Josefine Paul: „Vielfalt ist in bestem Sinne Heimat“

Antrag der GRÜNEN im Landtag "Flagge zeigen für Vielfalt"

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon angeklungen: Eigentlich wären wir jetzt mitten in der CSD-Saison – überall in NRW bunte Feste und Demos und viel queeres Engagement für Sichtbarkeit von LSBTI und eine offene Gesellschaft und gegen jede Form von Diskriminierung.
Herr Kollege Müller hat es schon gesagt: In 18 Städten in NRW, von Paderborn über Münster, Recklinghausen und Siegen bis nach Düsseldorf, Bonn und Köln, aber auch in Dortmund, Duisburg oder Essen – überall gehören CSDs mittlerweile ganz selbstverständlich zum städtischen Veranstaltungskalender. Das zeigt – und das schließt auch ein Stück weit an die Ausführungen des Kollegen Müller in Bezug auf die Heimat und die Ausgestaltung unserer Heimat an –: NRW ist bunt, und das Bunte gehört ganz selbstverständlich auch zu Nordrhein-Westfalen.
Das zeigt sich eigentlich auch in den vorliegenden Anträgen; denn im Kern wollen wir doch das Gleiche. Wir alle wollen unterstützen, dass diese Vielfalt Nordrhein-Westfalen ausmacht. Aber – es ist bereits ausgeführt worden – aus bestimmten Gründen, die auch ich nicht nachvollziehen kann, ist es leider nicht zu einer gemeinsamen Antragsinitiative gekommen. Aber – und das will ich noch einmal sehr deutlich unterstreichen – das Ziel eint uns ja, das Ziel nämlich, Vielfalt auch sichtbar zu machen, und das auch in schwierigen Zeiten.
Beim Stichwort „Sichtbarkeit“ komme ich auf etwas, was ganz konkret und ohne großen Aufwand durch die Landesregierung umsetzbar wäre. Da ist die Frage, ob man nicht auch ein buntes, regenbogenfarbenes Zeichen am Ministerium setzen kann, indem man die Regenbogenflagge hisst. Es gibt verschiedenste Daten im Jahresverlauf, die sich dazu anbieten. Da wäre der Christopher Street Day am 28. Juni oder der CSD, wenn er denn in der Landeshauptstadt stattfindet. Es würde auch am Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie oder zum Coming-Out-Day gehen.
Es gibt diverse Anlässe, zu denen es ein schönes, buntes Zeichen wäre, wenn auch die Landesministerien die Regenbogenfahne hissen würden. Viele Rathäuser in Nordrhein-Westfalen machen es mittlerweile vor. Es gibt sogar manch ein Landesministerium in anderen Bundesländern, das das auch schon macht. Folgen Sie doch diesem bunten Beispiel!
(Beifall von den GRÜNEN)
Aber in diesem Jahr ist nun mal alles ein Stück weit anders. Auch die Community ist natürlich von der Coronakrise betroffen. Das trifft zum einen sehr sichtbar die CSDs. In diesem Jahr können sie nicht wie gewohnt stattfinden. Auch – Kollege Müller hat schon darauf hingewiesen – die EuroGames, die Anfang August in Düsseldorf stattfinden sollten, mussten leider abgesagt werden. Wir haben schon in der letzten Legislaturperiode einen gemeinsamen Antrag verabschiedet, um dieses Sportfest zu unterstützen. Die Landesregierung hat Unterstützung zugesagt, und die Landeshauptstadt auch. Leider wird es dieses tolle queere Sportfest in diesem Jahr nicht geben.
Aber das queere Leben in Nordrhein-Westfalen besteht ja nicht nur – bei Weitem nicht nur – aus den Christopher-Street-Day-Straßenfesten und -Demonstrationen. Jugendtreffs, Beratungsstellen und Safe spaces sind gleichermaßen von der Coronakrise betroffen. Sie sind wichtige Anlaufstellen für LSBTI, und sie sind zurzeit eben auch nur eingeschränkt zugänglich. Kollege Müller hat darauf hingewiesen, warum diese Anlaufstellen, diese Orte, diese Safe spaces so wichtig für die LSBTI-Community sind. Ich will noch einmal unterstreichen: Das ist insbesondere für junge Menschen der Fall, die sich in der Identitätsfindung befinden, die in ihrem Coming-out-Prozess sind, die vielleicht Probleme in ihrem direkten sozialen oder familiären Umfeld haben. Für all diese Menschen ist das extrem wichtig.
Natürlich konnte vieles ins Digitale verlagert werden. Aber wie bei vielen oder eigentlich bei allen Beratungsangeboten kann das Digitale natürlich den persönlichen Austausch, die physische Anlaufstelle, den Ort, an dem ich mich geborgen fühle, nicht ersetzen. Dementsprechend ist es wichtig, dass wir da noch mal genau hinschauen, damit diese wichtige Infrastruktur nicht durch die Coronakrise unwiederbringlichen Schaden nimmt.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Ja, die Landesregierung fördert die vielfältigen Projekte und Strukturen auch in der Krise weiter, und das ist gut und richtig. Nichtsdestotrotz muss gemeinsam mit den Akteurinnen und Akteuren aus der Community geschaut werden, dass es keine krisenbedingten Schäden an dieser Infrastruktur gibt. Wir müssen auch hinschauen, wo uns die Krise Nachbesserungsbedarfe aufgezeigt hat, wo die Infrastruktur, die LSBTI-Community und ihre Strukturen noch krisenfester ausgestaltet werden müssen.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit viel Engagement und Kreativität werden vor Ort jetzt Aktionen geplant, um auszugleichen, dass es die gewohnten CSDs nicht gibt, und trotzdem weiter für Sichtbarkeit zu sorgen und eine bunte Gesellschaft auf die Straße zu bringen.
Aber auch in normalen Zeiten ist viel Kreativität nötig, insbesondere, wenn man die kleinen Straßenfeste und Demos irgendwie auf die Straße bringen möchte. Deswegen wäre es ein gutes und wichtiges Zeichen nicht nur aus der Krise heraus, sondern ganz generell, wenn es eine landesseitige Unterstützung insbesondere für kleine CSD und das hohe zivilgesellschaftliche Engagement, das dahintersteht, geben würde.
Setzen Sie ein buntes Zeichen. Vielfalt ist in bestem Sinne Heimat. Deshalb sollte man CSDs in dieser Art und Weise fördern. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

Mehr zum Thema

Queer