan.
Man kann sich auch jeden Einzelfall angucken, aber dann ganz konkret mit den Voraussetzungen für den Einzelfall, mit den notwendigen Daten für den Einzelfall, mit den Rechtsgrundlagen und mit den Folgen, die es haben wird, wenn man hier Künstliche Intelligenz einsetzt. Das ist in diesem Antrag einfach nicht der Fall. Deshalb lehnen wir ihn ab. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)