Josefine Paul (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das schließt quasi perfekt ans Fahrradfahren an; denn dieser Antrag beschäftigt sich mit Bewegung, aber vor allem mit der Bewegung von Kindern und Jugendlichen. Kinder brauchen Bewegung. Sie wollen toben, sie wollen spielen, sie wollen sich messen. Aber sie wollen auch einfach zusammenkommen, sie wollen Spaß haben. All das hat gerade in den letzten Monaten und Jahren gelitten.
Die WHO empfiehlt eine Stunde Bewegung für Kinder und Jugendliche pro Tag. Auch schon vor der Pandemie ist deutlich geworden, dass sich viele Kinder und Jugendliche nicht so viel am Tag bewegen. Das hat mannigfaltige Gründe. Darauf sind wir in diesem Antrag eingegangen.
Noch besorgniserregender ist allerdings, dass Studien zeigen, dass sich Kinder und Jugendliche in der Pandemie bis zu 60 % weniger bewegt haben. Das muss uns besorgen, weil das natürlich gravierende Konsequenzen hat. Bewegungsmangel hat vielfältige negative Auswirkungen, angefangen beim Übergewicht bis hin zur Beeinträchtigung der motorischen Entwicklung.
Es geht bei Bewegung aber auch um Spaß und gleichzeitig um Stressabbau. Das ist ein ganz wichtiger Faktor. Die vorteilhaften Auswirkungen von Bewegung, Spiel und Sport auf die Psyche, aber auch auf die Konzentrationsfähigkeit sind mittlerweile hinlänglich bekannt. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass diese Erkenntnisse, die uns allen nicht neu sind, dazu führen, dass wir der Bewegung, den Bewegungsräumen, den Möglichkeiten für Spiel und Sport, fürs Toben, fürs Zusammenkommen, fürs Messen insbesondere von Kindern und Jugendlichen mehr Raum geben, gerade mit Blick auf die Auswirkungen der Pandemie.
Deswegen brauchen wir einen Bewegungspakt gemeinsam mit den Akteuren des Sports – das sind die engagierten Sportvereine vor Ort, das sind die Bünde, das ist der Landessportbund, das sind die Fachverbände –, gemeinsam mit der Jugendhilfe, mit Kindern und Jugendlichen, um sie danach zu fragen, welche Räume und welche Angebote sie brauchen und wollen, um auch gemeinsam mit den Kommunen, mit den Schulen etc. für tägliche Bewegungsangebote zu sorgen.
Da ist noch viel Luft nach oben, es gibt aber auch sehr viel Bedarf. Wir brauchen jetzt einen solchen Bewegungspakt, der explizit niedrigschwellige Bewegungsangebote für Kinder und Jugendliche fördert.
(Beifall von den GRÜNEN und Regina Kopp-Herr [SPD])
Bewegung, Spiel und Sport brauchen Räume und Flächen. Dementsprechend sind wir in diesem Antrag darauf eingegangen, dass es hier auch um Stadtentwicklung und Verkehrsplanung geht.
Die Stadtentwicklung muss berücksichtigen, dass der öffentliche Raum für Kinder und Jugendliche bespielbar sein muss. Wir müssen leider feststellen, dass diese Aktionsräume, die Möglichkeiten, seine eigene Umwelt zu entdecken, sich selber körperlich zu entdecken und fit zu halten, in den letzten Jahrzehnten immer kleiner geworden sind.
Deswegen haben wir konkret aufgeschrieben, was jetzt wichtig ist, was mehr in den Blick genommen werden sollte. Das sind Spielraumkonzepte in den Kommunen im Sinne einer bespielbaren Stadt, einer Stadt, die den Bedarfen aller Rechnung trägt, nicht nur Autofahrerinnen und Autofahrern und Erwachsenen, sondern auch Kindern. Bei der Städtebauförderung müssen wir mehr Frei-, Spiel- und Bewegungsflächen berücksichtigen, da sich die Räume in den letzten Jahren und Jahrzehnten zunehmend verengt haben.
Es geht dabei auch um die Frage sicherer Verkehrswege. Wir sprachen gerade, Frau Kopp-Herr, über das Fahrradfahren. Insbesondere für Kinder und Jugendliche brauchen wir sichere Wege. Das ist nicht nur ein Beitrag zur alltagsintegrierten Mobilität und Bewegung, sondern auch zu eigenständiger Mobilität und mehr Selbstbestimmung. Ich finde, das sind zwei Effekte, die wir dringend mehr fördern müssen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Entscheidend dabei ist, dass wir das immer gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen tun. Wir müssen die Kinder- und Jugendbeteiligung in den Kommunen stärken, damit Stadtentwicklung, Verkehrsplanung, aber auch Sportentwicklungsplanung mehr von denjenigen mitgestaltet werden, die nicht zuletzt zentrale Akteure und Adressat*innen sind.
Die Schule spielt ebenfalls eine ganz wichtige Rolle bei der Bewegungsförderung. Wichtig ist, dass wir mehr Anreize für Bewegungszeiten in Schule und Kita geben. Wir müssen uns dabei über die Frage der Fachkräfte unterhalten; diese Debatte müssen wir weiterführen.
Es geht auch darum, dass der Sportunterricht nicht ständig ausfällt. Das müssen wir mehr in den Blick nehmen. Es geht darum, den Sport ganz zentral im Ganztag zu verankern, dem eine zentrale Rolle einzuräumen und dort auch dem organisierten Sport einen Platz zu geben.
Nicht zuletzt – das klingt jetzt ein bisschen banal – müssen wir die Schulhöfe mehr in den Blick nehmen, sie bewegungsfördernd ausrichten. Es gibt viele gute Beispiele, aber auch viel zu viele Betonwüsten.
Kinder und Jugendliche wollen sich bewegen, das ist ein natürlicher Drang, aber sie brauchen für die Umsetzung dieses natürlichen Drangs mehr politische Unterstützung, und sie brauchen mehr gezielte Förderung. Dazu legen wir hier ein umfassendes Maßnahmenpaket vor. Wir hoffen natürlich auf Ihre breite Zustimmung, denn ich denke, das eint uns alle: Wir wollen Kinder in Bewegung bringen.
(Beifall von den GRÜNEN und Regina Kopp-Herr [SPD])
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Kollegin Paul. –