Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns an diesen beiden Plenartagen anhand mehrerer Tagesordnungspunkte zu Belangen des Opferschutzes, zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sowie zur Unterstützung für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die diese schrecklichen Missbrauchsdarstellungen auswerten müssen, ausgetauscht.
Das zeigt die Wichtigkeit dieses Themas, und das zeigt die große politische Aufmerksamkeit, die derzeit auf diesem Thema liegt. Das ist gut und richtig so. Ich hoffe, dass diese politische Aufmerksamkeit auch weiter hochgehalten wird, denn das ist wichtig zur Stärkung des Kinderschutzes in Nordrhein-Westfalen.
Mit dem gemeinsamen Antrag, den wir in der vergangenen Woche im Familienausschuss verabschiedet haben, haben wir auch noch einmal gezeigt, dass es um das Zusammentragen wichtiger struktureller Verbesserungen geht.
Es geht um die Frage einer zu stärkenden Prävention in diesem Bereich. Es geht um Sensibilisierung, es geht aber auch darum, Kompetenzen im Bereich des Kinderschutzes zu stärken, und es geht natürlich auch darum, Netzwerke auf- und auszubauen. Nicht zuletzt muss es natürlich auch um eine Stärkung des repressiven Bereiches gehen, also auch um die Erhöhung des Verfolgungsdruckes.
Aber, ich denke, neben all diesen Maßnahmen, die wir durchaus an der einen oder anderen Stelle schon gut auf den Weg gebracht haben, braucht es auch eine klare strukturelle Verankerung dieses Themas, damit die Aufmerksamkeit dauerhaft hoch bleibt und wir kontinuierlich den Kinderschutz in Nordrhein-Westfalen vorantreiben können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Auf der parlamentarischen Seite haben wir das mit der Kinderschutzkommission bereits implementieren können. Ich habe es gerade angedeutet: Es gibt auch bereits sehr viel Bewegung dahin, weitere strukturelle Verbesserungen auf den Weg zu bringen. Wir sind allerdings überzeugt, dass es auch einer dauerhaften und strukturellen Verankerung dieses wichtigen Themas in Form eines oder einer Beauftragten für Fragen sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche bedarf.
Kinderschutz braucht selbstverständlich, darauf haben wir oft genug hingewiesen, eine Gesamtstrategie. Wir warten nach wie vor darauf, dass wir von der Interministeriellen Arbeitsgruppe weitere Vorschläge vorgelegt bekommen, wie die einzelnen Bereiche, die wir mittlerweile haben, wirklich zu einer Gesamtstrategie verknüpft werden können. Dazu kann eben auch ein solcher Beauftragter oder eine solche Beauftragte ein wichtiger Baustein sein.
Gleichermaßen, und das ist mir wichtig zu betonen, kann und soll eine solche Stelle aber eben auch Mahner oder Mahnerin sein, die Aufmerksamkeit dauerhaft hochhalten und vor allem auch die Nachhaltigkeit von Maßnahmen immer wieder einfordern und nicht zuletzt auch eine Form von Monitoring vornehmen. Es ist also zu überlegen, wie weit wir mit den Maßnahmen sind, wie gut wir Maßnahmen implementieren konnten. Darauf aufbauend ist immer wieder der Finger in die Wunde zu legen und sind Handlungsbedarfe zu identifizieren bzw. anzumahnen, wo es noch weitere Handlungsbedarfe geben kann.
(Beifall von den GRÜNEN)
Darüber hinaus soll ein solcher unabhängiger Beauftragter oder eine Beauftragte als Ansprechpartner für Anliegen von Betroffenen fungieren, um genau diese Betroffenen noch mehr in den Blick zu nehmen, um ihre Anliegen verstärkt mit in die Debatte zu bringen. Es geht aber auch darum, Ansprechperson für Angehörige, für Expertinnen und Experten, für Institutionen und nicht zuletzt natürlich auch für die Politik zu sein. Es geht, ich habe es gerade schon gesagt, vor allem auch um die Wahrnehmung der Belange von Betroffenen.
Es geht aber auch, und das kann man sehr gut nachverfolgen, wenn man sich die Arbeit des Bundesbeauftragten einmal anschaut, um die Frage inhaltlichen Inputs über Expertisen, über Stellungnahmen, Positionspapiere und auch um das Anregen von Aufarbeitungsprozessen in Institutionen etc.
Es gibt leider eine Vielfältigkeit an Dimensionen sexualisierter Gewalt. Die in den Blick zu nehmen und dort immer wieder Expertisetätigkeit einzufordern, ist aus unserer Sicht auch Aufgabe einer solchen Stelle.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Maßnahmen im Kampf gegen sexualisierte Gewalt sind eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Sie sind aber vor allem auch über alle politischen Ebenen zu verankern. Deshalb halten wir es eben für so sinnvoll, als Ergänzung zum Bundesbeauftragten auch einen Landesbeauftragten oder eine Landesbeauftragte zu installieren.
Übrigens ist das eine Forderung, die wir uns ja nicht als Allererste ausgedacht haben. Der Bundesbeauftragte mahnt schon sehr lange an, dass es eine wichtige Ergänzung wäre, auch in den Ländern solche Beauftragungen zu installieren. Auch die Bundesjustizministerin regt dies mittlerweile an. Ich glaube also, dass es durchaus einen breit getragenen Konsens dazu gibt, dass das Implementieren auch in den Landesstrukturen sehr, sehr sinnvoll ist.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Sehr geehrte Damen und Herren, dabei ist natürlich aber auch klar, dass eine solche Beauftragung mehr sein muss als ein Türschild. Es ist wichtig, dass eine solche Beauftragung, dass eine solche Stelle mit personellen und finanziellen Ressourcen hinterlegt wird, um die skizzierten Aufgaben auch vernünftig erfüllen zu können.
Dazu gehört nicht zuletzt auch die Aufarbeitung. Es geht um die Untersuchung von Strukturen. Das ist in vielfältiger Hinsicht auch bereits geschehen. Aktuell wird auch noch mal in den Blick genommen, welche Strukturen es im Bereich des Breitensports gibt, die möglicherweise sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche Vorschub leisten.
Es geht aber auch darum, noch mal zu untersuchen, welche Altfälle es gegeben hat. Ich glaube, es ist insbesondere für die Betroffenen besonders wichtig, dass ihr Leid und ihre Erfahrungen endlich ernst genommen werden, dass ihre Erfahrungen aber auch aufgenommen werden, um Maßnahmen nach vorn zu entwickeln. Es ist wichtig, die Dimensionen sexualisierter Gewalt, die es leider in unserer Gesellschaft gibt, sichtbar zu machen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe es gesagt: Es ist ein Baustein. Wir dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass es natürlich nicht die eine Maßnahme gibt. Es gibt nicht die eine repressive Maßnahme, es gibt nicht die eine Strafrechtsverschärfung, es gibt auch nicht die eine präventive Maßnahme, sondern es muss ein ganzes Maßnahmenpaket sein. Es muss eine Gesamtstrategie sein. Aber dazu ist es ein wichtiger Baustein, wenn wir einen solchen Beauftragten oder eine solche Beauftragte in Nordrhein-Westfalen installieren.
Ich glaube, wir haben in dem Diskussionsprozess, den wir bislang zu dieser Thematik miteinander geführt haben, sehr gute Erfahrungen damit gemacht, dass uns das Ziel eint und dass uns auch ganz viele Instrumente oder Ideen zu Instrumenten einen. Deshalb hoffe ich, dass wir in der gemeinsamen Diskussion über diesen Antrag im Ausschuss dazu kommen, dass das vielleicht auch unsere gemeinsame Position ist und wir dementsprechend gemeinsam eine solche Stelle auf den Weg bringen können. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)