Jule Wenzel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Heute beschäftigen wir uns hier im Landtag erneut mit der Senkung der Grunderwerbsteuer. Es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein. Grundsätzlich ist nachvollziehbar, dass wir uns mit dieser Steuer auseinandersetzen; immerhin ist sie die einzige Steuer, deren Aufkommen das Land autonom beeinflussen kann.
Wir haben die Ausschussüberweisung und die Anhörung ausdrücklich begrüßt, um einige Unklarheiten im Gesetzentwurf der FDP aufklären zu können. Dabei konnte aber der folgende Widerspruch nicht aufgelöst werden. Der Gesetzentwurf der FDP steht im klaren Widerspruch zum Ampel-Koalitionsvertrag im Bund. Dort heißt es nämlich:
„Wir wollen den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer […] ermöglichen, um den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums zu erleichtern. Zur Gegenfinanzierung nutzen wir das Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals).“
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Bedeutet dieser Gesetzentwurf der FDP, der heute vorgelegt wird, also, dass Sie Ihrem Finanzminister nicht zutrauen, die Sache in die Hand zu nehmen? Das ist eine Frage, die Sie sich an dieser Stelle gefallen lassen müssen.
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Auch die NRW-FDP stellt in ihrem Antrag das selbstgenutzte Wohneigentum in den Mittelpunkt der Begründung. Allerdings wird eine generelle Absenkung der Grunderwerbssteuer nicht dazu führen, dass selbstgenutztes Wohneigentum gezielt gefördert wird. Der Kollege Baer hat schon ausgeführt, dass es sich hierbei um ein Gießkannenprinzip handelt. Wir sind uns darin einig, dass eine gezielte Förderung von selbstgenutztem Wohneigentum und im Übrigen auch von öffentlich gefördertem Wohnraum beispielsweise durch die NRW.BANK ein sehr viel zielführenderes Instrument ist, das wir gerade angesichts der knappen Haushaltskassen nutzen wollen.
Im Gesetzentwurf der FDP heißt es unter „Auswirkungen auf […] Kommunen“, dass keine Steuermindereinnahmen zu erwarten seien. Die Anhörung hat da aber Klarheit geschaffen. Der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund haben für das Gemeindefinanzierungsgesetz 2024 berechnet, dass eine Reduzierung des Hebesatzes zu Mindereinnahmen in Höhe von 88 Millionen Euro geführt hätte.
Jens Boysen-Hogrefe hat außerdem ausgeführt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:
„Aus Sicht des Landes dürften die Einnahmeverluste aus einer Steuersenkung allerdings nur schwer einholbar sein, da der Länderfinanzausgleich die Satzsenkung gesondert ,bestraft‘ und die Gewinne durch zusätzliche Bauaktivität (Umsatzsteuer, Gewinnsteuern) über das gleiche Vehikel überwiegend das Land wieder verlassen.“
Um es mit einem Zitat vom gleichen Sachverständigen noch einmal einfacher zu formulieren:
„Um den Sack zuzumachen: Dann kommt der Länderfinanzausgleich und macht alles wieder kaputt. – Als Haushälter hätte ich also auch arge Bedenken.“
Wir haben arge Bedenken. Deswegen lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)