Josefine Paul: „Es ist also dringende Aufgabe eines neuen Kita-Gesetzes, hier auch für Nachhaltigkeit zu sorgen“

Große Anfrage der SPD-Fraktion zu Kita- und OGS-Gebühren

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Der Minister freut sich schon, schön. Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie freuen sich schon. Ich erspare Ihnen auch die ganze Litanei von „Wer hätte es machen können?“, „Wie hätte er es machen können?“ usw. usf. Wir warten den konkreten Entwurf ab, den Sie vorlegen.
Nichtsdestotrotz will ich doch noch einmal auf die Frage der Beitragsfreiheit und der Ausgestaltung der Beiträge in Nordrhein-Westfalen eingehen, denn darum geht es ja in der Großen Anfrage. Diese Große Anfrage hat bestätigt, was wir ohnehin alle wissen. Die sehr detaillierte Zahlengrundlage ist auch gut, um da wirklich noch einmal durchzuschauen: Wie groß ist die soziale Schieflage in diesem Land eigentlich, was die Gebührenlandschaft angeht? Denn die Kollege Maelzer hat es beschrieben – ist ein Flickenteppich.
Man kann in NRW leider nicht von einer sozialen Staffelung sprechen, sondern es gibt hier nur eine geografische Staffelung. Es ist bereits darauf hingewiesen worden: In Köln muss man bereits ab einem Familienjahreseinkommen von 12.700 Euro Beiträge bezahlen, in meiner Heimatstadt in Münster ist man erst ab 37.000 Euro beitragspflichtig.
Ich finde es auch einigermaßen erstaunlich, dass Familien, die in Duisburg oder Düsseldorf leben, auch berichten, dass sie vor einer schwierigen Entscheidung stehen, dass sie sich nämlich überlegen müssen, wo sie leben möchten, wo sie mit ihrer Familie mit ihrem Jahreseinkommen besser zurande kommen. Ist das vielleicht in Duisburg, wo die Mieten günstiger sind, dafür aber die Kitabeiträge höher, oder ist das in Düsseldorf, wo die Mieten höher sind, dafür aber die Kitabeiträge niedriger und ab dem dritten Jahr ohnedies Beitragsfreiheit herrscht?
(Ralf Witzel [FDP]: Das ist Marktwirtschaft! – Gegenruf von Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Das ist doch zynisch!)
Die Abschaffung – darauf ist ja auch bereits eingegangen worden – der einheitlichen Beitragstabelle durch Minister Laschet damals hat zu dieser sozialen Schieflage geführt. Sie, Herr Minister Stamp, haben jetzt die Chance mit dem Gesetz, das Sie uns hoffentlich demnächst vorlegen werden, diese soziale Schieflage tatsächlich zu beenden. Denn ich glaube, dass die Eltern – anders als Marcel Hafke das sagt – nicht in allererster Linie und nur – vielleicht in allererster Linie, so weit würde ich mit Ihnen mitgehen, aber eben nicht nur – darauf warten, dass die Qualität notwendigerweise verbessert wird, dass die Arbeitsbedingungen notwendigerweise verbessert werden, sondern sie warten auch darauf, dass dieser Flickenteppich in etwas überführt wird, worauf sich auch Eltern verlassen können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dementsprechend sage ich: Teil eines solchen Kita-Gesetzes muss auch die landeseinheitliche Beitragstabelle als ein Einstieg bzw. die Weiterentwicklung der Beitragsfreiheit sein. Denn vorhin wurde ja aus den Reihen immer gerufen: Was haben Sie denn eigentlich die letzten Jahre gemacht? – Frau Voßeler hat es ja noch einmal bestätigt. Sie haben im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass Sie die Beitragsfreiheit für das letzte Kitajahr, die Rot-Grün eingeführt hat, fortführen werden. Das heißt, wir befinden uns auf einem Weg. Beschreiten Sie diesen Weg konsequent weiter! Denn nur das ist doch ein wirklich sinnvoller Beitrag zur dringend notwendigen Erleichterung für Familien mit niedrigen Einkommen.
Die Steuererleichterung für Besserverdienende wurde ja gerade schon angesprochen, aber auch die Mitnahmeeffekte beim Baukindergeld – das, bitte schön, sind doch keine adäquaten Antworten auf die dringend notwendige Entlastung von Familien mit niedrigen Einkommen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Also kann die Antwort doch nur sein, dass wir dringend zurückkehren müssen zur landeseinheitlichen Beitragstabelle als einem weiteren Schritt, um irgendwann – in der Perspektive scheinen ja sogar Marcel Hafke und Dennis Maelzer einig zu sein – in ferner Zukunft die Beitragsfreiheit zu haben. Ja, ich weiß nicht, ob ihr euch jemals einig werdet. Aber zumindest ist die Perspektive klar. Die Perspektive muss doch heißen, dass Bildung – auch die Kita ist eine Institution frühkindlicher Bildung – in diesem Land kostenfrei ist.
Nichtdestotrotz, meine Damen und Herren, sind die Anforderungen an ein neues Kita-Gesetz ja nicht nur auf die Frage von Beitragsfreiheit oder die Beitragsausgestaltung fokussiert, sondern es geht neben dieser landeseinheitlichen Beitragstabelle, für die ich mich ausspreche, doch auch darum, die Qualität nachhaltig zu verbessern, einen Fachkraft-Kind-Schlüssel anzulegen auf Basis einer tatsächlichen Personalbemessung für die realen Aufgaben in Kitas. Fragen wie die Leitungsfreistellung sind angesprochen worden und Fragen von mittelbarer und unmittelbarer pädagogischer Zeit. Aber auch die Abwesenheiten aufgrund von Krankheit, Urlaub, Fortbildung usw. müssen endlich in die Personalbemessung mit eingepreist werden, damit der Fachkraft-Kind-Schlüssel nicht auf dem Papier steht, aber in den Kitas irgendwie nie stattfindet.
Es geht doch am Ende des Tages darum, dass wir eine Finanzierung bekommen, die auskömmlich ist, die verlässlich ist, die vor allem aber auch nachhaltig ist. Denn woher kommt denn die jetzt viel diskutierte KiBiz-Lücke? Dann wird immer hin- und hergeschoben, wessen KiBiz-Lücke das jetzt ist. Die kommt vor allem daher, dass die Bemessungsgrundlage für das KiBiz noch nie nachhaltig gewesen ist. Es ist also dringende Aufgabe eines neuen Kita-Gesetzes, hier auch für Nachhaltigkeit zu sorgen. Denn nur das sichert auch die notwendigen Qualitätsverbesserungen im System und die gute Arbeit in unseren Kitas. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Kinder & Familie