Josefine Paul: „Wir brauchen kein Rettungsprogramm, sondern ein neues Kita-Gesetz“

Antrag von CDU und FDP für ein Kita-Rettungsprogramm

Portrait Josefine Paul

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Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frühkindliche Bildung ist ein zentraler Baustein unserer Bildungslandschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Eine nachhaltige Kita-Finanzierung muss sich an dem Dreiklang aus mehr Qualität, mehr Bildungsgerechtigkeit und einem stabilen Finanzierungssystem orientieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, Ihr Antrag wird leider keinem dieser drei Ziele gerecht.
(Zuruf von der CDU)
Sie schreiben in Ihrem Antrag von der chronischen Unterfinanzierung, die viele Träger in finanzielle Not bringt. Das ist sicher richtig. In Ihrem Antrag erwähnen Sie aber nicht, dass diese chronische Unterfinanzierung der Kitas dem Konstruktionsfehler bzw. den Konstruktionsfehlern Ihres KiBiz geschuldet ist und durch Ihr KiBiz und diese Konstruktionsfehler ausgelöst wurde. Das ist erwähnenswert, wenn wir schon bei der historischen Aufarbeitung sind.
Kollege Maelzer hat schon darauf hingewiesen: Die rot-grüne Landesregierung hat in zwei Revisionsschritten erhebliche Mehrmittel ins System gegeben, wie bei der U-3-Pauschale, und sie hat zusätzliches Personal im Bereich plusKITA ermöglicht, um insbesondere für die Kinder Chancen und mehr Bildungsgerechtigkeit herbeizuführen, die einen besonderen Unterstützungsbedarf haben. Wir haben auch die frei werdenden Mittel des Betreuungsgeldes vollumfänglich in die frühkindliche Bildung investiert.
(Zuruf von der CDU)
Trotz all dieser Maßnahmen muss man aber zu dem Schluss kommen, dass das KiBiz am Ende seiner Reformierbarkeit angelangt ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich bin in der Tat gespannt, ob das, was Sie hier vorgelegt haben – also diese Worthülsen von einem neuen, auf Pauschalen basierten Finanzierungssystem –, Ihr Versuch ist, bei einem völlig vermurksten Gesetz jetzt doch noch eine Reformierbarkeit herzustellen, oder ob Sie sich fachlich mit der Diskussion auseinandersetzen und ein neues Gesetz auf den Weg bringen wollen, das den Bedürfnissen der Kitas, der Erzieherinnen und Erzieher und der Eltern – die Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben Sie ja auch gerade wieder hoch gehängt – auch tatsächlich gerecht wird.
Die Anhörung zu dem rot-grünen Gesetz zur überbrückenden Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kindertagesbetreuung, das Sie in Ihrem Antrag erwähnt haben, hat ergeben, dass dieses Überbrückungsgesetz ein erster Schritt – das war auch immer nur seine Aufgabe – zur dringend notwendigen Verbesserung der finanziellen Situation der Kitas ist. In der Anhörung wurde deshalb zu Recht immer wieder darauf hingewiesen, dass man zeitnah einen zweiten Schritt folgen lassen müsste. Darüber hinaus waren sich die Sachverständigen einig, dass wir eine neue Kita-Finanzierung benötigen, die die finanziellen, pädagogischen, personellen, räumlichen und verwaltungstechnischen Anforderungen auskömmlich berücksichtigt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen keinen erneuten ersten Schritt, den hatten wir bereits. Wir brauchen auch keine Einmalzahlungen an die Träger. Wir brauchen ein neues Kita-Gesetz und kein wolkig umschriebenes Gesetz; Kollege Maelzer hat die Fragen ja aufgeworfen, die sich aus unserer Sicht an diesen etwas wolkig formulierten Antrag richten. Wir brauchen kein Rettungsprogramm, sondern ein Kita-Gesetz, das dem Finanzierungsmurks Ihres KiBiz endlich ein Ende macht. Damit stehen wir auch durchaus unter einem gewissen zeitlichen Druck. Die Erhöhung der Dynamisierung ist bis zum Jahr 2018 begrenzt. Danach brauchen wir für die Kitas in NRW eine nachhaltige Finanzierung, darüber haben wir schon mehrfach diskutiert.
(Zuruf von der CDU)
Der Antrag macht deutlich, dass CDU und FDP die letzten sieben Jahre offenbar nicht dazu genutzt haben, an einem Finanzierungssystem zu arbeiten.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Sie haben sieben Jahre nichts getan!)
Wir wollen Sie aber nicht in der ersten inhaltlichen Sitzung darauf festnageln, dass Sie das schon fertig mitbringen müssen, sind aber sehr wohl darauf gespannt, wie das aussehen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP und lieber Herr Minister Stamp, verschonen Sie uns mit diesem Rettungsprogramm. Gehen Sie den notwendigen zweiten Schritt und keinen wiederum ersten Schritt „wir gucken mal und hangeln uns irgendwie daran entlang“. Entwickeln Sie in Abstimmung mit den beteiligten Akteuren ein auskömmliches Finanzierungssystem, das sich an dem soeben von mir erwähnten Dreiklang mehr Qualität, mehr Bildungsgerechtigkeit und einem stabilen Finanzierungssystem orientiert und diesem Rechnung trägt. Wir wollen und werden uns konstruktiv in diesen Prozess einbringen, und – das mit Verlaub auf Herrn Kamieth – der Opposition ist es durchaus erlaubt, eigene Konzepte vorzulegen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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