Jule Wenzel (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Die Jobcenter in Nordrhein-Westfalen müssen jeden Tag Großes leisten. Denn sie sind für viele der erste Ansprechpartner, wenn man in eine soziale Notlage kommt.
Das betrifft vor allen Dingen Menschen, die Schicksalsschläge erleiden, Menschen, die ihren Job verlieren, Menschen, die von dem Lohn ihrer regulären Arbeit nicht leben können. Außerdem sind es geflüchtete Menschen; Menschen, die aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zu uns gekommen sind. Für all diejenigen ist das Jobcenter der erste Ansprechpartner.
Dabei sind die einzelnen Biografien und die individuellen Bedarfe derjenigen, die sich hilfesuchend an das Jobcenter wenden, vielfältig. Es geht natürlich zuerst einmal um die materielle Existenzsicherung.
Wir lassen euch nicht allein, wenn ihr in eine Notlage geratet.
Weil es in den Plenardebatten in der Vergangenheit öfter der Fall war, dass Menschen, die Hilfe suchen, diskreditiert wurden, lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen: Niemand von uns kann ausschließen, nicht auch einmal Hilfe zu brauchen. Ein starker Sozialstaat und ein Bürgergeld, das wirklich absichert, sind für ein reiches Land wie Deutschland nicht nice to have, sondern geboten. Jeder Mensch in unserem Land muss in Würde leben können. Ein starker Sozialstaat erhält und schafft Arbeitskraft.
(Beifall von den GRÜNEN)
Neben der Existenzsicherung sind Beratungen im Jobcenter aber vor allem dafür da, Chancen zu schaffen: bei der Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, also in gute Arbeit, bei der Weiterbildung, bei der Ausbildung, bei der Vermittlung in den sozialen Arbeitsmarkt.
Um möglichst gut auf jeden Menschen eingehen zu können, ist ein vertrauensvolles Verhältnis mit dem eigenen Berater sehr wichtig. Auch wenn wir heute über Digitalisierung sprechen, möchte ich auch noch einmal sagen, dass das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht für uns immer noch die Priorität haben muss, denn wir reden hier von niedrigschwelligen Angeboten, die der Staat vorhalten muss.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Trotzdem ist es natürlich sinnvoll, bei der Digitalisierung voranzugehen. Eine einfache Antragstellung und die digitale Erreichbarkeit erleichtern den Zugang zum Angebot. Instrumente wie die E-Akte erleichtern es den Mitarbeitenden im Jobcenter, Anliegen zu bearbeiten.
Allerdings reden wir nicht, wie Frau Schneider es gerade dargestellt hat, erst seit gestern von der Digitalisierung, sondern wir reden schon sehr lange davon. Wenn Sie davon sprechen, dass das Onlinezugangsgesetz gescheitert sei und dass nur das Münsterland und Düsseldorf Onlineangebote hätten – Sie haben nur die beiden Beispiele genannt –, kann ich Sie beruhigen: Eine einfache Googlesuche schafft Abhilfe. Wenn man „Jobcenter Stadt x“ googelt, findet man Angebote auch in Duisburg, in Köln, in Aachen und in ländlichen Räumen wie Kleve, Wesel oder dem Rhein-Sieg-Kreis. Es ist also bei Weitem nicht so, sondern Gott sei Dank können in den allermeisten Jobcentern Onlineanträge gestellt und auch Termine vereinbart werden.
Ob zur weiteren Entwicklung der Onlineangebote die Rechtsaufsicht das richtige Instrument ist, bin ich mir wie mein Vorredner Marco Schmitz unsicher. Das können wir im Ausschuss aber gerne weiter diskutieren. Allerdings ist das Land keinesfalls untätig. Mit der Sozialplattform NRW sollten alle Bürger*innen einen Check machen können, welche Leistungen für sie infrage kommen.
Die Sozialplattform geht dabei im Übrigen weiter als der hier von der FDP gestellte Antrag, denn neben Leistungen, die beim Jobcenter beantragt werden können, gehören auch Leistungen wie das Wohngeld, die Eingliederungshilfe, der Schwerbehindertenausweis oder das Kindergeld zum Angebot der Sozialplattform. In Zukunft soll direkt dahin verlinkt werden, wo man online einen Antrag stellen kann.
Deswegen würde ich sagen: Das Land NRW sollte seine Anstrengungen darauf legen, die Schnittstellen zu den kommunalen Trägern und den kommunalen Einrichtungen, die diese Anträge annehmen, zu verbessern. Das wurde in den letzten Jahren auch aktiv betrieben.
Wir sehen und wir schätzen die Digitalisierung. Sie macht das Leben für die Menschen in unserem Land einfacher. Der Antrag der FDP ist an dieser Stelle noch nicht unbedingt gehaltvoll. Ich bin der Kollegin Teschlade dankbar für Ihre Einlassung dazu, dass Digitalisierung nur gemeinsam mit Beschäftigten geht. Ich finde, das ist auch ein wichtiger Punkt, den wir diskutieren können. Ich freue mich trotzdem auf die Befassung im Ausschuss, denn was noch an Gehalt fehlt, kann ja noch werden. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)