Johannes Remmel: „Restauration des Fossilen und keine eigenen Impulse“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Kommunalen Wärmewende

Johannes Remmel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht ist es noch etwas zu früh, um im Hinblick auf die Klimapolitik von Schwarz-Gelb Bilanz zu ziehen. Außer fremden Federn allerdings …

(Heiterkeit von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie)

Ich muss jetzt schon sagen: Die Geschichte ist schon fast geschrieben. Die Überschrift lautet: Restauration des Fossilen und keine eigenen Impulse.

Lassen Sie uns die Felder doch mal genauer anschauen.

(Zuruf von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie)

– Hören Sie doch erst mal zu. Sie sind ja ganz aufgeregt!

(Heiterkeit von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Bei den erneuerbaren Energien – schauen wir doch hin – droht doch Rückbau statt Ausbau.

(Zuruf von Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung)

In der Verkehrswende fällt Ihnen außer Straßenbau und dem Hohelied des Verbrennungsmotors nichts ein.

Im dritten Feld wollen wir Ihnen ja eine Chance geben; daher der Antrag heute. Im Gebäudesektor und bei der Wärmewende müssen wir endlich Tempo aufnehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Hier steht im Mittelpunkt, bei Häusern und Gebäuden Energie einzusparen – das ist in der Tat nicht einfach – sowie grüne Energie zu gewinnen und möglichst effizient einzusetzen.

Das ist der dritte große Bereich der Klimapolitik. 20 bis 30 % des CO2-Ausstoßes sind hier zu verorten. Und wenn wir in Nordrhein-Westfalen auf den 1,5-Grad-Pfad kommen wollen, dann ist die Zeit begrenzt, um dies zu erreichen.

2040 bis 2045 klimaneutral zu sein, bedeutet, dass jetzt andere Investitionen gemacht werden müssen. Allein der Zyklus von Heizungen beträgt schon 20 Jahre. Wir müssten also heute schon etwas anders machen, um 2040 die Ziele zu erreichen.

Auch bei den Sanierungen unserer Häuser sind wir in Nordrhein-Westfalen deutlich zurück. Noch nicht einmal 1 % an Sanierungen im Altbestand bekommen wir hin. Wir müssten, um die Ziele zu erreichen, mindestens 3 % jährlich schaffen. Im Moment sieht es so aus, als würde dies Bottrop als Innovation City gelingen, ansonsten bewegt sich im Land aber nichts.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Wir verfehlen die Ziele also auf jämmerliche Weise. Die Landesregierung läuft unter der Latte hindurch, und das hat handfeste Gründe.

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

Denn in der Wärmewende wird vor Ort entschieden. Sie lassen die Kommunen in diesem Land sowohl finanziell als auch hinsichtlich der Bereitstellung von Instrumenten völlig allein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Statt echte Klimaschutzpolitik beispielsweise mit einem eigenen Ansatz beim Gebäudeenergiegesetz nach vorne zu bringen, betreiben Sie Business as usual, winken einfach durch und setzen um, was die Bundesebene vorgibt; eigene Impulse setzen Sie aber nicht. Stattdessen gibt es Hochglanzbroschüren, und es wird das Bündnis „Prima. Klima. Wohnen.“ ins Leben gerufen. Außer Absichtserklärungen gibt es null Initiative.

So gerät die Wärmewende unter Schwarz-Gelb zur Sisyphusarbeit. Sie lassen die Eigentümerinnen und Eigentümer, die Vermieterinnen und Vermieter, die Gewerbetreibenden, die Vereine und die öffentliche Hand einfach alleine. Die müssen sich dann von Haus zu Haus, von Wohnung zu Wohnung, von Heizung zu Heizung kämpfen. So funktioniert die Klimawärmewende in NRW einfach nicht.

Es geht nicht nur um die Heizung im Keller, sondern wir brauchen andere Strukturen, weil jede Investition, die jetzt in das Fossile stattfindet, den Weg hin zu Gemeinschaftslösungen verstellt und versperrt. Wärmewende funktioniert nur als Gemeinschaftsanstrengung.

Wenn einmal in den Bestand investiert ist, kann auch keine Gemeinschaftslösung mehr stattfinden, die möglicherweise sogar preisgünstiger und klimafreundlicher wäre: beispielsweise mit Nah- und Fernwärme, beispielsweise durch gemeinsame Nutzung von Abwärmepotenzial, beispielsweise durch das gemeinsame Setzen auf Wärmepumpenlösungen.

All das bündelt sich in kommunaler Wärmeplanung, die wir fordern. Das Rad muss nicht neu erfunden werden; andere sind schon längst vorangegangen. Dänemark hat beispielsweise seit 40 Jahren eine kommunale Wärmeplanung, bei der Öl- und Gasheizungen längst keine Rolle mehr spielen.

Auch in NRW und in Deutschland gibt es Vorreiter. Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg leisten beispielsweise Netzwerkarbeit, es gibt Leitfäden für Kommunen, und die KfW-Mittel werden entsprechend aufgestockt. Baden-Württemberg geht zudem in Richtung einer verpflichtenden kommunalen Wärmeplanung.

In Nordrhein-Westfalen haben sich leider nur 41 Kommunen aufgemacht, freiwillig Wärmepläne aufzulegen. Wir brauchen sie aber flächendeckend und verbindlich, wenn wir bei der Wärmewende im Bestand wirklich vorankommen wollen.

Klar muss sein: Wärmewende ist Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Wir müssen unsere Kommunen stärken und die Einflussmöglichkeiten ausbauen. Das geht nur mit guter Planung. Mit Blick auf die Zeithorizonte sind wir eigentlich schon viel zu spät.

Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, apropos Zeithorizont: Die Zeit ist schon ein Stück weit überschritten.

(Heiterkeit von den GRÜNEN)

Johannes Remmel (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Kommunale Wärmepläne sorgen für Investitionen und für neue Wirtschaftsdynamik vor Ort. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen; dann leisten wir auch etwas für Ihre Bilanz: Wir verhelfen Schwarz-Gelb zu einer guten Klimabilanz. Dafür müssen Sie aber unserem Antrag zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])