Josefine Paul: „Das ist die Begleitmusik, die man braucht, um aus Schule und Wohnumfeld bewegte Lebensräume für Kinder und Jugendliche zu machen.“

Antrag von CDU und FDP zu Fit durch Sport

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, diese Debatte ist ein beredter Beleg dafür, dass Sportpolitik Spaß machen kann. Herr Kollege Müller, Ihr Beitrag war eher die Kategorie Büttenrede statt ein ernsthafter Beitrag zur Debatte.
Denn wir sollten uns noch mal vor Augen halten, wie es denn eigentlich damals gelaufen ist, dass wir nicht zu einem gemeinsamen Antrag gekommen sind. Sie haben es so dargestellt, als hätten wir gesagt: Ach, Inhalte überwinden, wir machen das lieber mit der Linken als trotz vernünftiger Vorschläge mit CDU und FDP zusammenzuarbeiten.
Aber wie ist es wirklich gewesen? Wir haben uns gemeinsam hingesetzt mit der Linken, die gleichermaßen inhaltlich an der Sache interessiert war und diese mit voranbringen wollte. Sie haben damals gesagt: Mit den Schmuddelkindern mache ich keinen Sport. – Dementsprechend haben Sie – Sie allein – aus parteitaktischen Gründen verhindert, dass es zu einer Einigung gekommen ist. Deswegen steht dieser Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, doch eindeutig unter dem Motto „Fast jährlich grüßt das Murmeltier“.
Leider haben Sie offensichtlich aus den inhaltlichen Debatten und aus der Anhörung nicht besonders viel mitnehmen können. Denn ja, ich gebe zu, natürlich haben die nicht gesagt, motorische Tests lehnen wir ab, sondern motorische Tests können eine sinnvolle Ergänzung sein.
Wir sagen auch nichts anderes. Deswegen haben wir in den Antrag geschrieben: Sie können eine sinnvolle Ergänzung sein.
Sie sagen aber, das wäre jetzt Ihr ganzheitliches sportpolitisches Konzept. – Ich glaube langsam, Sie wissen schon gar nichts mehr anderes, was Sie in der Sportpolitik machen sollen. Sie schreiben in Ihren Antrag schlicht und ergreifend dann nur noch: Ergänzend braucht es Bewegungskonzepte.

Das ist ja schön, Herr Lürbke. Sie haben auch ausgeführt, man brauche Bewegungskonzepte. Sie sind uns in Ihrem Antrag schuldig geblieben zu erklären, was Sie sich unter „Bewegungskonzepten“ eigentlich vorstellen.
(Zuruf von der FDP: Man muss Sachen vernetzen!)
– „Man muss Sachen vernetzen“ ist doch kein Konzept. Wo sind denn die einzelnen Punkte, wie Sie Sachen vernetzen wollen und wie Sie die Kinder konkret fördern wollen? Nur kurz zu sagen, Teil des Bewegungskonzeptes sei es, individuell zu fördern, ist nun wirklich kein ernsthafter Beitrag zur Debatte.
(Christof Rasche [FDP]: Unglaublich!)
Deshalb haben wir mit unserem Entschließungsantrag ein ganzes Maßnahmenbündel auf den Tisch gelegt, von dem wir sagen: Das ist die Begleitmusik, die man braucht, um aus Schule und Wohnumfeld bewegte Lebensräume für Kinder und Jugendliche zu machen. Denn Sie haben richtigerweise ausgeführt, warum Bewegung für Kinder nicht nur für das Erlernen motorischer Fähigkeiten, sondern auch darüber hinaus wichtig ist.
(Marc Lürbke [FDP] macht sich bemerkbar.)
– Herr Kollege, ich dachte, Sie wollten eine Zwischenfrage stellen.
(Marc Lürbke [FDP]: Es wäre eine Ergänzung gewesen!)
– Es wäre nur eine Ergänzung gewesen, gut.
Ich will darauf zurückkommen, warum wir dieses Maßnahmenbündel eigentlich eingeführt haben. Wir begrüßen sportmotorische Tests unter Umständen als ergänzendes Mittel. Wir brauchen aber die Sachen, die wir in den Antrag hineingeschrieben haben. Wenn man etwas Gutes tut, ist es nicht falsch, auch darüber zu sprechen. Die rot-grüne Landesregierung hat die Tandems eingeführt, bei denen Schulsport und Sportvereine im offenen Ganztag miteinander vernetzt werden sollen.
Ihr Lieblingsprojekt, Herr Kollege Müller, „1.000 mal 1.000“ haben Sie dieses Mal gar nicht erwähnt. Dabei haben wir „1.000 mal 1.000“ zielgerichtet zu einem Programm weiterentwickelt, das die Vereine unterstützen soll, um im offenen Ganztag mit Bewegungsangeboten dabei zu sein, um in den Kitas Bewegungsangebote als Expertinnen und Experten für Spiel, Sport und Bewegung anbieten zu können.
Das ist eine ganze Reihe ganz konkreter Maßnahmen. Der Kollege Feuß hat das angesprochen. Auch die Stärkung der motorisch-diagnostischen Elemente in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern ist wichtig. Wir wollen nicht nur Schule als Lebens- und Bewegungsraum von Kindern sehen. Wir wollen auch die gesamte Kommune als Bewegungsraum für die Menschen sehen und sie dahin gehend weiterentwickeln.
Das heißt: Wir brauchen die klassischen Sportstätten. Wir brauchen aber auch Bewegungsräume wie Mehrgenerationenspielplätze, Skateanlagen, Bolzplätze und den gesamten Kanon,
(Minister Michael Groschek: Genau!)
damit wir Menschen die Möglichkeit geben, ihr Leben bewegt zu gestalten, weil es für junge Menschen nicht zuletzt wichtig ist, sich selbst und ihre Umwelt bewegt erfahren zu können.
(Minister Michael Groschek: Das sportliche Quartier!)
Davon steht in Ihrem Antrag nichts. Der Kollege Feuß hat es schon gesagt, und der Kollege Wolfgang Roth hat es Ihnen in der letzten Legislaturperiode schon gesagt: Vom Wiegen allein wird die Sau nicht fett.
Zu sagen, womit Sie Fleisch an den Knochen bringen wollen, nachdem Sie die Ergebnisse erzielt haben, sind Sie einmal mehr schuldig geblieben. Dementsprechend haben wir unseren Antrag mit ganz konkreten Maßnahmen auf den Tisch gelegt.
Ich glaube, das wird eine interessante Diskussion. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss dazu kommen, dass auch Sie einsehen: Vom Wiegen allein kommt es nicht; wir brauchen auch Futter für bewegtes Leben von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen.
Ich bin sehr gespannt darauf, ob sich eine tatsächliche gemeinsame inhaltliche Weiterentwicklung ergibt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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