Josefine Paul: „Es geht weiter wie bisher; denn eigentlich war es ja gar nicht so schlecht“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Familienförderung

Portrait Josefine Paul

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Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Über die gute Arbeit der Familienzentren und die wichtigen Ansätze, die dort in der Bündelung von Betreuung, Beratung und Familienbildung, aber auch als niedrigschwellige Anlaufstelle im Stadtteil für Alltagsfragen, Erziehungsberatung etc. vorhanden sind, besteht hier Konsens. Das halten wir jetzt einmal fest. Denn es ist für die Familien in Nordrhein-Westfalen schon einmal erfreulich, dass wir darüber Konsens haben.
Ich würde auch so weit gehen, zu sagen: Von der Einführung im Kitajahr 2006/2007 als Modellprojekte unter Schwarz-Gelb über das erste KiBiz-Änderungsgesetz unter Rot-Grün, in dem gesetzliche Grundlagen für die Förderung geschaffen wurden und die Mittel erhöht wurden, bis jetzt, wo wir wieder darüber diskutieren – das Erfreuliche daran ist doch, dass wir eine gewisse Kontinuität in dieser Hinsicht haben und sagen: Das ist ein wichtiger Beitrag zur Familienförderung in Nordrhein-Westfalen, und da müssen wir uns um die Weiterentwicklung kümmern. – Also halten wir doch als Erstes einmal diese Gemeinsamkeiten fest.
Sie formulieren in Ihrem Antrag die Notwendigkeit, die möglichen und sicher auch vorhandenen – Sie haben es ja gerade noch einmal gesagt, Kollege Hafke – Veränderungen, die sich seit 2006 ergeben haben, genauer in den Blick zu nehmen. Mit Blick auf den bedarfsgerechten Ausbau, die sozialräumliche Ausgestaltung sowie die finanzielle Ausstattung hat die rot-grüne Landesregierung – das hätte man wirklich auch einmal im Antrag erwähnen können, wenn Sie die Frage schon aufwerfen – durchaus etwas getan.
Ich habe gerade erwähnt, dass mit dem Kitajahr 2012/2013 eine verlässliche Grundlage geschaffen worden ist, dass die Mittel erhöht worden sind und dass die Verteilung nach einem Sozialindex erfolgt, damit die Unterstützung vor allem zu mehr Chancengerechtigkeit und mehr Chancengleichheit beiträgt.
Ich habe auch gehört, Kollege Hafke, dass Sie unterstrichen haben, dass das weiterhin ein wichtiges Ziel ist. Ich erinnere mich an die letzte Legislaturperiode, in der gerade die Verteilung nach einem Sozialindex von Ihnen durchaus immer wieder kritisiert worden ist.
Vor diesem Hintergrund ist meine konkrete Frage an den Minister, ob der Sozialindex auch zukünftig die Verteilungsgrundlage sein soll. Denn eines ist beispielsweise bei einer Anhörung zum Ende der letzten Legislaturperiode sehr deutlich herausgekommen: Die Träger und die Verbände machen sehr deutlich, dass im Zusammenhang mit der Frage, wohin die Mittel gehen sollen und wo sie am besten eingesetzt sind – Sie haben das Stichwort „Kinderarmut“ genannt –, die Qualität beim Ausbau eindeutig Vorrang vor der Quantität haben muss.
Die Weiterentwicklung der Familienzentren ist doch gut und richtig. Kollege Maelzer hat schon darauf hingewiesen, dass wir dann vor allem über die Qualität sprechen müssen. Das ist eine Frage der Finanzierung. Das ist aber auch eine Frage der Leitungszeiten und der Leitungsfreistellung, die wir da in den Blick nehmen müssen.
Im Gütesiegel „Familienzentrum NRW“ ist ja ein ganzes Bündel an Qualitätsanforderungen formuliert. Das ist auch gut und richtig so; denn diese Qualität brauchen wir, um Familien wirklich zu unterstützen. Aber es ist auch deutlich geworden, dass die Fördersumme von 13.000 bzw. 14.000 € jährlich für diese vielfältigen Anforderungen nicht auskömmlich ist.
Ich will noch einmal auf die Reihe der qualitativen Weiterentwicklungen von 2006 über das erste KiBiz-Änderungsgesetz bis jetzt zurückkommen. Wenn wir diese Weiterentwicklung konsequent miteinander fortsetzen wollen, wäre hier eine Verbesserung der Finanzausstattung sinnvoll und geboten.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU- und der FDP-Fraktion, wenn ich mir dann den Antrag anschaue, finde ich dafür leider auch nicht mehr so viele positive Worte. Vielleicht würde ich es nicht ganz so drastisch ausdrücken wie der Kollege Mälzer.
Aber zum Ende der letzten Legislaturperiode haben Sie noch einen Antrag eingebracht, zu dem wir eine große Anhörung hatten und mit dem Sie einen Ausbau um 300 neue Familienzentren gefordert haben. Jetzt sind Sie für das Kitajahr 2018/2019 bei 150 als Ausbauziel. Das ist ungefähr das, was auch die rot-grüne Landesregierung vorher hatte.
Das will ich gar nicht kritisieren; denn ich habe ja gerade gesagt, dass die Qualität Vorrang vor der Quantität haben muss. Ich finde es allerdings erstaunlich, in welcher Geschwindigkeit Sie in der realpolitischen Wirklichkeit angekommen sind. In der Opposition haben Sie noch große Töne gespuckt, und nun sind Sie schon mit einem einfachen Weiter-so zufrieden. Also kann nicht alles unter der rot-grünen Landesregierung schlecht gewesen sein.
Sie sagen, es solle evaluiert werden, und die bei der Evaluation gewonnenen Erkenntnisse sollten in die Weiterentwicklung einfließen. Daraus schließe ich: Die Grundlage der Anerkennung der neuen 150 Familienzentren ist immer noch die alte. Denn die Ergebnisse dieser Evaluation sollen ja erst im Frühjahr 2019 vorgelegt werden.
Nun kommen wir auch wieder dazu, dass die selbst ernannte NRW-Koalition der Regierung vertraut. Das ist auch gut; das ist auch die Aufgabe einer Koalition. Wir als Opposition würden allerdings ab und an gerne mehr tun, als darauf angewiesen zu sein, der Landesregierung zu vertrauen. Wir hätten gerne Konzepte, über die man auch inhaltlich diskutieren kann.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Wenn Sie hier davon sprechen, dass Sie uns zu einer Diskussion über Konzepte einladen wollen, frage ich mich, warum Sie eigentlich über diesen Antrag direkt abstimmen lassen wollen und ihn nicht in den Ausschuss überweisen wollen. Denn dort diskutiert man üblicherweise fachlich und im Detail.
Ich fasse den Inhalt Ihres Antrags einmal in meinen Worten zusammen. Es geht weiter wie bisher; denn eigentlich war es ja gar nicht so schlecht. Die Regierung arbeitet. Es ist schön, dass Sie das auch einmal festgestellt haben. Eigene Konzepte haben Sie als regierungstragende Fraktionen keine.
Daraus folgt für mich der Schluss: Notwendigkeit für diesen Antrag: keine. – Vielen Dank. (Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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