Josefine Paul: „Nur wenn sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung bewusst sind, wird die Sicherheit bei Fußballspielen verbessert werden können“

FDP-Antrag gegen Fußballrandalierer

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu dieser späten Stunde und bei fußballerischer Konkurrenz sind doch noch einige hier im Saal, was ganz erfreulich ist. Herr Kollege Lohn, Ihr Law-and-Order-Beitrag mit Law-and-Order-Rhetorik hatte zum Schluss mehr mit Pferden als mit Fußball zu tun. Kommen wir zum eigentlichen Thema zurück! Es handelt sich um Fußball und die Auseinandersetzung mit einem zugegebenermaßen schwierigen Thema.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Fußball ist ein Teil unserer Kultur und ein Phänomen, das die Menschen zusammenbringt unabhängig von ihrem Alter, ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität, ihrem sozialen Hintergrund. Fußball fasziniert einfach alle Menschen.
Genauso vielschichtig und bunt wie die gesamte Zuschauer- und Zuschauerinnenschaft sind auch die Fankultur und die Fanszene selbst. Sie ist bunt, aber – das haben wir heute schon gehört, und das darf man nicht negieren – auch widersprüchlich. Denn diese erfreuliche Vielfalt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Fußball- und Fankultur auch Schattenseiten haben. Die Szenen – wir haben es schon mehrfach gehört –, wie wir sie im Kontext des Revierderbys erleben mussten, wollen wir in dieser Form nicht wiedersehen. Stadien und der Kontext von Fußballspielen sind keine rechtlosen Orte, an denen sich kleine Gruppen gewalttätig austoben können. Ich denke, an dieser Stelle gibt es einen gemeinsamen Konsens.
Wer aber einseitig auf repressive Strategien setzt, greift eindeutig zu kurz. Diesem im Übrigen auch nicht neuen Phänomen von Gewalt im Kontext von Fußballspielen zu begegnen, ist eine Aufgabe, die viele Akteure und unterschiedlichste Maßnahmen erfordert. NRW – es ist bereits erwähnt worden – geht mit gutem Beispiel voran, wenn es darum geht, eine Strategie zu verfolgen, die nicht einseitig nur auf repressive Maßnahmen setzt, sondern auch gleichzeitig auf Verantwortung und Dialog. Es mag sein, dass einige von Ihnen den Dialog für ein nicht besonders tragfähiges Konzept halten. In einem Rechtsstaat halte ich den Dialog durchaus für ein tragfähiges und sehr sinnvolles Konzept, anstatt mit dem Knüppel aus dem Sack zu kommen.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
Denn nur wenn sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung bewusst sind, wird die Sicherheit bei Fußballspielen verbessert werden können. Dazu gehört natürlich die konsequente Verfolgung von Straftaten genauso wie eine verantwortungsbewusste Fankultur sowie Vereine und Verbände, die Fußball eben nicht nur als Wirtschaftsfaktor betrachten, sondern auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Fußball ist eben keine Dienstleistung von 22 Fußballprofis für 50.000 Zuschauerinnen und Zuschauer.
Fankultur ist auch Jugendkultur. Nicht zuletzt aus dieser Erkenntnis heraus fördert die Landesregierung 14 sozialpädagogische Fanprojekte, die eine sehr gute Arbeit im Bereich der Prävention leisten.
Zentrales Element einer gelingenden Sicherheitspolitik muss aus meiner Sicht Kommunikation sein. Das gilt für die Kommunikation zwischen Vereinen und ihren Fans – auch da besteht eine Verantwortung –, aber auch für die Zusammenarbeit aller Beteiligten. Das sind eben nicht nur Fans und ihre Vereine.
Lokale und nationale Netzwerkarbeit ist ein integraler Bestandteil dieser Strategie. Örtliche Ausschüsse, Sport und Sicherheit haben sich als wirksame Bausteine einer Vor- Ort-Strategie erwiesen. Präventive Strategien setzen eben gerade auf diesen Dialog und werden auch weiterhin ein zentraler Baustein unserer nachhaltigen Sicherheitskonzeption sein. Ich glaube, damit werden wir sehr viel erfolgreicher sein als mit den Forderungen, die Herr Lohn formuliert hat, bevor er von Pferden sprach.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich wünsche mir allerdings auch dass die DFL und der DFB ihre Positionen ein Stück weit in diese Richtung verändern. Denn die Androhung von Ganzkörperkontrollen durch private Sicherheitsdienste in Containern empfinde ich als absolut unerträgliche Vorstellung, die einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte durch private Dienste darstellt.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
Im Sinne aller Fußballfans und im Interesse aller Menschen in NRW muss von den Vereinen und Verbänden einfach mehr kommen als nur solche Ideen.
Es ist bereits erwähnt worden, allein 30 % der Einsatzstunden der Bereitschaftspolizei gehen mittlerweile in die Einsätze rund um Fußballspiele. Nimmt man diese Zahl und die anderen Maßnahmen, die ich zum Teil beschrieben habe, wird klar, dass das Land NRW sehr wohl Woche für Woche seinen Beitrag zu einem sicheren und fröhlichen Fußballerlebnis leistet. Hier auch Entlastung für die Einsatzkräfte zu schaffen, liegt nicht zuletzt in der Verantwortung von DFL und DFB, die für die Spielansetzungen verantwortlich sind und damit ihren Beitrag zu einem Abbau von Einsatzspitzen leisten können.
Die konsequente Verfolgung von Straftaten und der dringend notwendige Dialog zwischen den unterschiedlichen Akteuren im Kontext von Fußball stellen dabei keineswegs einen Widerspruch dar. Im Gegenteil! Wer nachhaltig und ernsthaft die Situation verbessern will, muss Gräben zuschütten, statt generellen Verdächtigungen nachzujagen.
Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Müller?
Josefine Paul (GRÜNE): Ja, gerne, Herr Müller.
Vizepräsident Oliver Keymis: Bitte schön, Herr Müller.
Holger Müller (CDU): Frau Kollegin Paul, sind Sie wirklich der Meinung, dass es sich bei diesen Gewaltakten ausschließlich um ein Problem des Fußballs handelt? Oder bietet der Fußball nur den Rahmen für solche Gewaltakte?
Josefine Paul (GRÜNE): Herr Müller, vielen Dank für die Frage. Natürlich ist das kein Problem des Fußballs an sich, sondern auch ein gesamtgesellschaftliches Problem. Natürlich ist der Fußball hier ein Rahmen. Aber das kann doch nur heißen, dass wir dementsprechend auch ganzheitliche Strategien finden müssen, um dem zu begegnen. Genau da kann der Fußball eben auch ein Rahmen sein. Deswegen haben wir beispielsweise sozialpädagogische Fanprojekte, die den Fußball als Rahmen nutzen und über den Fußball hinausgehend tatsächliche Jugendarbeit leisten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Jetzt ist meine Redezeit doch tatsächlich schon abgelaufen. Deshalb möchte ich einfach wie folgt schließen:
(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)
Ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen und lege meine Hoffnung hinein, dass wir dort der Vielschichtigkeit und der notwendigen Differenzierung dieses Themas gerecht werden.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

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