Josefine Paul: „Instrumentalisieren Sie nicht die Situation von Kindern und Jugendlichen“

Zum Antrag der "AfD" zur Situation von Kindern und Jugendlichen unter Corona

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich sind wir uns alle in diesem Haus hier einig, dass Kinder und Jugendliche besonders unter dieser Pandemie leiden, dass insbesondere ihre Lebensräume in großem Maße eingeschränkt wurden. Das hat Folgen für Bildungschancen. Aber natürlich hat es auch psychische Folgen. Es hat Folgen wie Bewegungsmangel. Es führt zu Vereinsamung. Es führt auch zu Ängsten. Ja, das muss alles in den Blick genommen werden. Aber diese Erkenntnisse sind nicht neu, und Sie liefern mit Ihrem Antrag auch keinerlei neue Erkenntnisse.

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

Was Sie in Ihrem Antrag überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen wollen – das hat Frau Dworeck-Danielowski ja gerade auch noch mal ausgeführt –, ist die Tatsache, dass die Pandemie selbst doch Risiken für Kinder und Jugendliche birgt

(Helmut Seifen [AfD]: Nein, kaum!)

und dass wir die Verantwortung haben, Kinder und Jugendliche vor dieser Pandemie und ihren Folgen zu schützen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie schreiben dann – und Frau Dworeck-Danielowski hat es auch gerade noch mal ausgeführt, falls man das so nennen kann – vom permanenten Bedrohungsgefühl. Da sprechen Sie nicht vom Virus, sondern da sprechen Sie von den erforderlichen Maßnahmen. Aber was, wenn nicht das Virus selbst, ist denn der Grund für diese Maßnahmen? Was denn sonst?

(Helmut Seifen [AfD]: Sie! – Sven Werner Tritschler [AfD]: Ihre Politik!)

Das ist die Bedrohungslage, und die Maßnahmen sind erforderlich. Das, was Sie hier vortragen, ist brandgefährlich. Sie reden einer Durchseuchung das Wort, und das ist unverantwortlich, insbesondere für Kinder und Jugendliche.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Iris Dworeck-Danielowski [AfD])

Wenn man ernsthaft Politik betreiben möchte und ernsthaft etwas für Kinder und Jugendliche tun möchte, dann geht es doch darum, Infektionsschutz, Bildungsgerechtigkeit und gute Aufwachsensbedingungen miteinander in Einklang zu bringen.

Ich greife nur ein Beispiel heraus. Sie fordern, „sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, Grundschulen und weiterführende Schulen offenzuhalten“. Dann sagen Sie aber, dass der „Maskenzwang“ – wie Sie es nennen – der falsche Weg sei.

(Helmut Seifen [AfD]: Ja! Sie sind doch getestet!)

Wenn Sie ernsthaft ein Interesse daran hätten, Kinder und Jugendliche zu schützen und gleichzeitig Bildungsgerechtigkeit offenzuhalten, dann würden Sie nicht permanent die Maßnahmen infrage stellen,

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Vor was denn schützen?)

die erwiesenermaßen wirksam sind. Das ist alles eine Scharade, was Sie hier aufführen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das wissen Sie auch ganz genau.

(Zuruf von Iris Dworeck-Danielowski [AfD])

Das ist schon in der Nähe von Populismus.

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

„Solidarität“ findet man ja als Begriff in Ihrem Antrag auch nicht – das ist auch nicht besonders verwunderlich –, Solidarität nämlich bei der Frage des Impfens. Impfen ist der Weg aus der Pandemie. Da sind wir uns hier in diesem Haus alle einig – mit Ausnahme einer Fraktion.

(Helmut Seifen [AfD]: Die stecken sich doch alle an! – Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Dementsprechend ist es auch nicht besonders verwunderlich, dass das in Ihrem Antrag nicht vorkommt. Das wäre solidarisch mit Kindern und Jugendlichen – kein Wunder, dass das bei Ihnen im Antrag nicht vorkommt.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Noch einen Punkt finde ich entlarvend. Wir haben von Studien gesprochen. Wir haben ja im Ausschuss auch viele Studien zur Kenntnis genommen. Wir haben über viele debattiert. Wir haben vieles auch hier immer wieder zitiert. Aber ein zentraler Befund ist ja auch, dass sich Kinder und Jugendliche in dieser Pandemie nicht gesehen und nicht ernst genommen gefühlt haben.

(Helmut Seifen [AfD]: Ja, von Ihnen!)

Dazu gibt es auch übrigens Studien.

Erstaunlicherweise ist die Frage der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen nicht mit einem Wort erwähnt in diesem Antrag. Diejenigen, um die es Ihnen in diesem Antrag scheinbar geht, finden weder bei den Forderungspunkten noch im gesamten Fließtext überhaupt Erwähnung. Dass Beteiligung auch ein Weg wäre, um sich überhaupt mit Kindern und Jugendlichen auseinanderzusetzen, kommt nicht vor. Das ist doch bezeichnend.

Spätestens – das muss man doch auch mal so deutlich konstatieren – nach Ihren Ausführungen vorhin ist doch deutlich geworden, worum es Ihnen vor allen Dingen geht.

(Helmut Seifen [AfD]: Die Kinder!)

Es geht Ihnen darum, zu polarisieren. Ich will Ihnen sehr deutlich sagen: Instrumentalisieren Sie dafür nicht die Situation von Kindern und Jugendlichen!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)