Josefine Paul: „In dieser Lebenslage geht es um wesentlich mehr als um finanzielle Fragen“

Antrag von CDU und FDP zu Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ungewollte Kinderlosigkeit – die Debatte macht es deutlich; da sind wir uns auch einig – ist ein persönliches Schicksal, unter dem betroffene Paare oftmals sehr leiden. Ihr Wunsch, alle medizinischen Möglichkeiten auszuschöpfen, ist daher nur allzu verständlich.
In dieser Lebenslage geht es aber um wesentlich mehr als um finanzielle Fragen. So wichtig für die Betroffenen auch die Frage der Kostenübernahme ist, geht es weit darüber hinaus: Es geht um qualifizierte Beratung, es geht um Betreuung und um Begleitung der Paare.
Im Antrag von CDU und FDP wird dieser Aspekt leider nur in einem Nebensatz aufgeführt. Kein Wort auch zu den Risiken, die mit einer solchen medizinischen Behandlung verbunden sind. Für die Frauen sind diese Behandlungen mit diversen medizinischen Risiken – von der Hormongabe über die Entnahme von Eizellen bis hin zu möglichen Komplikationen bei Mehrlingsschwangerschaften – verbunden. Darüber hinaus ist eine sogenannte Kinderwunschbehandlung auch mit großen psychischen Belastungen verbunden, insbesondere dann, wenn sie temporär oder auf Dauer ohne Erfolg bleibt.
Es ist also bei Weitem nicht allein eine Frage nach Anzahl und Art der Finanzierung der Versuche. Die Tiefe und die Vielschichtigkeit dieses Themas blieben Ihnen möglicherweise verborgen, zumindest schlagen sie sich nicht in Ihrem Antrag nieder. Das ist schade und aus unserer Sicht eine vertane Chance.
(Beifall von den GRÜNEN)
Aber auch einige andere Aspekte stellen Sie in Ihrem Antrag, wie ich finde, etwas verkürzt dar. Da wäre beispielsweise die von Ihnen erwähnte rot-grüne Gesundheitsreform – Frau Kopp-Herr hat es gerade auch schon deutlich gemacht –, oder nennen wir das Kind beim Namen: das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Es ist richtig: Im Zuge dieser Reform einigte man sich in der Tat auf eine Leistungseinschränkung bei den Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung. Ein wichtiges Detail bleiben Sie uns aber in Ihrem Antrag schuldig, nämlich folgendes: Diese Leistungseinschränkung basiert auf einem Kompromiss von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU.
Noch in einem weiteren Punkt bleiben Sie in Ihrem Antrag eine wichtige Detailinformation schuldig. Bereits in der Ausschussdebatte zu diesem Thema – basierend auf dem Bericht der Landesregierung – hat Ministerin Schäfer darauf hingewiesen, dass Bundesfamilienministerin Schröder ihr Förderprogramm zwar an die Kofinanzierung der Länder gebunden hat. Eines hat sie dabei jedoch vergessen: Sie hat nämlich vergessen, mit den Ländern zu sprechen und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen zu suchen und sich dabei abzustimmen.
Auch dazu verlieren Sie in Ihrem Antrag kein Wort. Anstatt Ihrer Bundesfamilienministerin vielleicht einmal den Hinweis zu geben, dass dies kein sachdienlicher Umgang mit dieser Frage im Sinne der Betroffenen ist, ignorieren Sie und ignoriert Ihre Bundesministerin alle offenen Fragen, und die Länder dürfen zusehen, wie sie mit diesen Fragen und möglichen Antworten darauf umgehen.
Es erfolgt auch kein Hinweis darauf, dass sich die Gesundheitsminister- und Gesundheitsministerinnenkonferenz im Juni darauf geeinigt hat, die Krankenkassen aufzufordern, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen und ihren Anteil in der von Ihnen ausgeführten Art und Weise zu erhöhen und darüber hinaus Satzungsleistungen der Krankenkassen als Kofinanzierung der Länder zu akzeptieren. Frau Kopp-Herr hat es gerade schon sehr deutlich gemacht.
Das zeigt noch mal, die Landesregierung kümmert sich sehr wohl um die Belange von Paaren, die ungewollt kinderlos sind. Aber unter Umständen kommen wir nicht zu ganz so einfachen und plakativen Antworten, die sich in einem Antrag schön zusammenfassen lassen, ohne genauer hinzuschauen und auf Details zu achten.
In Richtung FDP möchte ich noch eine Bemerkung loswerden. Ich finde es wirklich schade, dass auch Sie die Thematik der künstlichen Befruchtung nicht unter dem Aspekt der gewünschten Elternschaft homosexueller oder gleichgeschlechtlicher Paare betrachten.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
Es liegt auf der Hand, die Hintergründe für solche Kinderwunschbehandlungen bei hetero- und homosexuellen Paaren können sehr unterschiedlich sein, sodass die Rahmenbedingungen nur bedingt vergleichbar sind. Trotzdem hätte ich mir gewünscht – diese Chance haben Sie leider mit Ihrem Antrag bislang vertan; ich setze auf eine Anhörung, die Sie möglicherweise beantragen werden –, dass die von Ihnen mit initiierte Debatte auch diesen gesellschaftspolitisch hoch relevanten Bereich mit aufgreift.
Hier geht es vor allem um die längst überfällige Klärung rechtlicher Fragen rund um den Zugang, aber auch um die familienrechtliche Absicherung dieser Regenbogenfamilien und nicht zuletzt um die Finanzierung. Eine reine Verengung dieser Thematik auf die Finanzierung greift zu kurz. Aber selbst in diesem Abschnitt bleiben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, auf halber Strecke stehen. Denn würden Sie die Finanzierung so ins Zentrum rücken, hätten Sie auch schon zum Haushalt 2013 einen Änderungsantrag stellen können.
Es bleibt also der etwas fade Beigeschmack in Ihrem Antrag, aber auch in der Initiative der Bundesministerin, die sich nicht mit den Ländern abgestimmt hat, dass in erster Linie schwarz-gelbe Betriebsamkeit zur Schau gestellt werden soll. Die bereits von mir oben angesprochenen vielschichtigen Hilfen, die betroffene Paare eigentlich bräuchten, sind Ihnen entweder nicht bekannt oder schlicht egal. Verantwortungsvolle und konstruktive Politik im Sinne von Paaren mit Kinderwunsch sieht aus unserer Sicht anders aus. Da hoffen wir auf ein bisschen mehr Vielschichtigkeit in der Debatte im Ausschuss.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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