Josefine Paul: „Im Sinne von Bürgerbeteiligung und im Sinne von Kostentransparenz“

Antrag der Fraktionen von CDU, FDP und GRÜNEN zur Gamesförderung

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE):Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns eint in diesem Haus der Gedanke, dass Olympische und Paralympische Spiele in Nordrhein-Westfalen eine Chance für Nordrhein-Westfalen sein können und dass sie Nordrhein-Westfalen begeistern können.
Andersherum können wir als Nordrhein-Westfalen aber vielleicht auch mit einem eher – ich möchte jetzt niemandem auf die Füße treten – etwas provinzielleren Charme als beispielweise Los Angeles begeistern. Das kann Nordrhein-Westfalen einbringen.
Die Spiele können eine Chance darstellen, weil wir mit dieser Bewerbung die Chance haben, die neue Agenda 2020 des IOC – wider den Gigantismus und für Spiele in Regionen – tatsächlich mit Leben zu füllen. Diese Bewerbung kann die Chance sein, zu zeigen, dass es tatsächlich auch anders geht.
Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass sich das IOC und der internationale Sport allgemein durchaus in einer Glaubwürdigkeitskrise befinden. In diesem Zusammenhang seien die Korruptionsaffären erwähnt, ebenso der Gigantismus in Bezug auf die Sportstätten, die anschließend niemand mehr braucht, aber auch die Frage von Doping, der Umgang mit Athletinnen und Athleten sowie – das sei an dieser Stelle auch gesagt – die Bedeutung von Menschenrechten im Kontext von Sportgroßveranstaltungen.
Die Olympischen Spiele hier können aber auch eine Chance sein, weil sie wahrhaft nachhaltige Spiele sein können. Das ist ein Aspekt, den Sportgroßveranstaltungen zunehmend in den Blick nehmen müssen und der für uns im Übrigen die Voraussetzung für eine Zustimmung ist. Wir können in Nordrhein-Westfalen ein Programm auflegen, das ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig ist – ein Programm, das keine weißen Elefanten hinterlässt; ein Programm, das Kostentransparenz schafft und damit auch transparent darstellt, wie viel diese Spiele kosten können. Denn uns muss auch bewusst sein: Olympische Spiele gibt es nicht zum Nulltarif.
Das ist ein Aspekt, den wir in unserem gemeinsamen Antrag aufgeführt haben und den ich noch einmal besonders betonen möchte. Ich glaube nicht, dass die Leute noch weitere Diskussionen führen wollen. Man kann ihnen nicht erst sagen, das habe einzig und allein einen Nutzen, koste uns eigentlich gar nichts und bedeute nur noch mehr Steuereinnahmen. Die Leute wissen, dass das Geld kostet und man in Sportstätteninfrastruktur investieren muss. Sie wollen aber nicht, dass man ihnen anschließend eine große Rechnung für die Allgemeinheit präsentiert und sagt: Das war doch alles ganz schön; wir haben alle zusammen Spaß gehabt; dagegen kann jetzt doch niemand etwas haben.
Es ist wichtig, Kostentransparenz zu schaffen, damit man den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, eine informierte Entscheidung zu treffen.
(Beifall von den GRÜNEN und Roger Beckamp [AfD])
Dann werden sie möglicherweise eine Entscheidung für Olympische Spiele treffen, weil ein gewisser Mehrwert für die Gesellschaft gegeben ist. Möglicherweise wenden sie sich aber auch dagegen.
Ich bin der Meinung, dass Bürgerbeteiligung nicht allein über eine Abstimmung zu generieren ist. Vielmehr müssen wir Formate entwickeln, wie wir die Bürgerinnen und Bürger bereits jetzt mitnehmen und dafür sorgen können, dass es auch ihre Spiele sind. Dafür sollten wir die Ideen von Bürgerinnen und Bürgern mit in die weiteren Planungen einbeziehen.
Zu diesen weiteren Planungen gehört auch, dass wir eine Planungstransparenz brauchen. Stand heute haben wir viele gute Ideen. Wir haben allgemeine Ideen von Olympischen und Paralympischen Spielen, hinter denen wir vielleicht alle gemeinsam stehen. Aber es gibt noch große Fragen zu beantworten.
Ja, wir haben eine gute Sportinfrastruktur, und wir haben bereits viele Sportstätten. Aber es fehlen eben noch einige. Was ist mit einem Leichtathletikstadion? Was ist mit einem Olympiastadion bzw. einem Stadion, in dem eine Eröffnungsfeier stattfinden kann? Wohin kommt das Olympische Dorf? Nicht zuletzt stellt sich die Frage: Wie machen wir unsere Verkehrsinfrastruktur für Olympische Spiele fit?
Die Frage der Infrastrukturprojekte darf im Übrigen auch nicht alleine von Olympischen Spielen abhängen. Unsere Verkehrs- und Sportstätteninfrastruktur müssen wir so oder so, unabhängig von Olympischen Spielen, fit machen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ein letzter Punkt: Natürlich bewirbt sich unter Umständen mit der Rhein-Ruhr-Region eine Region aus Nordrhein-Westfalen, bewerben wir in Nordrhein-Westfalen uns. Aber eine Bewerbung für Olympische Spiele in Deutschland muss auch immer eine gesamtdeutsche Bewerbung sein. Das bedeutet: Wir brauchen jetzt die konkreten Zusagen des Bundes, sich an der Finanzierung Olympischer Spiele zu beteiligen.
Unter anderem dieser Punkt hat dazu geführt, dass der Bürgerentscheid in Hamburg negativ ausgefallen ist; denn Bund und Land haben bei der Kostenfinanzierung so lange herumgeeiert, dass die Leute sich nicht sicher waren, wer am Ende eigentlich die Zeche zahlt.
Im Sinne von Bürgerbeteiligung und im Sinne von Kostentransparenz, aber auch im Sinne von Planungstransparenz sind wir jetzt aufgefordert, dass aus den schönen Hochglanzbroschüren für eine ernsthafte Bewerbung auch wirklich ein richtiger, mit Geldmitteln und Zeiträumen hinterlegter Plan wird. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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