Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns heute zum wiederholten Male mit dem Thema „Inklusion im Sport“ – Frau Milz hat es bereits erwähnt –, weil Inklusion eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Die inklusive Gesellschaft muss in allen Teilbereichen der Gesellschaft zu einer Selbstverständlichkeit werden, also konsequenterweise auch im Sport.
Diese Selbstverständlichkeit wird sich jedoch nicht einfach ergeben. Sie muss gestaltet und mit Nachdruck unterstützt werden. Die Teilhabe aller am Sport ist ein Menschenrecht. – Wir haben gestern bereits über das Menschenrecht auf Beteiligung am Sport gesprochen. – Wir stehen gemeinsam mit dem Sport, den Kommunen und allen anderen Netzwerkpartnern in der Verantwortung, dieses Recht mit Leben und vor allem auch mit Angeboten zu füllen.
Dazu haben SPD und Grüne am 12. März 2013 einen Antrag in den Landtag eingebracht; dieser wurde bereits erwähnt. In der daraus resultierenden Expertinnen- und Expertenanhörung, die ebenfalls mehrfach erwähnt wurde, hat sich ein deutliches Bekenntnis aller zum inklusiven Sport gezeigt. Es ist aber auch deutlich geworden, dass wir am Anfang einer Entwicklung stehen. Allein werden es die einzelnen Partner jedoch nicht schaffen, diese Herausforderung zu bewältigen. Im besten Sinne der Inklusion tun wir gut daran, uns gemeinsam auf etwas zu verständigen und diese Anstrengungen gemeinsam zu unternehmen.
Uns ist bei der Antragstellung durchaus bewusst gewesen, dass ein Antrag dem gesamten Themenkomplex „Inklusive Bewegung“, also von den Bewegungsgelegenheiten im öffentlichen Raum über die Vereinsangebote bis hin zu schulischen Angeboten, nicht gerecht werden kann. Deshalb haben wir uns zunächst bewusst auf den Bereich des organisierten Sports bezogen. Im Zentrum unserer Forderungen stehen dabei die Barrierefreiheit der Sportstätten, soweit sie im Zuständigkeitsbereich des Landes liegen, und die inklusive Weiterentwicklung von Programmen wie „Sport für alle“ oder „Leistungssportprogramm 2020“.
Auch die Verbände haben sich natürlich bereits auf den Weg gemacht; Dr. Niessen hat das in der Anhörung ausgeführt. Aber – Frau Milz, Sie haben das ja auch gesagt – das darf nicht in eine Überforderung der Strukturen münden. Das heißt, es kann nicht holterdiepolter von heute auf morgen umgesetzt werden; da würden wir wohl zu viel erwarten. Vielmehr müssen wir gemeinsam eine Entwicklung beschreiben. Gute Beispiele dafür gibt es bereits. Auf diesen guten Beispielen müssen wir aufsetzen und sie in die Fläche tragen, als Leuchttürme, als Leuchtfeuer und als gute Signale, damit sich auch andere auf den Weg machen. Das ist, glaube ich, der richtige und nachhaltige Weg.
Klar ist aber auch: Die Umsetzung einer inklusiven Sportlandschaft in NRW passiert nicht hier im Landtag, sondern sie passiert vor Ort in den Vereinen und Kommunen. Und deshalb wollen wir einen weiteren Fokus auf die Informationsangebote legen. Kommunen und Vereine sollen Hilfestellungen zur Umsetzung von Barrierefreiheit und zur Umsetzung inklusiver Sportangebote bekommen. Inklusion funktioniert nicht allein per Landtagsbeschluss – egal, wie viele Fraktionen sich hinter diesem Beschluss versammeln –, sondern sie muss auch von unten wachsen. Dazu soll dieser Antrag – und ich verstehe Ihre Anträge auch so – einen Beitrag leisten: um sich gemeinsam auf den Weg zu machen und einen gemeinsamen Aufschlag zu bieten.
Bislang bestand – und das habe ich auch jetzt noch so herausgehört – große Einigkeit innerhalb des Sportausschusses darüber, dass es einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen, also der berühmt-berüchtigten und oft beschworenen Sportfraktionen, geben soll. Angebote – das haben Sie ja auch schon gesagt – zur Weiterentwicklung hat es gegeben. Sie sind zunächst auch angenommen worden. Aber bislang müssen wir leider feststellen, dass diese Bemühungen noch keinen wirklichen Erfolg zeitigen konnten. Es gibt noch keinen gemeinsamen Antrag. So viel steht, glaube ich, fest.
Wenn ich mir allerdings anschaue – und diese kleine Kritik werden Sie mir erlauben –, dass nun zwei Anträge der Opposition vorliegen, die jenseits des Versuchs eines gemeinsamen Antrags liegen und eine eigene politische Duftmarke setzen sollen, dann stelle ich mir die Frage, ob die Bekundungen zu einem gemeinsamen Antrag nicht vielleicht doch ein wenig halbherzig gewesen sind. Ich lasse mich allerdings gerne vom Gegenteil überzeugen.
Ich glaube, wir tun unserem Anliegen gut, nämlich die Inklusion im Sport voranzutreiben und die Vereine und Verbände bei ihren Bemühungen zu unterstützen, wenn wir statt eines Profilierungsversuchs in parteipolitischen oder fraktionellen Färbungen weiter bei dem vereinbarten Miteinander bleiben und daran auch festhalten.
Wenn ich mir allerdings den Antrag von FDP und CDU angucke, dann möchte ich sagen: Lassen Sie uns noch mal einen Schritt zurückgehen und vielleicht einen vertieften Austausch mit den Schulen und den Hochschulen betreiben, um gemeinsame Lösungen zu suchen. Und lassen Sie uns dabei die nötige Sorgfalt walten lassen. Denn ich persönlich kann Ihrem Anliegen durchaus folgen, meine aber, dass Ihr Antrag in der vorliegenden Form vielleicht ein wenig übereilt ist.
Und wenn Sie mir diesen kleinen Seitenhieb nachsehen mögen: Sie sagen, wir bräuchten eine landeseinheitliche Art und Weise, wie an Hochschulen ausgebildet wird. Diese ist unter den gegebenen Umständen ein wenig schwierig. Denn bislang haben wir keinen Landeshochschulentwicklungsplan; das haben wir heute Morgen schon breit diskutiert. Dieser aber wäre für die von Ihnen geforderte Vereinheitlichung durchaus notwendig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Nichtsdestotrotz plädiere ich weiterhin für die gemeinsame Weiterentwicklung einer inklusiven Sportlandschaft und einer inklusiven Sportpolitik für Nordrhein-Westfalen. Deshalb – und der Kollege Feuß hat das auch schon gesagt – halten wir an unserem Angebot zur inhaltlichen Zusammenarbeit fest. Aber – und das will ich noch mal ganz deutlich sagen – Verlässlichkeit ist eine wichtige Voraussetzung …
Vizepräsident Daniel Düngel: Die Redezeit, Frau Kollegin Paul.
Josefine Paul (GRÜNE): Ich komme zum Ende.
… für eine solche Zusammenarbeit. Liebe Piratenfraktion, wenn ich dann aber sehen muss, dass die gemeinsamen Ansätze, die es schon gegeben hat, interfraktionell in einen Entschließungsantrag gepackt werden und das dann aus Ihrer Sicht die Bereicherung der Debatte sein soll, dann müssen Sie sich schon fragen lassen, wie weit es mit dem Vertrauen und der Verlässlichkeit an der Stelle her ist.
(Beifall von den GRÜNEN)