Josefine Paul: „Wir brauchen auch eine Kultur, in der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht allein als Frauenproblem abqualifiziert wird“

Antrag der FDP zum Landesgleichstellungsgesetz

Portrait Josefine Paul

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Josefine Paul (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Frau Scharrenbach, dass Sie der Kollegin Schneider einmal das LGG erläutert haben. Vielleicht fragt sie das nächste Mal vorher nach. Dann müssen wir uns hier nicht mit solch unsinnigen Anträgen beschäftigen.
Sie schlagen hier die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Gesellschaft vor. Ja, dieses Ziel teilen wir alle miteinander. Dieses Ziel ist schon im Landesgleichstellungsgesetz festgeschrieben. Daran wird sich bei der Novellierung auch nichts ändern. Sie werden darin weiterhin die Gleichberechtigung von Frauen und Männern finden.
Sie schreiben aber nichts Konkretes. Sie schreiben allerlei wolkige Sachen auf, die unbedingt eingelöst werden müssten.Aber dann nennen Sie mir doch einmal einen konkreten Punkt, an dem Männer wirklich so schrecklich benachteiligt werden.
(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Ich weiß auch keinen!)
Frau Kollegin Kopp-Herr hat es auch schon gemacht. Aber fangen wir doch einmal mit ein paar Fakten an. Wir haben demnächst den Equal Pay Day. Frauen verdienen nach wie vor weniger: 22 % unbereinigte Lohnlücke, 8 % bereinigte Lohnlücke.
(Ralf Witzel [FDP]: Das ist doch eine aggregierte Betrachtung!)
– Stellen Sie doch eine Zwischenfrage, wenn Sie irgendetwas dazu beizutragen haben. – Die bereinigte Lohnlücke beträgt 8 %. Wenn Sie das auf den Lebensverlauf hochrechnen, kommen wir bei der Rente zu einem sogenannten Gender Pension Gap von fast 60 %. Damit sind wir EU-weit am Ende, am Schluss. Dazu kommt von Ihnen kein Wort. Keine konkrete Fragestellung zu nichts!
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie haben es schlicht nicht verstanden. Sie weigern sich auch – das sehe ich nicht zuletzt an den Anmerkungen von Herrn Witzel – konsequent, das zu verstehen.
(Zurufe von der FDP: Oh! Oh! – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
– Ja, genau; glauben Sie keiner Statistik, die Sie nicht selbst gefälscht haben. Dann zeigen Sie mir doch die Daten, nach denen Frauen in diesem Land genauso viel verdienen wie Männer. Aber das können wir gerne herstellen, wenn Sie auf Bundesebene, wo Sie zwar nicht im Parlament vertreten sind, aber eine Bundespartei haben, auch die Initiative für ein Transparenzgesetz unterstützen, damit wir nämlich genau diese Transparenz schaffen. Dann wird auch Ihnen klar werden, dass Frauen und Männer in diesem Land für die gleichen Tätigkeiten nicht gleich bezahlt werden.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Manchmal, nicht immer!)
– Ich habe es aufgegeben. Frau Schneider versteht es nicht. Sie verstehen es nicht.
(Ralf Witzel [FDP: Sie wissen es nicht! – Dr. Gerhard Papke [FDP]: Vielleicht liegt es an Ihnen!)
– Nein, ich glaube nicht, dass es an mir liegt. Das glaube ich nicht. – Herr Witzel, ich lade Sie ein: Kommen Sie doch am 8. März 2016 hier zu der großen Veranstaltung und diskutieren mit uns gemeinsam. Kommen Sie am Equal Pay Day zu den vielen Aktionen, die es geben wird. Da werden die Frauen es Ihnen noch einmal erläutern.
Ich habe noch einen Fernsehtipp für Sie. Auf der Seite zum Equal Pay Day finden Sie einen wirklich interessanten Film der Satiresendung „Die Anstalt“. Dieser Film erklärt sehr anschaulich, woher die Ungerechtigkeiten in der Lebensverlaufsperspektive zwischen Männern und Frauen rühren. Das könnte vielleicht auch bei Ihnen helfen.
Was sind notwendige Forderungen, die in Ihrem Antrag nicht enthalten sind? Dazu zählen zum Beispiel gendersensible Pädagogik und gendersensible Berufswahlorientierung. Sie haben ja Recht damit, dass wir die Gleichstellung von Frauen und von Männern fördern müssen. Das bedeutet, dass auch Jungs das Recht haben, für sich Berufsfelder zu entdecken, die sie bislang nicht entdeckt haben. Deswegen brauchen wir diese Dinge als konkrete Forderung. Wir brauchen auch eine Kultur, in der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht allein als Frauenproblem abqualifiziert wird und in der es auch Männern möglich ist, Pflegearbeit zu übernehmen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir hatten gerade den Equal Care Day, der zum ersten Mal am 29. Februar 2016 stattgefunden hat. Dabei wurde noch einmal sehr deutlich, dass 80 % der Fürsorgearbeit nach wie vor von Frauen erledigt werden. Aber da haben Sie sicherlich auch ein paar Zahlenkorrekturen für mich. Ich bin gespannt.
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Diese Dinge brauchen wir, um eine vernünftige Kultur herbeizuführen – beispielsweise auch bei der Frage von Gender-Mainstreaming-Beauftragten in der eigenen Verwaltung. Die Landesregierung hat in jedem Haus sogenannte Gender-Mainstreaming-Beauftragte. Darüber ist bereits berichtet worden, auch in unserem Ausschuss. Das sind zum Teil auch Männer. Zum Beispiel im Emanzipationsministerium ist der Gender-Mainstreaming-Beauftragte ein Mann.
Das heißt im Grunde genommen: Ihr Antrag ist dadurch obsolet, dass es a) im LGG bereits festgeschrieben ist, b) überflüssig ist und c) an überhaupt keiner Stelle inhaltlich substanziell ist. Dementsprechend werden wir den Antrag in dieser Form ablehnen.
Ich finde es ein bisschen schade, dass Frau Scharrenbach nach der durchaus nachvollziehbaren Argumentation, warum Ihr Antrag nicht besonders stichhaltig ist, am Ende gesagt hat, dass ihre Fraktion sich enthalten werde. Konsequent wäre es gewesen, dann zu sagen: Diesem Antrag stimmen auch wir als CDU-Fraktion nicht zu. – Aber so ist es leider nicht. – Danke.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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