Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Situation – ich glaube, das ist auch in der Diskussion deutlich geworden – ist für Familien seit Wochen und Monaten angespannt. Durch den Wegfall der regulären Betreuung und durch die Schließungen bei Kitas und Schulen ab März haben viele Eltern ihren Urlaub bereits aufgebraucht. Viele haben auch die Kinderkrankentage bereits aufgebraucht.
Gerade jetzt – es ist auch schon angeklungen – in der Schnupfenzeit, aber auch bei steigenden Infektionszahlen wird die Situation für Familien sicherlich nicht leichter werden.
Es ist trotzdem auch richtig gewesen, dass der Familienminister die Anpassung der Zugangsvoraussetzungen zu Kitas noch einmal angepasst hat, weil Rotznasen – Sie wissen das – bei Kitas quasi systemimmanent sind. Wenn man wegen jeder Rotznase zu Hause bleiben müsste, dann könnten wir die Kitas gleich ganz schließen. Das ist also richtig gewesen. Ich bin sehr froh, dass der Minister – er hat die Geschichte selbst so erzählt –, als er mal beim Aufräumen im Keller war, festgestellt hat, wie schnell man so eine Rotznase haben kann, und es dann dementsprechend angepasst hat.
Nichtsdestotrotz gehören tatsächlich kranke Kinder weder in die Kita noch in die Schule. Da sind wir uns sicherlich alle einig. Dementsprechend ist es auch richtig, eine Ausweitung der Kinderkrankentage vorzunehmen. Es ist dann nur folgerichtig, wie es die schwarz-gelbe regierungstragende Koalition vorschlägt, das auch auf Beamtinnen und Beamte auszuweiten. Dementsprechend unterstützen wir diesen Vorstoß.
Allerdings muss man deutlich machen, dass mehr Kinderkrankentage kein Konzept zum Umgang mit Corona vor allem an Schulen ersetzen. Wir müssen den Infektionsschutz an diesen Stellen stärken. Wir haben es heute Morgen in der Haushaltsdebatte auch schon deutlich gemacht. Es geht um die Frage von Luftfiltern, es geht um die Frage von entzerrenden Raum- und Zeitkonzepten. Es muss auch darum gehen, Infektionen möglichst zu vermeiden. Da helfen nicht allein Kinderkrankentage, da muss die Landesregierung noch weitere Hausaufgaben machen.
Viele sind in der Phase des Shutdowns ins Homeoffice gegangen. Wir haben Homeoffice als Variante ganz neu kennengelernt. Aber jetzt stellt sich in einem Bericht an den Unterausschuss Personal heraus, dass die Landesregierung damals noch keinen einheitlichen Umgang mit der Frage hatte, wie man mit digitalem Arbeiten, mit Homeoffice etc. umgeht. Die Landesregierung hat zugesagt, die Erfahrungen jetzt zum Anlass zu nehmen, es auszuwerten und das in eine weitere Überarbeitung aufzunehmen.
Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Weg. Denn die öffentliche Verwaltung hat auch eine Vorbildfunktion. Das heißt, über Homeoffice-Regelungen, digitales Arbeiten, auch flexiblere Arbeitszeiten muss innerhalb der öffentlichen Verwaltung neu diskutiert werden. Die öffentliche Verwaltung muss hier vorangehen. Auch das gehört dazu, wenn wir insgesamt darüber sprechen, wie Familie und Beruf in der öffentlichen Verwaltung besser miteinander vereinbart werden können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Klar ist aber auch – das haben wir in der Coronazeit feststellen können –, Homeoffice ist kein Betreuungskonzept. Das will ich sehr deutlich sagen. Kollegin Weng hat darauf hingewiesen: Kinder und vor allem kranke Kinder zu Hause zu betreuen, ist quasi ein Vollzeitjob. Nichtsdestotrotz: Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind bessere Homeoffice-Regelungen dringend nötig.
Aber auch die Arbeitgeber sind in der Verantwortung. Wenn Sie sich die Regelungen zu Kinderkrankentagen anschauen, so ist es tarif- und arbeitsvertraglich möglich, dass man die Lohnfortzahlung bei Kinderkrankentagen ausschließt. Ich meine, wir müssen die Coronakrise zum Anlass nehmen, um noch einmal an die Verantwortung von Arbeitgebern zu appellieren und eine Diskussion darüber zu führen, ob es sein kann, dass die Familien und dann im Grunde genommen die Solidargemeinschaft mit dieser wichtigen Frage alleingelassen wird, oder ob wir Wege finden, dass auch die Arbeitgeber mehr Verantwortung übernehmen.
Wir werden diesem Antrag zustimmen, aber ich habe wohl deutlich gemacht, dass wir durchaus noch mehr miteinander diskutieren müssen, und es ein Maßnahmenbündel braucht, um jetzt in der aktuellen Zeit, in der Herbstzeit, der Schnupfenzeit, aber auch in der Zeit steigender Infektionszahlen Familien besser zu unterstützen. Denn was uns nicht mehr passieren darf, ist das, was zu Beginn, im Frühjahr dieses Jahres, passiert ist, wo diese Landesregierung noch frei nach dem Motto gehandelt hat: Frauen und Familien zuletzt! – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)