Josefine Paul: „Das ist, wie ich finde, eine bittere Bilanz“

Zur Einbringung des Haushaltsplans 2022 durch die Landesregierung

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Löttgen, Sie haben sich gerade mehr oder weniger erfolgreich durch Ihre Haushaltsrede gekalauert und dabei natürlich einmal mehr nicht mit Eigenlob gespart. Das ist wahrscheinlich auch nötig; denn der Anteil derer, die Sie ansonsten loben, wird immer geringer. Nach dieser Haushaltsrede wird er bestimmt nicht größer geworden sein.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Allerdings, sehr geehrte Damen und Herren, sind die Herausforderungen, vor denen wir stehen, groß und erfordern eben auch andere Antworten als die, die Sie hier immer so als kleines Pingpongspiel, garniert mit irgendwelchen anderen Kalauern, vorgetragen haben, Herr Löttgen. Die Klimakrise, die Hochwasserkatastrophe, die Bewältigung der Coronapandemie und die zunehmende soziale Spaltung sind die Herausforderungen, denen wir begegnen müssen.

Gleichzeitig haben wir jetzt die Chance, unser Land zukunftsfest umzubauen. Doch der vorliegende Haushalt – und da gehen unsere Meinungen schon diametral auseinander – wird genau diesen Herausforderungen eben nicht gerecht. NRW tritt bei den wichtigen Zukunftsfragen auf der Stelle: Wie gestalten wir unseren Wirtschaftsstandort klimaneutral und zukunftsfest? Wie garantieren wir faire Zukunftschancen für Kinder und Jugendliche? Wie stärken wir die Handlungsfähigkeit unserer Kommunen, die immer noch unter der Last der Altschulden lechzen?

Ja, und dann attestiert Ihnen, Herr Finanzminister, der Landesrechnungshof auch noch, dass Sie gerade nicht der solide Kassenwart sind, als den Sie sich so gerne ausgeben. Das haben Sie auch gerade wieder versucht. Nein, im Gegenteil: Ihnen wird sogar attestiert, dass Sie wie ein Kind agieren, das sich im Supermarkt den Korb voller Süßigkeiten packt, obwohl es nicht genug Geld dabeihat.

(Beifall von den GRÜNEN)

Drastischer hätte die Klatsche doch nun kaum ausfallen können. Dabei, und das will ich auch sagen, müsste ein voller Einkaufskorb gar nicht mal schlecht sein, wenn Sie denn wenigstens etwas Gesundes und nicht nur Leckerlis in diesen Einkaufskorb gepackt hätten, wie zum Beispiel einen Altschuldenfonds für die Kommunen, wie zum Beispiel mehr für Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, wie zum Beispiel mehr für sanierte Schulen, damit wir endlich aus der Kreidezeit kommen. Aber all das haben Sie nicht in Ihren Einkaufskorb gepackt, und das ist das, was wir im Kern diskutieren, und das ist das, was wir im Kern kritisieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Fazit: Die Regierung Laschet wird also nicht nur ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht und ist daran gescheitert, sondern sie scheint mit den aktuellen Anforderungen – siehe beispielsweise Coronakrise – überfordert, und sie wird auch den zentralen Herausforderungen für die Zukunft nicht gerecht. – Das ist das Fazit und das ist die Bilanz dieser schwarz-gelben Landesregierung, unabhängig davon, dass Sie sich selbst immer die besten Noten ausstellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Interesse – das ist die traurige Erkenntnis – an NRW-Landespolitik scheint zumindest beim Ministerpräsidenten nicht mehr besonders ausgeprägt. Ich finde schon, dass das etwas ist, was das Parlament hier intensiv und auch dringlich miteinander diskutieren muss. Ich finde, es ist einfach eine Missachtung des Parlaments, wenn der Ministerpräsident der Einbringung des Haushaltes nicht beiwohnt.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Zuruf von Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration)

– Ja, das ist auch gut. Ich finde es auch gut, dass Sie da sind. Aber ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen: Den Ministerpräsidenten hätte ich als denjenigen, der hier die Richtlinienkompetenz hat, schon gerne bei der Haushaltseinbringung persönlich hier gehabt.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

An die Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU gerichtet: Was Sie hier heute Mittag in der Frage der Einberufung des Ältestenrats aufgeführt haben, spottet, ehrlich gesagt, jeder parlamentarischen Kultur.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist ja mittlerweile Konsens in Politik und Gesellschaft, dass die Klimakrise die größte Herausforderung unserer Zeit ist. Tatsächlich konnten auch der Finanzminister und Herr Löttgen wenigstens kurz ein Wort dazu verlieren. Allerdings müsste spätestens seit dem aufrüttelnden Zwischenbericht des IPCC klar sein, dass jetzt nicht mehr die Zeit ist, um die Größe der Herausforderung zu bewundern oder sie zumindest mal benennen zu können. Nein, vielmehr braucht es konsequentes Handeln, und zwar jetzt, und nicht eine Politik, die weitere 17 Jahre auf Kohle setzen will.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gerichte haben diese zögerliche, diese verzagte und realitätsverweigernde Haltung der Union in diesem Jahr gleich mehrfach abgestraft. Im Frühjahr gab es den wegweisenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und vor zwei Wochen die deutliche Klatsche des OVG Münster zu Datteln 4. Hier zeigt sich die ganze Rückwärtsgewandtheit der Politik Laschet. Datteln 4 hätte nie gebaut, aber erst recht nie in Betrieb gehen dürfen.

(Andreas Keith [AfD]: Hätten Sie es einfach nicht genehmigt!)

Die Kohlekommission hatte Ihnen empfohlen, für die gebauten, aber noch nicht in Betrieb befindlichen Kraftwerke eine Verhandlungslösung mit den Betreibern zu suchen. Das ist das, was überbleibt, wenn Herr Laschet sagt, er setze etwas eins zu eins um: eine grobe Klatsche vor einem Gericht. Das ist die Verlässlichkeit dieser Regierung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem historischen Beschluss vom 29. April deutlich gemacht: Wir dürfen politische Verantwortung nicht auf nachfolgende Generationen abschieben. Die Klimafrage ist damit auch höchstrichterlich zu einer Frage der Generationengerechtigkeit erklärt worden, die unmittelbar die Freiheit unserer Kinder und Enkel bedroht, wenn wir nicht jetzt handeln.

Auch die Landesregierung hat es nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bei einer kosmetischen Anpassung des Zieldatums im Klimaschutzgesetz belassen. Mehr haben Sie nicht getan. Dabei wäre diese Kurskorrektur so überfällig. Aber die Regierung unter Ministerpräsident Laschet hat diese Kurskorrektur nicht vorgenommen: „Weil jetzt so ein Tag ist, ändert man nicht die Politik.“ – Doch. Genau das ist notwendig, weil sich diese Tage mit Gerichtsentscheidungen, aber leider auch mit schrecklichen Umweltfolgen häufen. Deshalb müssen wir unsere Politik ändern.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es reicht eben nicht, einfach die Ziele im Klimaschutzgesetz anzupassen und dann die Hände in den Schoß zu legen. Die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele müssen wir anpacken. Das ist jetzt dringend nötig. Doch die Landesregierung tut nicht nur nicht genug für den Klimaschutz. Es ist sogar noch schlimmer: Wirklich konkret wird es mit dieser Landesregierung, wenn es um die Verhinderung geht. Das Festhalten am Kohleausstieg 2038 konterkariert die Klimaschutzziele. Der Kohleausstieg muss auf 2030 vorgezogen werden, sonst werden Sie noch nicht mal Ihre wenig ambitionierten Klimaschutzziele erreichen.

Doch Schwarz-Gelb weigert sich, die Leitentscheidung entsprechend anzupassen. Damit weigert sich die Landesregierung auch, die Heimat der Menschen in den Dörfern zu retten.

Im ganzen Konflikt um den Hambacher Wald sind weder der Ministerpräsident noch die Landesregierung mal als Vermittler aufgetreten. Im ganzen Konflikt nicht. Im Gegenteil. Jetzt erreicht uns die Eilmeldung zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln. In der Pressemitteilung zum Entscheid des Verwaltungsgerichts Köln steht:

„Vor allem sei aus der Weisung des Ministeriums erkennbar“

– hier ist Ihr Ministerium gemeint, Frau Scharrenbach –,

„dass die Räumungsaktion letztlich der Entfernung der Braunkohlegegner aus dem Hambacher Forst gedient habe. Das aber sei nicht Zweck der angewandten baurechtlichen Regelungen zum Brandschutz, die insofern nur vorgeschoben worden seien.“

(Beifall von den GRÜNEN)

Wie deutlich kann ein Gericht einem attestieren, dass die gesamte Rechtsargumentation völlig in sich zusammengebrochen ist! Sie war rein politisch motiviert. Sie brauchten – und Sie haben sich einen zurechtgebogen – einen Grund zum Räumen, um die Interessen von RWE durchzusetzen. Diesen Vorgang, sehr geehrte Damen und Herren, wird diese Landesregierung – allen voran Ministerin Scharrenbach und Minister Reul, aber auch Ministerpräsident Laschet – erklären müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen verbindliche Ziele und Maßnahmen für alle Sektoren – nicht nur kosmetische Korrekturen und Ankündigungen. Die grüne Landtagsfraktion hat dazu ein umfangreiches Gutachten in Auftrag gegeben, das deutlich macht, dass Nordrhein-Westfalen schon 2040 klimaneutral sein kann. Die Studie zeigt, dass Klimaneutralität in weniger als 20 Jahren technisch möglich ist. Aber das braucht eben eine Regierung, und es braucht politische Rahmenbedingungen, die das Technische auch politisch und rechtlich in den Rahmenbedingungen möglich machen.

Und auch das Ziel der Landesregierung, 2045 klimaneutral zu werden, werden Sie mit reiner Rhetorik und reiner Ankündigungspolitik schlicht und ergreifend so nicht erreichen können. Mit bloßen Ankündigungen werden wir dieses Ziel nicht erreichen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Armin Laschet ist bei der Frage, wie unser Industriestandort zukunftsfest gemacht werden kann und die Klimakrise einzudämmen ist, leider komplett blank. Als Kanzlerkandidat befürchtet er, dass konsequenter Klimaschutz der Industrie Fesseln anlegt; ein gerne von ihm vorgetragener Vorwurf. Als Ministerpräsident allerdings steht er für eine Abstandsregelung bei der Windenergie, die den Ausbau dieses Energieträgers faktisch zum Erliegen bringt. So viel zum Thema „Fesseln“.

(Matthias Goeken [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Und selbst die Stimmen aus der Wirtschaft, die einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien einfordern, um eine nachhaltige Zukunft des Industriestandorts zu sichern, bleiben bei Armin Laschet leider ungehört. Das ist industriefeindliche Politik, meine Damen und Herren, und Armin Laschet ist es, der der Industrie mit dieser Politik Fesseln anlegt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber wen mag das eigentlich nach den Ankündigungen der letzten Tage noch ernsthaft überraschen? Von jemandem, der allen Ernstes Friedrich Merz, die personifizierten Antworten der Vergangenheit, in sein Zukunftsteam holt, erwarte ich auch keine Antworten für einen zukunftsfesten Wirtschaftsstandort.

(Beifall von den GRÜNEN)

„Regieren wie Schwarz-Gelb in NRW.“ Das ist immer das Mantra. Allerdings muss man sehr deutlich sagen: Weder darf das zur Blaupause für den Bund werden, noch ist dieser Haushalt – und das zeigen dieser Haushalt und die Bilanz Ihrer Regierungszeit eindeutig – etwas für die Ausgestaltung unseres Standortes hier in Nordrhein-Westfalen.

Die Wirtschafts- und Energiepolitik wird in diesem Land leider vom Prinzip Hoffnung geleitet und geht über reine Ankündigungsrhetorik selten hinaus. Medienwirksam werden dann High-Level-Dialoge oder Spitzengespräche Wasserstoff inszeniert. Mich beschleicht dabei der Eindruck, dass einzig die Vermarktung dabei wirklich High Level ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Im Haushalt jedenfalls sehen angesichts der Größe der Aufgabe und der Fülle der Ankündigungen gerade mal – und der Finanzminister hat sich gerade üppig dafür gelobt – 15 Millionen Euro beim Thema „Wasserstoff“ dann doch eher mickrig aus, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Klar ist doch: Wer den Industriestandort Nordrhein-Westfalen zukunftsfähig machen und damit Wohlstand und Arbeitsplätze langfristig sichern will, muss der Industrie verlässliche Rahmenbedingungen für den klimagerechten Umbau bieten. Dazu gehören Investitionsmöglichkeiten für die Industrie. Dazu gehören sichere Rahmenbedingungen. Wir müssen Klimapionier*innen auf dem Weg unterstützen.

Und ganz ehrlich – das bekommt man doch mit, wenn man im Land unterwegs ist –: Die Unternehmen – ob es nun die kleinen Handwerksbetriebe oder die großen Industriebetriebe sind – sind doch längst viel weiter als die völlig ambitionslos Politik dieser Landesregierung. Mehr Tempo, wie Armin Laschet so gerne einfordert, bildet sich in diesem Haushalt bei den Themen „Kilmaschutz“, „Energiewende“ oder „Umbau der Wirtschaft“ leider nicht ab.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch der Ausbau der Solarenergie kommt kaum voran. Im Rahmen der Novellierung der Landesbauordnung hat die Landesregierung doch einmal mehr eine Chance vertan, um signifikant für mehr Solar- und mehr Dachbegrünung zu sorgen. Stattdessen hat es in der Vorstellungskraft und im Gesetz dieser Landesregierung für Solar nur für große gewerbliche Parkplätze gereicht. Das enorme Potenzial, das in dieser Technologie liegt, bleibt somit weiter ungenutzt.

Und auch bei ihren eigenen Ambitionen zur Photovoltaik auf Landesgebäuden ist die Landesregierung kläglich gescheitert. Gerade einmal neun mickrige Anlagen und damit nicht einmal 10 % dessen, was Sie selbst vollmundig angekündigt haben, haben Sie in den letzten Jahren umgesetzt. Wenn wir in dem Tempo weitermachen, dann bleibt die Schule in der Kreidezeit, und auch die Industrie- und Energiewende bleibt irgendwie in den Startlöchern stecken. Das ist die Bilanz dieser Landesregierung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dieses Muster der verpassten Chancen durchzieht die gesamte Politik der Landesregierung, insbesondere im Bereich „Klima und Energie“: große Worte – die haben wir eben auch wieder gehört –, aber wenig eigene Leistung.

Herr Löttgen – Sie sind gerade nicht anwesend; Sie wollen die Antwort, wie Ihre tolle CO2-Reduktionsbilanz zustande kommt, wahrscheinlich gar, nicht hören –, ausgiebig loben Sie und die Landesregierung sich für die Reduktion der CO2-Emissionen. Fakt ist aber, dass Sie selbst herzlich wenig dazu beigetragen haben, und das, obwohl – das möchte ich zugestehen – die Treibhausgasemissionen seit 2017, also Ihrem Regierungsantritt, tatsächlich um 20 % gesunken sind. Die traurige Nachricht ist: In demselben Zeitraum ist der Ausbau der erneuerbaren Energien leider nur um 5 % gestiegen.

Sie erkennen die Schwierigkeiten bei der Energiewende in Nordrhein-Westfalen. Aber selbst Ihr eigenes Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen liefert den Beleg dafür, dass diese Landesregierung selbst rein gar nichts bei der CO2-Reduktion vorzuweisen hat, sondern dass es andere Effekte sind. Ich darf das LANUV zitieren:

„Der zu erwartende Rückgang der Emissionen im Jahr 2020 lässt sich überwiegend mit einer Reduzierung der Kohleverstromung, u. a. in Folge der erfolgreichen Reform des europäischen Emissionshandels, der Stilllegung großer Kraftwerke wie dem Steag Kraftwerk Lünen oder dem Heizkraftwerk Elberfeld sowie einer insgesamt geringeren Auslastung der Kraftwerke, vor allem durch einen durch die Lockdown-Maßnahmen bedingten Rückgang des Bruttostromverbrauchs, erklären“.

Das heißt im Klartext: Die klimapolitische Bilanz dieser Landesregierung zeichnet sich durch das Ausbremsen der erneuerbaren Energien, die Emissionsreduktion durch Effekte anderer, die Inbetriebnahme eines Schwarzbaus gegen die Empfehlung der Kohlekommission und Reduktionseffekte aufgrund des Lockdowns aus. Das ist die Bilanz der schwarz-gelben Regierungszeit seit 2017. Dank der Regierung Laschet tritt Nordrhein-Westfalen auf der Stelle, was Klimaschutz und Energiewende angeht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, die schreckliche Flutkatastrophe des Sommers mit mehr als 180 Toten – 49 Tote allein in Nordrhein-Westfalen, derer wir heute Morgen in einer sehr würdigen Feierstunde gedacht haben – und die schlimmsten Zerstörungen haben uns allen vor Augen geführt, dass die Klimakrise und Extremwetterereignisse direkt vor unserer Haustür stattfinden und unmittelbar unser Leben beeinträchtigen. Sie sind nicht abstrakt und nicht weit weg, sondern direkt hier.

Hilfe und Unterstützung für die Betroffenen sowie der Wiederaufbau stehen auch mehr als sieben Wochen nach der Katastrophe im Fokus und werden noch Monate, wenn nicht Jahre andauern. So lange wird es noch dauern, die sichtbaren Spuren zu beseitigen. Die unsichtbaren Schäden – der Schrecken, die Trauer und die seelischen Spuren – werden bleiben. Wir können nur helfen, sie ein klein wenig zu lindern.

Die Solidarität, die Unterstützung und die Anteilnahme für die Menschen in den Flutgebieten war und ist groß. Unser Dank gilt – das haben vorhin schon alle Rednerinnen und Redner gesagt – allen Helferinnen und Helfern für diese Unterstützung, für die Solidarität und für die anhaltende Anteilnahme.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ja, wir werden Hochwasser und Überschwemmungen nicht verhindern können. Aber wir müssen mehr Vorsorge beim Schutz vor Hochwasser und Starkregen betreiben. Wir müssen Lehren aus dieser schrecklichen Katastrophe ziehen.

Um die zerstörerische Kraft des Wassers zu mindern, braucht es aber vor allem eines: Fläche. Das Wasser muss Raum haben, sich unschädlicher ausbreiten und versickern zu können.

Doch die schwarz-gelbe Landesregierung hat es versäumt, diesem Umstand Rechnung zu tragen. Im Gegenteil: CDU und FDP haben den 5‑ha-Grundsatz zur Beschränkung der Flächenversiegelung aus dem Landesentwicklungsplan gestrichen. Heute – diese Zahl finde ich im Vergleich durchaus erschreckend – werden in Nordrhein-Westfalen pro Tag 22 ha Fläche versiegelt – Fläche, die als Sickerfläche fehlt; Fläche, die bei Hochwasser und Starkregen Wasser aufnehmen könnte, aber natürlich gleichzeitig bei Hitze und Dürre – auch Phänomene, die wir in den letzten Sommern direkt vor unserer Haustür erlebt haben – gespeichertes Wasser wieder abgeben könnte.

Entfesselt und damit geschwächt wurden auch die Regelungen zum Schutz der Flächen, die dem Hochwasserschutz dienen. Auch das Vorkaufsrecht des Landes zugunsten naturnaher Gewässerentwicklung wurde ersatzlos gestrichen.

Diese Änderungen – das muss man hier so deutlich benennen – gehen zulasten des Hochwasserschutzes und müssen deshalb so schnell wie möglich rückgängig gemacht werden.

(Beifall von den GRÜNEN und Susana dos Santos Herrmann [SPD])

Doch der Haushalt trägt diesen Herausforderungen keinerlei Rechnung. Mehr Mittel gibt es weder für Klimaanpassungen noch für den kommunalen Klimaschutz. Zwar lobt sich die Regierung – vorhin schon wieder – ausgiebig und überschwänglich für das erste Klimaanpassungsgesetz in Deutschland. Aber nicht nur inhaltlich ist diese reine Auskopplung aus dem Klimaschutzgesetz doch eine Mogelpackung. Es wird auch deutlich, dass nicht viel dahinter ist, wenn es konkret um Geld für die Umsetzung geht. Da fällt dieses Pinkwart’sche Dorf, auch wenn Teile des Klimaschutzgesetzes und des Klimaanpassungsgesetzes in der Zuständigkeit von Frau Heinen-Esser liegen, doch einmal mehr völlig in sich zusammen.

Auch mit den sprudelnden Steuereinnahmen der letzten Jahre oder mit den Corona-Rettungsschirm-Mitteln hat diese Landesregierung es nicht vermocht, die dringend notwendigen Investitionen auf den Weg zu bringen, zum Beispiel den Kommunen durch einen echten Zukunftspakt zu helfen, aber auch den Klimaschutz in diesem Land zu stärken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ ist NRWs bislang erfolgreichste Volksinitiative. Das Aktionsbündnis umfasst 215 Verbände und Vereine, und rund 207.000 Menschen haben die Initiative mit ihrer Unterschrift unterstützt. Und tatsächlich: Ihr Engagement hat sich ausgezahlt. Anders als die Landesregierung sich jetzt selbst lobpreist, ist es ja die Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ gewesen, die die Landesregierung erst dazu getrieben hat, das erste Fahrradgesetz für ein Flächenland in Deutschland auf den Weg zu bringen. Es ist der Erfolg der Volksinitiative und nicht der Erfolg dieser Landesregierung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dass es ein solches Fahrradgesetz gibt, ist auch dringend notwendig; denn der Verkehrssektor ist nicht nur ein entscheidender Faktor bei der Bekämpfung der Klimakrise, sondern auch der Sektor, in dem in den letzten 30 Jahren praktisch keine Emissionsreduktion stattgefunden hat. Für eine wirkliche Mobilitätswende braucht es allerdings auch im Verkehrsbereich klare Vorgaben und Maßnahmen.

Ja, es ist gut, wenn die Landesregierung sich jetzt das Fahrradgesetz zu eigen macht und mit ihrem Gesetzentwurf tatsächlich die Erhöhung des Radverkehrsanteils von derzeit etwa 9 % auf 25 % festschreiben will. Allerdings – das hat der Finanzminister heute auch wieder geflissentlich unterschlagen – bleibt sie bei der Frage, wie und wann sie dieses Ziel erreichen will, wieder völlig im Unkonkreten. Dem Ziel der Gleichrangigkeit der Verkehrsträger, was ja auch das Ziel dieses Fahrradgesetzes ist, wird weder der Entwurf zum Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz noch der vorliegende Haushaltsentwurf gerecht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zwar haben die Menschen mit den Pedalen abgestimmt, und der Radverkehrsanteil wächst stetig. Aber die eingestellten Mittel sind doch nur ein Placebo, wenn es nicht gelingt, sie wortwörtlich auch auf den Weg zu bringen. Das heißt, sie müssen auch verplant werden; die Radwege müssen auch entstehen. Genau daran hat es in den letzten Jahren gehapert.

Daran werden wir auch die massiven Mittelauswüchse in diesem Haushalt messen. Wir messen nicht nur, welche Mittel eingestellt werden, sondern am Ende ist wichtig, dass die Menschen gute und sichere Radwege haben, damit wir dieses Ziel von mehr Radverkehr in der Mobilität erreichen können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber eigentlich – darauf hat der Finanzminister in erstaunlicher Offenheit schon hingewiesen – ist der Lieblingsverkehrsträger dieser Landesregierung nach wie vor das Auto. Ganz im Sinne des Ministerpräsidenten will Verkehrsminister Wüst nämlich auch weiterhin Geld für Straßenbau ausgeben. Für den Bau neuer Landesstraßen – den Bau neuer Straßen, nicht den Straßenerhalt – finden sich im Haushalt 72 Millionen Euro, und ganz stolz erklären der Verkehrsminister und gerade auch der Finanzminister, dass Hendrik Wüst als Verkehrsminister für Fernstraßenbau sogar 600 Millionen mehr nach NRW geholt hat, als uns eigentlich zugestanden hat. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall von der FDP)

Das ist keine moderne Verkehrspolitik. Diese FDP beklatscht sich gerade dafür, damit eine Absage an moderne Mobilitätspolitik zu erklären.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Aber auch das wundert einen nicht. Jetzt ist Kanzlerkandidat Armin Laschet nicht hier. Aber offensichtlich gibt es da eine große geistige Nähe. Denn allen Ernstes hat Armin Laschet im Kanzler-Triell erklärt, dass es seiner Meinung nach Autos für lebendige Innenstädte bräuchte. Ganz ehrlich: Das ist genauso absurd, als würde ich einen BVB-Fanclub bitten, die Wiederaufstiegsfeier von Schalke 04 zu organisieren. So absurd ist das, was Herr Laschet an dieser Stelle vorträgt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Witzel, es wundert mich, ehrlich gesagt, nicht, dass das auch Ihre Haltung ist.

Die grüne Fraktion hat nicht nur ein eigenes Fahrradgesetz mit klaren Maßnahmen eingebracht, sondern auch einen umfangreichen Antrag vorgelegt, wie Innenstädte Räume der Zukunft werden können. Denn Innenstädte haben schon vor der Coronakrise gelitten, und die Pandemie hat diese Effekte noch verstärkt.

Gleichzeitig haben viele Menschen den öffentlichen Raum als Lebensraum wiederentdeckt. Herr Witzel ist wohl immer noch beim Parken im öffentlichen Raum. Andere Leute begreifen das jetzt mehr als Raum für Begegnungen. Aber da sind die Bedarfe eben offensichtlich unterschiedlich.

(Heiterkeit von Verena Schäffer [GRÜNE] und Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Wenn man den Bedarfen der Menschen nach Begegnung und nach Lebensraum Rechnung tragen will, erfordert das aus unserer Sicht eine andere Planungs- und Stadtentwicklungspolitik. Resiliente Innenstädte brauchen mehr als Parkplätze und Shoppingmöglichkeiten. Aufgrund der Erwartungen, die Menschen an Innenstädte zum Ausdruck bringen, brauchen resiliente Innenstädte ein Miteinander und Nebeneinander von Einzelhandel, Gastronomie, Grünflächen zum Verweilen, Wohnen, Handwerk und Bildung.

Viele Menschen wollen einen öffentlichen Raum, der eben nicht mehr nur zum Parken da ist. Vielmehr wollen sie einen Begegnungsraum. Außerdem wollen sie sichere Mobilitätsräume für alle. Sie wollen, dass Kinder gefahrlos alleine mit dem Fahrrad zur Schule fahren können. Sie wollen, dass Menschen mit Rollatoren sich eigenständig auf ausreichend breiten Fußwegen bewegen können.

All das sind die Herausforderungen einer modernen Mobilitätspolitik. Über all das haben Sie, ehrlich gesagt, gerade nur gelacht. Ich habe kaum Verständnis für ein solches Gesellschafts- und Mobilitätsbild.

(Beifall von den GRÜNEN)

Für all das braucht es vor allem handlungsfähige Kommunen. Aber von Ihrem hehren Anspruch der gleichwertigen Lebensverhältnisse in Stadt und Land ist wenig geblieben. Herr Finanzminister, Sie haben hier gerade vorgetragen, wie Sie die Finanzen der Kommunen konsolidiert hätten. Sie sollten vielleicht einmal die Kommunen fragen, ob sie davon etwas mitbekommen haben. Ich fürchte, die Antwort wird Nein sein.

Sie haben sich vielmehr auf den positiven Effekten des „Stärkungspakts Stadtfinanzen“ der Vorgängerregierung ausgeruht und weder eine Nachfolgeregelung für die Stärkungspaktkommunen auf den Weg gebracht noch die Altschuldenproblematik angepackt – und das trotz steter vollmundiger Versprechen. Da ist nichts passiert. Deshalb hängen die Lebensverhältnisse und damit auch die Zukunftschancen in Nordrhein-Westfalen leider weiterhin von der Postleitzahl ab.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der stellvertretende Ministerpräsident hat gerade gesagt, er höre aufmerksam zu. Als Familienminister kann er jetzt aufmerksam zuhören:

(Heiterkeit von Verena Schäffer [GRÜNE] und Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

In Düsseldorf beispielsweise sind alle Ü3-Kitajahre beitragsfrei. In Duisburg werden aber bereits ab einem Jahreseinkommen von 15.000 Euro Beiträge fällig.

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Wer regiert denn in Duisburg?)

Das führt nicht nur zu einem Flickenteppich, sondern ist auch das Gegenteil von gleichwertigen Lebensverhältnissen und einer Politik der Chancengleichheit.

Sie, Herr Minister, haben es versäumt, diese Ungleichheiten abzubauen, weil Sie sich nämlich nicht durchringen konnten, eine landeseinheitliche Beitragstabelle umzusetzen, die diese sozialen Ungerechtigkeiten aufgrund der Postleitzahlen abgefedert hätte. Auch das ist eine Bilanz dieser Landesregierung – auch wenn Sie sich ausgiebig dafür loben.

(Beifall von den GRÜNEN und Regina Kopp-Herr [SPD])

Die Coronakrise hat diese Ungleichheiten noch weiter verschärft. Während die alten Finanzprobleme der Kommunen ungelöst bleiben, hat Corona bei den Kommunen zu neuen Mindereinnahmen und Mehrausgaben geführt. Die Kommunen – das muss man so deutlich sagen – sind der große Verlierer. Denn was bietet die Landesregierung unter Ministerpräsident Laschet? Hilfen auf Pump und Bilanztricks, aber kein frisches Geld für die Kommunen.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

– Das können Sie alles gleich noch erklären, Herr Kollege Höne.

Trotz aller berechtigten Kritik der kommunalen Spitzenverbände – wir sind auf derselben Veranstaltung gewesen; da ist diese Kritik auch noch einmal vorgetragen worden –

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

bleibt die Landesregierung dabei, dass es 2021 und in den folgenden Jahren keinen Ausgleich der Gewerbesteuerausfälle für die Kommunen durch Bund und Land geben wird. Mindereinnahmen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs werden nur kreditiert.

Das hat erhebliche Folgen. Es führt Schätzungen zufolge dazu, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen wegen Corona auf 6 Milliarden Euro Mindereinnahmen sitzen bleiben werden. Das werden sie alleine aber nicht stemmen können. Das können sie so nicht verkraften. Das ist übrigens auch ein Hemmschuh für notwendige Investitionen. Es schwächt die Investitionskraft der Kommunen. Außerdem setzt es die Schuldenspirale weiter in Gang; sie wird sich weiterdrehen.

Genau das hat fatale Folgen für die Menschen in unserem Land. Dazu haben Sie gerade keine Antworten gegeben. Sie haben die Kommunen mit diesen Problemen im Regen stehen lassen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gleiches gilt für die bilanzielle Isolierung coronabedingter Mehrausgaben aus den kommunalen Haushalten. Das ist schlicht ein Taschenspielertrick. So viel zu der generationengerechten Haushaltspolitik, für die Sie sich so gerne loben! Es ist ein Taschenspielertrick, wenn die Lösung der Landesregierung schlicht darin besteht, die Tilgung coronabedingter Mehrausgaben bzw. Schulden und frischer Kassenkredite einfach auf 50 Jahre auszuweiten: Nach mir die Sintflut! Das können dann unsere Kinder bezahlen. – Das ist ein Taschenspielertrick und auch nicht generationenfest.

(Beifall von den GRÜNEN)

Diese Politik ist kommunalfeindlich und zukunftsfeindlich. In unserem Land darf doch nicht die Postleitzahl darüber entscheiden, ob in Schulen und Turnhallen der Putz von der Decke rieselt, welche Kitabeiträge man zahlt oder ob die Stadtteilbibliothek auch weiterhin geöffnet ist. Es darf auch nicht Glückssache sein, ob ein Bus fährt, die Radwege sicher sind oder das Schwimmbad nicht schließen muss. All das kann nicht der Anspruch sein. Dem Anspruch, den diese Landesregierung immer so blumig formuliert hat, nämlich gleichwertige Lebensverhältnisse für alle zu schaffen, ist sie nicht gerecht geworden.

Es ist auch nicht ausreichend, sich auf den strukturellen Verbesserungen bei den Kosten der Unterkunft auszuruhen. Ja, die Übernahme von 75 % der Kosten der Unterkunft ist eine wichtige Entlastung für die Kommunen. Damit hat der Bund einen Beitrag geleistet – der Bund. Doch das Land bleibt Lösungen für eine strukturelle Verbesserung der kommunalen Finanzlage schuldig.

Sie haben jetzt noch einmal die Chance. Das ist der letzte Haushalt dieser Legislaturperiode. Nutzen Sie diese Chance. Legen Sie jetzt endlich ein Konzept für einen NRW-Altschuldenfonds vor, damit überschuldete Kommunen endlich wieder handlungsfähig werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, es darf kein Zukunfts- oder Lebensrisiko sein, in Nordrhein-Westfalen zu leben. Aktuelle Zahlen zeigen, dass jeder sechste Mensch in Deutschland arm ist. Während die entsprechenden Zahlen im Osten sanken, stiegen sie im Westen der Republik. Traurigerweise stiegen sie in Nordrhein-Westfalen am stärksten. Hier stieg die Armutsquote seit 2006 um 33 % – von 13,9 % auf 18,5 %. Besonders stark betroffen sind Kinder, Alleinerziehende und Ältere – wobei deutlich zu sagen ist, dass Altersarmut weiblich ist.

Wenn Kinder in einem reichen Land in Armut aufwachsen müssen, dann ist das eine Schande.

(Beifall von den GRÜNEN und Regina Kopp-Herr [SPD])

Denn Armut hat weitreichende Folgen für die Entwicklung von Kindern. Armut bedeutet Verzicht, soziale Ausgrenzung, schlechtere Zukunftschancen. Am Ende müssen wir leider auch konstatieren, dass Armut krank macht; sie ist auch ein Gesundheitsrisiko.

Laut Bundesagentur für Arbeit waren 2020 fast 2 Millionen Kinder in Deutschland unter 18 Jahren auf Hartz IV angewiesen. Davon lebten allein 566.000 in Nordrhein-Westfalen.

Ganz ehrlich: Ich kann nicht verstehen, wieso Sie, Herr Minister Laumann, sich im Rahmen der Länderarbeitsgruppe der Sozialministerkonferenz nach wie vor gegen eine Kindergrundsicherung sperren. Das ist schlecht für die Kinder in Nordrhein-Westfalen. Setzen Sie sich mit dafür ein, dass das den Kindern in Nordrhein-Westfalen zugutekommt. Wir brauchen endlich eine Kindergrundsicherung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Coronakrise hat auch die Bildungsungerechtigkeit in unserem Land noch einmal offener zutage treten lassen und gezeigt, wie weit wir eigentlich von Rahmenbedingungen für eine Schule im 21. Jahrhundert entfernt sind. Unsere Schulen sind nach wie vor in der Kreidezeit. Es ist gerade noch einmal herausdestilliert worden, dass nur 12 % der Schulen in NRW über einen Glasfaseranschluss verfügen. Digitalisierung first, Landesregierung second, immer drei Schritte hinterher –

(Zurufe von der FDP)

das scheint leider die Wahrheit zu sein bei der …

(Zuruf von der FDP)

– Oh, die Digitalisierungspartei ist gerade aufgewacht. Herzlich willkommen bei dieser Debatte.

(Dietmar Brockes [FDP]: Weil Sie hier falsche Zahlen verbreiten!)

Ihr Fraktionsvorsitzender hat ja gleich die Gelegenheit, das richtigzustellen. Vielleicht hat er ja mal ein Redemanuskript dabei, anhand dessen er darauf reagieren kann.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der FDP – Glocke)

– Es ist ja gut.

(Zurufe von der FDP)

– Sie können das schon richtigstellen. Die Möglichkeit besteht. Ihr Fraktionsvorsitzender spricht ja gleich.

(Dietmar Brockes [FDP]: Dafür reicht die Zeit gar nicht aus!)

Kommen wir aber noch ganz kurz auf die anderen Schimären, die Sie im Bildungsbereich aufgebaut haben.

Die Talentschulen sind vorhin schon wieder angesprochen worden: 60 Talentschulen bei 5.000 Schulen in Nordrhein-Westfalen. Bei diesem Leuchtturmprojekt, das der Bildungsgerechtigkeit im Land zugutekommen soll,

(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])

müssen die 60 Talentschulen ja schon eine gewaltige Strahlkraft aufbieten, damit alle 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler etwas von dieser Maßnahme haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Ralph Bombis [FDP]: Wie bei Ihnen?)

Sie haben keine Konzepte vorgelegt, wie Bildungsgerechtigkeit nicht nur 60 Talentschulen oder anderen ausgewählten Leuchtturmprojekten,

(Zuruf von Franziska Müller-Rech [FDP])

sondern allen Schülerinnen und Schülern in Nordrhein-Westfalen zugutekommen kann.

(Zurufe von der FDP)

Auch die Frage nach Wertschätzung – das ist der Aspekt, den ich zum Abschluss nennen möchte, weil das vorhin so vorgetragen wurde …

Präsident André Kuper: Frau Kollegin, die Redezeit ist deutlich überschritten.

(Dietmar Brockes [FDP]: Schluss, bitte!)

Josefine Paul (GRÜNE): Die Frage nach Wertschätzung spiegelt sich auch bei der Bezahlung im öffentlichen Dienst wider. Sie haben die Anpassung an A13 für die Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer lange versprochen, sie aber immer noch nicht umgesetzt. Versprochen, gebrochen – das ist Ihre Form der Wertschätzung auch für den öffentlichen Dienst. Das ist, wie ich finde, eine bittere Nachricht und eine bittere Bilanz.

(Beifall von den GRÜNEN)

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