Josefine Paul: „Kinderspiel und Kinderlärm sollten nicht unterschiedlich bewertet werden, je nachdem wo die Kinder spielen.“

Antrag von SPD und GRÜNEN zu Lärm von Sportplätzen

Portrait Josefine Paul

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Josefine Paul (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kinderlärm ist Zukunftsmusik. Dieser Spruch klingt vielleicht mittlerweile ein bisschen abgedroschen, aber er ist deswegen nicht minder wahr.
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Stimmt!)
Kinder brauchen Freiräume, um sich entwickeln und sich sowie ihre Umwelt erfahren zu können. Kinder haben auch ein Recht zu spielen.
Die Privilegierung von Kinderlärm in Kitas und auf Spielplätzen trägt dabei einer gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung, die Kindern ebendiese Freiräume ermöglichen will. Dieses Ziel teilen ausdrücklich Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen. Ich denke, dass sich alle Fraktionen in diesem Haus dieser Auffassung anschließen können.
Ich denke darüber hinaus, dass ich ebenfalls für alle Fraktionen sprechen kann, wenn ich sage, dass es gleichermaßen unser gemeinsames Anliegen ist, Kinder und Jugendliche in Bewegung zu bringen. Denn Sport, Spiel und Bewegung sind zentrale Bausteine für eine gesunde physische, psychische und emotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
(Unruhe)
Trotzdem – Kollege Weske hat das anhand zahlreicher Beispiele ausgeführt – kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Sportvereinen sowie Anwohnerinnen und Anwohnern. Nicht zuletzt die städtische Nachverdichtung und die heranrückende Wohnbebauung führen oftmals zu Konfliktlagen zwischen den Interessen des Sports auf der einen Seite und auf der anderen Seite den nicht minder berechtigten Ruhebedürfnissen von Anwohnerinnen und Anwohnern. Problematisch ist dabei nicht nur der Lärm, der vom Sport selbst ausgeht,
(Fortgesetzt Unruhe)
sondern auch der Lärm, der auch in diesem Saal sehr hoch ist.
(Heiterkeit und Beifall)
Aber problematisch ist auch der Lärm durch die An- und Abfahrten, durch Lautsprecheransagen sowie auch und gerade durch Feiern auf dem Vereinsgelände am Wochenende.
Meine Damen und Herren, mit diesem Antrag geht es ausdrücklich nicht darum, pauschal die Immissionswerte für Sportstätten zu erhöhen. Einem angestrebten Interessenausgleich zwischen Sport- und Wohnbedürfnissen wäre so sicherlich nicht angemessen Rechnung zu tragen.
Vielmehr geht es darum, den Lärmschutz an die veränderten gesellschaftlichen Realitäten anzupassen. Darin stimmen wir auch mit dem Präsidium des Deutschen Städtetages überein, das ebenfalls einen fairen und langfristig tragfähigen Ausgleich zwischen den Interessen der Sportlerinnen und Sportler sowie der Anwohnerinnen und Anwohner anstrebt. Ein solcher Ausgleich – so der Präsidiumsbeschluss – schließt eine unbeschränkte Nutzung von Sportanlagen ebenso aus wie deren Verdrängung an die Peripherie; Kollege Weske hat das gerade schon angesprochen.
Ein Interessenausgleich scheint nur dann möglich, wenn die unterschiedlichen Interessen in einen Dialog einbezogen werden. Deshalb fordern wir mit diesem Antrag die Landesregierung auf, im Anschluss an die bereits bestehende AG Sportlärm die gemeinsame Konfliktlösung im Rahmen eines runden Tisches unter Einbeziehung des Sports und der kommunalen Spitzenverbände weiterzuverfolgen.
Ein erster Ausfluss eines solchen Dialogprozesses unter Einbeziehung der unterschiedlichen Interessen ist bereits der Erlass zum Altanlagenbonus gewesen, der an dieser Stelle einen richtigen und wichtigen Schritt darstellte. Trotzdem erscheint es uns sinnvoll, weitere Informationsarbeit zu leisten, um damit Handlungssicherheit vor Ort zu gewährleisten und über die Rechtslage zum Umgang mit bestehenden Sportanlagen zu informieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundesgerichtshof hat gestern entschieden, dass Kinderlärm, der in diesem Fall konkret von einem Bolzplatz einer Schule ausging, zu akzeptieren ist und keinen Mietminderungsgrund darstellt. Ich finde: Das ist ein gutes Zeichen für eine bewegte Kindheit.
(Lebhafter Beifall von den GRÜNEN – Beifall von der SPD)
Es gilt aber darüber hinaus, auch zu prüfen, ob sich diese Regelungen auch auf Sportplätze ausweiten lassen. Kinderspiel und Kinderlärm sollten nicht unterschiedlich bewertet werden, je nachdem wo die Kinder spielen.
(Beifall von Karin Schmitt-Promny [GRÜNE])
Darüber hinaus gilt es auch, die Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen, die bekanntermaßen im Moment zwischen 13 und 15 Uhr liegen, zu überprüfen und geänderten gesellschaftlichen Lebens- und Arbeitsgewohnheiten anzupassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Freien Demokraten, noch einige Sätze zu Ihrem Antrag: Aus unserer Sicht hätten Sie sich unserem Antrag einfach anschließen können. Denn soweit es um die Privilegierung von Kinderlärm geht, sind wir durchaus einer Meinung.
Allerdings erscheint mir der Verweis, den Sie dann noch zum LEP hineingebracht haben, ein klein wenig konstruiert und weniger Ihrem Engagement für den Kindersport geschuldet, sondern mehr der Tatsache, dass es im Moment gerade eine breite Debatte darüber gibt und Sie dazu auch noch einen Beitrag leisten wollen.
(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])
– Na ja, dafür haben Sie sich dann in Ihrer Unterkomplexität oder Überkomplexität selbst verwirrt. Ich finde nämlich, dass nicht ganz schlüssig ist, was Sie da schreiben. Auf der einen Seite – da gebe ich Ihnen recht – gehören Sportstätten natürlich nicht an die Peripherie, sondern in die Quartiere, weil wir die dort lebenden Menschen in Bewegung bringen wollen. Insoweit stimme ich Ihnen zu, gar keine Frage. Aber dann verweisen Sie darauf, dass der LEP die Einrichtung von Sportanlagen eben in diesen Quartieren erschweren würde. Abgesehen einmal davon, dass das so nicht ganz zutreffend ist, erschließt sich zumindest mir diese Logik nicht. Wo sollen die Sportanlagen denn jetzt hin – an die Peripherie oder nicht an die Peripherie?
Ich schlage vor, stimmen Sie im Interesse unserer Kinder unserem Antrag zu und verzichten Sie auf weitere politische Scharmützel. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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