Josefine Paul (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine, die Gemeinsamkeiten bei diesem Thema überwiegen bei Weitem die, sagen wir einmal, protokollarischen Differenzen, die wir jetzt hier ausgetauscht haben. Nichtsdestotrotz möchte ich am Schluss darauf zurückkommen.
Wir können gemeinsam festhalten, dass Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung ein Verbrechen sind. Das aktuelle Lagebild „Menschenhandel“ des LKA weist 131 Opfer für das Jahr 2018 aus. 24 Opfer sind minderjährig, das jüngste ist laut Lagebericht des LKA gerade einmal 14 Jahre alt. Wirft man einen Blick in das auch von Ihnen zitierte Bundeslagebild, stellt man fest, es gibt sogar noch jüngere Opfer von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung. Und der überwiegende Teil dieser Opfer ist weiblich.
Die Opfer werden unter physischem und psychischem Druck zur Prostitution gezwungen, sie werden ihrer Freiheit beraubt, oder ihnen werden falsche Hoffnungen gemacht. Eine besonders perfide Methode dabei ist die sogenannte Loverboy-Methode. Den Mädchen und Frauen wird die große Liebe und, wie auch im Bericht des LKA zu lesen ist, eine gemeinsame Zukunft vorgegaukelt, die ausgebaut werden soll. Dafür müssen die Mädchen und jungen Frauen quasi in Vorleistung gehen und sich prostituieren. Am Ende steht keine gemeinsame Zukunft, sondern ein ausbeuterischer, verbrecherischer Zuhälter, der das Geld nimmt und sich kein bisschen für die Mädchen und Frauen interessiert.
Leider müssen wir von einer sehr viel größeren Dunkelziffer ausgehen, weil es ein emotionales Abhängigkeitsverhältnis gibt, das häufig dazu führt, dass die Mädchen und jungen Frauen sich nicht in der Lage sehen, die Taten anzuzeigen oder vor Gericht auszusagen. Oftmals sehen sie sich auch nicht in der Lage, im Einzelfall zu erkennen, was ihnen widerfährt, oder sich selber Hilfe zu holen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die jetzt schon mehrfach erwähnten acht spezialisierten Fachberatungsstellen haben.
Es ist aber genauso wichtig, dass wir unsere Bemühungen – und da sehe ich auch große Gemeinsamkeiten hier im Haus – intensivieren, dass über diese Methode noch mehr aufgeklärt wird und dass das pädagogisches Fachpersonal, das Personal bei der Polizei und der Justiz, aber auch bei den Jugendämtern noch mehr über diese Methode, über diesen Modus Operandi und über Anbahnungsformen aufklärt und dafür sensibilisiert. Es geht auch darum, dass wir diese Tatbegehungsform erkennen, dass man Mädchen und jungen Frauen hilft, indem eben diejenigen, die mit ihnen in Kontakt sind, erkennen, wenn etwas nicht stimmt.
Wir haben derzeit diese acht spezialisierten Beratungsstellen. Darüber hinaus haben wir noch viele Frauen- und Mädchenberatungsstellen – das wurde auch schon erwähnt – und ihre Arbeit im Kampf gegen Menschenhandel, aber vor allem auch bei der Unterstützung von Opfern bis hin zur Prozessbegleitung, was für diese Mädchen und jungen Frauen kein einfacher Gang ist. Diese leisten eine sehr wichtige und sehr unterstützenswerte Arbeit. Darüber sind wir uns in diesem Haus aber einig.
Wenn wir unsere Punkte, die aus den Anträgen hervorkommen, zusammenbringen, wird sehr deutlich, dass wir, wenn wir uns besser abgestimmt hätten, sicherlich zu einem gemeinsamen Antrag hätten kommen können, der dann, glaube ich, sehr gut skizzieren würde, was ein gemeinsames Gesamtkonzept einer wirksamen Strategie gegen Menschenhandel und vor allem gegen diese spezielle Methode sein könnte. Aber – Kollegin Kopp-Herr hat darauf hingewiesen – es erstaunt auch mich einigermaßen, dass man eine Anhörung zu einem Bericht beantragt – das erstaunt mich jetzt noch nicht; das kann man natürlich machen –, dann jedoch nicht die gemeinsame Auswertung im Ausschuss abwartet, sondern einen Antrag vorlegt und den auch noch zur direkten Abstimmung stellt.
Ich persönlich würde mir wünschen, dass wir uns nicht der Gelegenheit berauben, diese Thematik noch einmal weiter miteinander zu vertiefen. Diese Schleife, die wir sozusagen extra drehen würden, würde uns gar nicht viel Zeit kosten und möglicherweise in die Lage versetzen, noch einmal miteinander zu reflektieren, welche Erkenntnisse wir in der Anhörung gewonnen haben, wo sich unsere Anträge vielleicht gegenseitig ergänzen und wie wir gemeinsam zu einem guten Ergebnis zum Schutz von Frauen und Mädchen vor sexueller Ausbeutung und vor Menschenhandel kommen können. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)