Johannes Remmel: „Ohne Infrastrukturinvestitionen kommen wir nicht aus, und diese müssen massiv sein“

Eilantrag der Fraktionen on CDU und FDP zur Nahmobilität

Johannes Remmel (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich in weiten Teilen dem Kollegen Löcker anschließen. Der Antrag nimmt in der Tat einen etwas kurvigen Verlauf. Sie können es nach zwei Jahren an der Regierung immer noch nicht lassen, sich rituell von der Vorgängerregierung abzugrenzen.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Das zeugt nicht von großem Selbstbewusstsein und nicht davon, von den eigenen Ideen überzeugt zu sein.
(Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])
Wenn ich so darüber nachdenke, erinnert mich das an meinen Hund, der auch ab und zu Revierabgrenzungen vornehmen muss, um zu zeigen, wie toll er ist.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Bei der KiBiz-Reform haben Sie sogar noch die Regierung Rüttgers in Anspruch genommen!)
Lassen Sie das doch einfach! Das dient nicht dazu, in einen konstruktiven Dialog miteinander einzutreten.
(Zurufe von der CDU)
Sie schreiben gute Anträge – dafür brauchen Sie aber dieses Gehabe und diese in die Vergangenheit gerichteten Rituale nicht.
Dann nimmt der Antrag in der Tat einen verheißungsvollen Verlauf. Sie greifen verschiedene aktuelle Diskussionen auf, auch im Übrigen die lobenswerte Volksinitiative.
Da wird man aufmerksam, hofft auf mehr, und dann geht es im Beschlussteil ins wieder Unkonkrete. Den Erwartungen, die mit Ihren Formulierungen im Begründungsteil verbunden sind, werden Sie am Ende jedenfalls nicht gerecht.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ach, Herr Remmel!)
Alles, was Sie im Begründungsteil formuliert haben, kann man – außer der Abgrenzung – dennoch unterstützen. Darüber kann man nicht nur diskutieren, sondern auch gemeinsam etwas daraus entwickeln.
Es gibt aber noch ein paar weitere Punkte, über die wir vielleicht diskutieren könnten. Der Fußgängerverkehr ist in der Tat eines der wichtigen Themen der Nahmobilität.
Ich will einen zweiten Aspekt nennen, der zunehmend an Bedeutung gewinnt: die gütergebundene Nahmobilität. Diese ist wegen der Verlagerung des Handels ins Internet und der verschiedenen Dienste, die zwölfmal und noch öfter am Tag in jede Straße fahren, ein großes Thema in unseren Städten. Auch das beeinträchtigt und könnte anders geklärt werden.
Ein weiterer für mich wesentlicher Punkt, in dem wir uns möglicherweise tatsächlich unterscheiden, ist Folgender: Die Grundlage für spätere Mobilität in unseren Städten ist schon oft mit zentralen stadtentwicklungspolitischen Entscheidungen gelegt worden. Nicht umsonst hat diese Landesregierung die Initiative ergriffen, Wohngebiete stärker an Schienenstrecken zu orientieren – eine lobenswerte, richtige Entscheidung.
Die Ursachen für Mobilitätsentstehung liegen aber oft auch in der Stadtentwicklung – nicht alleine, aber dann, wenn ich die Chance habe, ein Quartier zu planen, deshalb die Bezüge dazu, eine Stadt auch so zu planen und dieses Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Eine nachhaltige Stadtentwicklung, und eben nicht eine autogerechte Stadt zu planen, gehört mit zum Konzept einer nachhaltigen Nahmobilität.
Ein weiterer Aspekt wird deutlich, wenn wir die Städte in Nordrhein-Westfalen miteinander vergleichen. Da brauche ich gar nicht auf Kopenhagen abzuheben; da kann man es exemplarisch deutlich machen.
Wenn wir zum Beispiel Essen und Münster miteinander vergleichen, dann wird deutlich, dass in diesen Städten über Jahrzehnte offensichtlich eine andere Stadtentwicklungs- und Angebotspolitik gemacht wurde – Münster mit einem Radverkehrsanteil von über 35 %; Essen nur von 5 %.
(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])
Da liegt vieles an den Investitionen in Infrastruktur. Ohne Infrastrukturinvestitionen kommen wir nicht aus, und diese müssen massiv sein.
Damit sind wir wieder bei der Frage, wo wir das mit Priorität platzieren. Am Ende kommt man da meiner Meinung nach um eine Entscheidung nicht herum.
Grundsätzlich gilt für mich und meine Fraktion, dass wir um eine solche Politik für eine stärkere, nachhaltige Nahmobilität auch bei den Menschen werben müssen. Es muss Grundsatzentscheidungen darüber, wo zukünftig die Schwerpunkte gesetzt werden, geben, die von den Bürgerinnen und Bürgern getroffen werden.
Am Beispiel Schweiz sehen wir, dass die Bürger sehr wohl solche Entscheidungen richtungsweisend treffen können. Wer in der Schweiz im Bereich ÖPNV unterwegs ist, der weiß, dass das Geld gut investiert ist. Solche Grundsatzentscheidungen müssen wir auch in Nordrhein-Westfalen viel mehr mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutieren. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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