Josefine Paul: „Die Frauenhilfeinfrastruktur leistet einen ganz grundsätzlichen Beitrag zum Opferschutz.“

Antrag der Piraten zur Finanzierung von Frauenhäusern

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gewalt gegen Frauen ist kein Kavaliersdelikt und leider – das haben wir ja schon alle miteinander festgestellt – auch keine Seltenheit. Dem zu begegnen ist eben nicht nur ein Frauenproblem, sondern es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Herausforderung. Es ist auch eine Herausforderung aller politischen Ebenen. Deshalb bin ich Ihnen sehr dankbar, Herrn Kern, dass Sie gerade noch mal unterstrichen haben, dass auch die Kommunen mit in der Verantwortung stehen, Frauen und ihren Kindern, die von Gewalt betroffen sind, Hilfe und Unterstützung zu bieten.
Die von Gewalt betroffenen Frauen und ihre Kinder brauchen Schutz, sie brauchen die Möglichkeit, Zuflucht in einem Frauenhaus zu finden. Auch darüber sind wir uns hier alle einig. Nur das Wie ist offensichtlich das Problem, über das wir hier alle miteinander diskutieren und beraten.
Ich möchte an dieser Stelle trotz der durchaus sehr positiven Worte von Herrn Kern noch mal hervorheben, dass es Rot-Grün gewesen ist, das die Kürzungen der schwarz-gelben Landesregierung zurückgenommen hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben die vierte Frauenhausstelle wieder eingeführt. Und wir haben auch sonst noch was im Bereich der Frauenhilfeinfrastruktur obendrauf gepackt.
Ich möchte Folgendes auch noch mal unterstreichen – die Worte von Herrn Laschet gestern haben mich sehr schockiert –: Weder die Frauenförderung noch der Schutz von Frauen vor Gewalt ist irgendwie „bla, bla, bla“.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)
Vielmehr ist dies eine wichtige Aufgabe, der sich die Gesellschaft stellen muss.
Trotzdem – da sind wir uns auch alle einig – ist die Finanzierung der Frauenhäuser immer noch schwierig. Die Demonstration heute hat gezeigt, dass das Thema vielen Menschen auf den Nägeln brennt. Ich möchte an dieser Stelle allen Kolleginnen und Kollegen über alle Fraktionen hinweg danken, die draußen gewesen sind, die mit den Frauen gesprochen haben und die dort gezeigt haben, dass wir hier gemeinsam um Lösungsmöglichkeiten ringen.
An der Stelle möchte ich sagen: Trotz aller Unterschiede im Detail – lassen Sie uns nicht nur heute gemeinsam draußen stehen, sondern lassen Sie uns gemeinsam Verantwortung übernehmen und uns gemeinsam dieser Herausforderung stellen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frauenhilfeinfrastruktur leistet einen unverzichtbaren Beitrag zum Schutz und zur Unterstützung der von Gewalt betroffenen Frauen und ihrer Kinder. Und sie leistet einen ganz grundsätzlichen Beitrag zum Opferschutz. Frauenhäuser sind aber eben nicht nur Zufluchtsorte; sie dienen auch dazu, Frauen und ihren Kindern Perspektiven aufzuzeigen, auch wie ein neues Leben jenseits von unter Umständen gewaltgeprägten Familienverhältnissen möglich ist.
Dazu braucht es aber auch der verbesserten Netzwerkarbeit und des verbesserten Zusammenwirkens der unterschiedlichsten Akteure im politischen Bereich, in der Verwaltung, in der Kinder- und Jugendhilfe, auch in den Stellen für familienbezogene Leistungen usw., um Perspektiven und vor allem nachhaltige Lösungen für die Frauen und ihre Kinder zu finden.
Um die Rahmenbedingungen der Frauenhilfeinfrastruktur zu verbessern und die individuellen Problemlagen der von Gewalt betroffenen Frauen besser in den Blick nehmen und dort besser Unterstützung gewähren zu können, brauchen wir eine Bedarfsanalyse, wie dies auch von Prof. Rixen in seinem Gutachten bereits eingefordert worden ist. Denn für eine effektive und nachhaltig wirkende Frauenhilfeinfrastruktur bedarf es valider Daten zu den konkreten Hilfebedarfen betroffener Frauen und ihrer Kinder.
Wir müssen auch bislang weniger gut erreichte Zielgruppen in den Blick nehmen, beispielsweise Frauen mit Behinderung, Frauen mit Migrationsgeschichte oder Frauen in Wohnungsnotlagen. Dazu ist der schon mehrfach erwähnte „Landesaktionsplan zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ ein entscheidender Schritt. Es geht hier um eine Gesamtstrategie; die Kollegin Steininger-Bludau hat das schon angesprochen.
In diesem Zusammenhang will ich sagen: Auch wenn sich dieser Antrag – durchaus zu recht – nur auf die Finanzierung von Frauenhäusern bezieht, müssen wir auch über die Frauenberatungsstellen und über die Frauennotrufe sprechen. Denn auch sie leisten einen ganz wichtigen Beitrag im Bereich der psychosozialen Beratung von Frauen, die sich in Notlagen befinden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, ich möchte natürlich auch noch kurz etwas zu Ihrem Antrag sagen: Ich teile ganz viel von dem, was Sie in Ihrer Analyse schreiben; vieles von dem ist sicherlich richtig. Allerdings möchte ich doch noch ein bisschen Wasser in den Wein gießen; denn konkrete Ideen zur Sicherstellung der von Ihnen geforderten nachhaltigen Finanzierung von Frauenhäusern bleiben Sie in Ihrem Antrag leider schuldig. Ich bin gespannt, ob das eine oder andere dazu noch in den Ausschussberatungen folgt. Denn allein mit den Worten „Das müsste man aber haben“ wird die Finanzierung nicht sichergestellt werden können. Dazu braucht es Konkreteres. Ich hoffe da auf konkretere Ideen.
Ich gebe Ihnen auch da recht: Wir müssen auch über die männlichen Opfer häuslicher Gewalt sprechen. Aber das darf im Antrag doch nicht nur als Appendix zur Frauenhausfinanzierung stehen. Nehmen Sie sich doch die Zeit, dazu noch einen eigenen Antrag zu schreiben. Das ist mit Sicherheit ein sehr lohnendes Thema. An der von Ihnen gewählten Stelle war das sachlich-fachlich nicht hundertprozentig richtig platziert.
Ich hätte mir auch gewünscht, noch einen Satz zur Situation der von Gewalt betroffenen Mädchen zu lesen und dazu, was wir zur Sicherstellung einer Zufluchtsstruktur für sie gebrauchen noch könnten. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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